Bärbel Peters: Es hat viel Überzeugungsarbeit bei allen Beteiligten gekostet

Interview mit Bärbel Peters
Das IBB Institut für Berufliche Bildung wurde 1985 in Buxtehude gegründet und gehört heute zu den größten privaten Weiterbildungsanbietern Deutschlands. Mit Bärbel Peters, Vorstand der IBB, sprechen wir über die Veränderung des digitalen Zeitalters, Bevölkerungsstruktur sowie das Recht auf Bildung.

Bildung im Wandel: Die Anforderungen an Bildungseinrichtungen und Lehrer/innen haben sich im digitalen Zeitalter verändert. Wie haben Sie das in den letzten Jahren wahrgenommen?

Bärbel Peters: Die IBB Institut für Berufliche Bildung AG hat ihre Bildungsdienstleistungen bereits vor mehr als 10 Jahren weitestgehend digitalisiert – mit Erfolg. Aus diesem Grund können wir auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz zurückgreifen und den Wandel in der Bildung somit aus einer gewissen Vorreiter-Perspektive beobachten. Wir haben fortwährend unsere Angebote und deren methodisch-didaktische Umsetzung den aktuellen Entwicklungen und Erfordernissen in der Berufs- und Arbeitswelt angepasst.

Als das IBB im Jahr 2007 seine ersten Bildungsangebote digital umsetzte, stieß diese neue Form des Unterrichtens an vielen Stellen auf Ablehnung oder große Skepsis. Es hat viel Überzeugungsarbeit bei allen Beteiligten gekostet, sich diesem innovativen Weg zu öffnen. Es war ein Stück bahnbrechende Pionierarbeit, die auch die eine oder andere schmerzliche Erfahrung bedeutete. Diese Anstrengung bleibt den neuen Akteuren auf ihrem Weg erspart, denn der Boden ist inzwischen geebnet. Man kann auf vielfältige Erkenntnisse und technische Neuentwicklungen zurückgreifen. Insgesamt hat die Erwachsenenbildung eine rasante Entwicklung im Hinblick auf die inhaltliche und methodisch-didaktische Ausgestaltung und deren technische Umsetzung vollzogen. Dagegen steht die schulische Bildung unserer Ansicht nach in diesem Prozess noch an vielen Stellen am Anfang.

Aktuell und gewiss befördert durch die Corona-Pandemie nehmen wir wahr, dass Auftraggeber und Kunden digitale Bildungsangebote als willkommene Alternative zu der bis dato präferierten „Vor-Ort“-Bildung anerkennen. Der frühere Widerstand und die Ablehnung von digitalen Angeboten ist deutlich zurückgegangen – sowohl von Seiten der Auftraggeber in der geförderten Weiterbildung, der Firmen und Kammern als auch von Seiten der Interessenten und Teilnehmer.

Zur Anforderung an Bildungseinrichtungen und das pädagogische Personal im digitalen Zeitalter gehört zum einen die Umsetzung digitaler Bildung. Zum anderen müssen wir immer wieder prüfen, wie wir die Vielzahl neuer pädagogischer Möglichkeiten effektiv und für die Teilnehmenden nutzbringend integrieren. Von Dozenten wird neben den fachlichen, pädagogischen und sozialen Grundvoraussetzungen eine zunehmende Medien- und IT-Kompetenz gefordert. Das bedeutet zunächst, dass sie sich mit den Möglichkeiten des Internets, der Portalnutzung und den vielfältigen Softwareanwendungen auskennen und in der Lage sein müssen, sich in virtuelle Klassenräume und deren methodisches Werkzeug einzuarbeiten. Im Endeffekt geht es natürlich darum, die Lerninhalte innerhalb dieser Rahmenbedingungen passend für die Zielgruppe in ein optimales Lehrkonzept zu überführen. 

Der Trend der Innovationsbeschleunigung in der Wirtschaft hat das Thema „Lebenslanges Lernen“ in den Fokus des Bildungs- und Arbeitsmarktes gerückt, dem auch die Weiterbildungseinrichtungen mit ihren Angeboten Rechnung tragen müssen. Bestehende Berufsbilder verändern sich, manche verschwinden ganz, andere entstehen neu.

Die Bildungsangebote in virtuellen Szenarien sind inzwischen vielfältig und der Wettbewerb ist rasant gestiegen. Die Auswahl wird je nach Kundengruppe und den zu vermittelnden Inhalten variieren. So haben zum Beispiel unsere Kurse in der Virtuellen Online Akademie VIONA® eine starke soziale Komponente. Teilnehmende lernen und arbeiten hier im Klassenverband. Wir spüren, dass die Menschen diesen sozialen Austausch und die gemeinsame Zusammenarbeit sehr schätzen.

Die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur mit Flüchtlingen und mehr Migranten führt zu veränderten Lerninhalten. Wie reagiert Ihre Einrichtung darauf?

