Stephanie Feigt: Zahlen belegen, dass der Mensch nicht aus der Beratung verschwinden wird

Interview mit Stephanie Feigt
Stephanie Feigt ist Gründerin von 3rd-eyes analytics AG in Zürich. Mit ihr sprechen wir über die Veränderung durch Automatisierung, über Blockchain-Technologie sowie permanent sinkende Zinsen.

Experten sehen einschneidende Veränderungen aus den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotik und Automatisierung auf die Branche zukommen. Glauben Sie, dass der Mensch aus dem Mittelpunkt der Beratung herausgenommen wird?

Stephanie Feigt: Nein, ich denke nicht, dass der Mensch aus dem Mittelpunkt der Beratung genommen wird.

Die TeamBank AG hat im Jahr 2018 eine Umfrage durchgeführt und Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren zu ihrem Finanz- und Konsumverhalten befragt. Fast 80 Prozent aller Befragten möchte bei wichtigen Finanzfragen, wie Geldanlage oder Vorsorge fürs Alter, weiterhin persönlich von einem Mitarbeiter beraten werden. Auch Videoberatungen oder der Austausch via E-Mail wird von immerhin knapp 20 Prozent als mögliche Alternative genannt. Diese Zahlen belegen, dass der Mensch nicht aus der Beratung verschwinden wird. Die Art und Weise der Beratung wird sich sicherlich ändern – da ist die Digitalisierung nicht aufzuhalten. Die ständige Erreichbarkeit und die Zeitersparnis sind attraktive und wichtige Faktoren, die für eine digitale Beratung sprechen. Aber vor allem bei Finanzfragen ist deutlich zu sehen, dass die menschliche Komponente nicht mit Technologie zu ersetzen ist. 

Die vielen Veränderungen innerhalb der Finanzbranche mit den Anforderungen an die Compliance und den Anpassungen an Regulierungen beschäftigen die Mitarbeiter bzw. Verantwortlichen. Sehen Sie das auch so?

Stephanie Feigt: Absolut. In den vergangenen Jahren sind die Compliance Anforderungen in der Finanzbranche stark gestiegen. Es gibt eine Vielzahl an neuen Regulierungen, die von Land zu Land variieren können und vor allem internationale Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Nicht nur die Anzahl an Regulierungen hat sich erhöht, sondern auch der Umfang der Complianceregelungen. Heutzutage müssen Finanzdienstleister eine Vielzahl an Tests durchführen und detaillierte Berichte erstellen, was zu einem erhöhten Arbeitsaufwand aufseiten des Finanzdienstleisters führt. Auch darf man die Transparenz in der Berichterstattung nicht unterschätzen. Durch die strengeren Complianceregeln werden Unregelmäßigkeiten und Verstöße heute viel schneller aufgedeckt und publik gemacht. So kann auch eine kleine Verletzung einer Regulierung zu einer raschen Strafe führen und auch einen massiven Imageschaden verursachen, der Finanzdienstleister auf Jahre hin verfolgen kann.

Um den Unternehmen unter die Arme zu greifen, sind wir uns der Entwicklungen der Regulierungen bewusst und entwickeln unsere Software konstant weiter, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Wir stellen sicher, dass die Compliance Vorgaben von Regulierungen wie MiFid II mit unseren Softwarelösungen direkt abgedeckt werden können, um den Beratungsprozess von Finanzdienstleistern einfacher und effizienter zu gestalten. Insbesondere die neuen Regeln der EU-Taxonomy, nämlich nachhaltige Kapitalanlage in die Beratung miteinzubeziehen, wird oftmals vergessen und wir bieten hier individuelle Lösungen an.

 „Blockchain“ und „Krypto-Technologie“ sind Bereiche, die sich eines größeren Interesses, einer größeren Relevanz, erfreuen. Sehen Sie das auch so?

Stephanie Feigt: Die Blockchain-Technologie hat enormes Potenzial und wird in Zukunft sicherlich an Bedeutung gewinnen, auch im Finanzsektor. Blockchain bietet eine neue Technologie zur sicheren Verschlüsselung von Daten und hat eine enorme Transparenz, da jede Aktion und Änderung, die vorgenommen wird, gespeichert wird. Das macht virtuelle Anlagen einfach übertragbar. Dies ist für die Finanzbranche natürlich sehr interessant.  Wo, wann und wie diese Technologien bei Banken und Versicherungen aber schlussendlich eingesetzt werden, ist noch offen. Auf jedem Boom folgt erst mal Realismus.

In wieweit haben die permanent sinkenden Zinsen das Tagesgeschäft beeinflusst? Herkömmliche festverzinsliche Finanz-Produkte sind out. Wie gehen Sie damit um?