Bärbel Peters: Das IBB bietet bereits seit vielen Jahren Kurse an, in denen auch Grundkompetenzen vermittelt werden. Dazu gehören zum Beispiel breit gefächerte Deutschkenntnisse und die Verbesserung der Rechtschreibung und Lesefähigkeit. Speziell für Migranten haben wir Deutschkurse auf Anfängerniveau im Angebot, die als Basiskurs für andere Bildungsangebote genutzt werden können. Durch deren speziellen Berufsbezug können wir die Teilnehmenden zum Beispiel für eine Tätigkeit in der Pflege, im kaufmännischen oder technischen Bereich gezielt vorbereiten und schulen. Der Einsatz von bilingualen Dozenten ermöglicht es in dieser Phase, die oftmals noch bestehenden Sprachbarrieren gut zu überwinden.

Bei der Entwicklung aktueller Angebote für bestimmte Zielgruppen liegt der Fokus auf Abschlussorientierung, wie beispielsweise der Hauptschulabschluss für die Zielgruppe der Migranten.

Neben der Vermittlung von Grundkompetenzen und fachlichen Inhalten sind die verbesserten Integrationschancen die oberste Zielstellung all unserer Bemühungen. Seit 2015 arbeiten wir so zum Beispiel als Projektpartner im IQ Netzwerk (Integration durch Qualifizierung) in den Teilprojekten Niedersachsen und seit 2018 auch in Rheinland-Pfalz mit. Menschen, die im Ausland einen Beruf erlernt und diesen in Deutschland anerkennen lassen wollen, verhelfen wir durch unsere Qualifizierungsprojekte zu einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt. In einem Teilprojekt steht so beispielsweise die Zielgruppe der Pädagogen im Fokus unseres sprachlichen Qualifizierungsangebots.

Durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist davon auszugehen, dass zukünftig noch mehr Fachkräfte aus dem Ausland ihre Berufsabschlüsse anerkennen lassen werden und dieses Unterstützungsangebot noch weiter an Bedeutung gewinnen wird.

In der Bildungsbranche gibt es auch ein sogenanntes Qualitätsmanagement. Welchen Anforderungen muss der Qualitätsbeauftragte eines Bildungsinstituts in der Praxis gerecht werden?

Bärbel Peters: Neben der grundlegenden Kenntnis des eingesetzten Managementsystems zählen unter anderem auch soziale und kommunikative Kompetenzen zu den Grundvoraussetzungen. Zur Zielstellung der Arbeit eines Qualitätsmanagementbeauftragten gehören eine hohe Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit und somit die Erfüllung der formulierten Qualitätsansprüche. Wichtig ist das Bestreben, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Unternehmen systematisch zu steuern und zu begleiten.

Man sagt, dass Lehrer/innen und Ausbilder/innen dem Stress in den Bildungseinrichtungen mit den Schülern kaum noch gewachsen sind. Haben Sie ähnliche Erfahrungen oder kennen Sie Beispiele dafür?

Bärbel Peters: Bildung umfasst nicht nur die reine Wissensvermittlung, sondern unter anderem auch das Einüben von Fähigkeiten, das Stärken von Persönlichkeiten. Das war schon immer eine anspruchsvolle Tätigkeit. Die Lernbegleitung kann besonders dann herausfordernd sein, wenn Menschen mit Rückschlägen, Krankheiten oder ähnlichem zu kämpfen haben. In der aktuellen Phase der Pandemie sind die Anspannungen auch auf beiden Seiten zu spüren.

Der „nationale Bildungsbericht für Deutschland“ benennt alle 2 Jahre Leistungen und Herausforderungen im deutschen Bildungssystem. Können Sie über Zweck und Nutzen kurz etwas sagen?

Bärbel Peters: Der Bericht enthält eine Vielzahl von Daten, Statistiken und allgemeinen Zusammenfassungen mit Blick auf die Entwicklungen in den vergangenen Jahren. Das ist rückblickend interessant und bestätigt die eine oder andere Wahrnehmung aus dem eigenen Aktionsradius.

Die formulierten Prognosen decken sich mit den eigenen Bewertungen für die Zukunft und den daraus abzuleitenden Aktivitäten bezogen auf unser Unternehmen und Marktsegment.

Man spricht gerne vom „Recht auf Bildung“ und „Lebenslangem Lernen“. Wird Deutschland diesem Anspruch Ihrer Meinung nach voll gerecht?

Bärbel Peters: In den zurückliegenden Jahren wurden durch die Politik viele Weichen dafür gestellt. Neue Regelungen wie das erst kürzlich verabschiedete „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ sollen dem Anspruch und dem Bedarf der Wirtschaft mit staatlicher Finanzunterstützung Rechnung tragen. Diese Möglichkeiten müssen allerdings auch genutzt werden. Gerade jetzt in Zeiten verbreiteter Kurzarbeit bietet sich dafür eine gute Gelegenheit. Für Arbeitgeber gibt es zusätzliche finanzielle Anreize, wenn ihre Mitarbeiter sich während der Kurzarbeit weiterqualifizieren, zum Beispiel durch die anteilige Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Frau Peters, vielen Dank für das Gespräch!

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