Stephanie Feigt: 3rd-eyes analytics ist ein Softwareunternehmen, das Finanzdienstleister in der Vermögensplanung und Beratung unterstützt. Wir haben daher keine Finanzprodukte, die nun «out» sind. Insbesondere bei festverzinslichen Produkten ist es wichtig, aufzuzeigen, dass diese trotz der Niedrigzinszeit – man kann ja nicht mehr von Phase sprechen – einen wichtigen Beitrag zur Portfoliodiversifizierung zeigen. Dies zeigen wir damit auf, dass wir die langfristige Vermögensentwicklung in tausenden von Szenarien berechnen und nicht nur die vergangene Entwicklung fortschreiben. Und dabei gibt es eben auch Szenarien, in denen Inflation und Zinsen wieder steigen, auch, wenn sich dies heute keiner vorstellen kann.

Wie bewerten Sie den Satz: Künstliche Intelligenz ist ein Turbo für den Finanzsektor?

Stephanie Feigt: Künstliche Intelligenz spielt sicherlich eine große Rolle, die Probleme der Finanzdienstleister zu bewältigen. Laut einer Studie von PWC glaubt eine große Mehrheit der befragten Unternehmen, dank künstlicher Intelligenz Geschäftsprozesse effizienter machen zu können, Kosten zu sparen und Compliance-Vorgaben umsetzen zu können.  Auch hilft Künstliche Intelligenz dabei, weniger Fehler in der Beratung zu machen, da große Mengen an Daten ausgewertet werden können, was den Berater erheblich unterstützen kann und auch typische menschliche Verhaltensweisen wie Übertreibungen und Schockphasen abschwächen kann. Das Potenzial von KI im Zeitalter der Digitalisierung ist enorm, und Finanzinstitute sind sich dessen durchaus bewusst.

Ist es spürbar, dass immer mehr Kunden digitalaffin sind und selbst über Online-Plattformen ihre Finanzgeschäfte abwickeln?

Stephanie Feigt: Ich denke, Finanzdienstleister spüren den Trend zur digitalen Welt sehr deutlich. Man darf nicht vergessen, dass Millennials oder auch Digital Natives, also die Generation zwischen 1980 und 2000, bald die größte Generation im Arbeitsleben darstellt. Es ist die erste Generation, die fast vollständig im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist. Die Nutzung von digitalen Lösungen im Alltag ist Normalität und dadurch entstehen auch neue Anforderungen. Finanzdienstleister stehen also vor der Herausforderung, bestehende Geschäftsmodelle auszubauen und auf neuen Kanälen zur Verfügung stellen.

Auch wir sind uns dem Trend zur Digitalisierung sehr wohl bewusst und haben dies bei der Entwicklung unserer Software von Anfang an miteinbezogen. Dank moderner IT-Architektur kann unsere Software einfach in bestehende Infrastrukturen eingebaut werden und ist optimiert für die Nutzung am Desktop, Tablet oder Mobiltelefon.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres eigenen Finanz-Business als Unternehmen/Unternehmer*in?

Stephanie Feigt: Die Zukunft der Vermögensverwaltung ist im Wandel. Neue Technologien sind auf dem Vormarsch und Kundenbedürfnisse haben sich verändert. 3rd-eyes analytics hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Vorreiterrolle in diesen Zeiten des Wandels einzunehmen. Die Zukunft der Vermögensberatung wird digital, automatisiert und nachhaltig. Persönliche Finanzziele der Kunden und damit der Kunde werden in den Mittelpunkt rücken. Für diese Veränderung sind wir bestens ausgerüstet, denn das ist genau ein zentraler Punkt unserer Softwarelösungen.

Auch wird sich im Bereich Nachhaltigkeit einiges verändern. Europaweite Regulierungen, das Bewusstsein der Menschen, was Klimawandel angeht, sowie der Wunsch nach nachhaltigen Alternativen, auch im Investmentbereich, wird zunehmen. Auch hier sind wir bestens für die Zukunft gerüstet. Wir bieten Finanzdienstleistern eine innovative Lösung an, die es dem Kunden schon heute erlaubt, nach ESG-Kriterien zu investieren. Zusätzlich bieten wir eine Berechnungsfunktionalität an, die es erlaubt, Klimawandelrisiken und deren Auswirkungen auf das eigene Vermögen zu verstehen. Diese einzigartigen Ansätze werden in Zukunft immer stärker zum Einsatz kommen, und damit sehe ich der Zukunft unseres Unternehmens sehr optimistisch entgegen. 

Frau Feigt, vielen Dank für das Gespräch!

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