Alexander Weikel: In der Honorarberatung gibt es auch schwarze Schafe

Interview mit Alexander Weikel
Alexander Weikel ist Inhaber von Weikel - Honorarberatung & Finanzbetreuung in Bensheim. Mit ihm sprechen wir über Beratungsleistung, Provisionsberatung sowie seriöse Honorarberatung.

Die Honorarberatung ist in Deutschland noch wenig bekannt. Viele halten sie für eine andere Form der Provisionsberatung. Honorarberater stellen ihr Fachwissen und ihre Zeit zur Verfügung, um ihren Klienten zu helfen. Aber wie unterscheiden sich die Honorar- und Provisionsberatung denn genau?

Alexander Weikel: Als Honorarberater werde ich rein für meine erbrachte Beratungsleistung, mein Fachwissen und meinen erbrachten Mehrwert vergütet. Dabei gibt es unterschiedliche Modelle der Honorarfestlegung: rein nach Stundensatz und zeitlichem Aufwand, als Festpreismodell oder bei Finanzbetreuung als Prozentsatz des betreuten Vermögens. Der Begriff „Provisionsberatung“ ist irreführend, denn in der Produktvermittlung wird die „Beratung“ dafür genutzt, beim Kunden einen Bedarf offenzulegen oder zu erschaffen, um daraufhin ein Produkt zu verkaufen. Bei der Honorarberatung steht das Konzeptionell, die Problemlösung im Vordergrund, bei der Produktvermittlung ebendiese. Mir ist es als Honorarberater finanziell gesehen egal, ob mein Mandant meinem Rat folgt oder nicht, denn mein Honorar ist nicht an eine Umsetzung gebunden. Der Produktvermittler verdient tatsächlich nur, wenn der Kunde ihm das angebotene Produkt abkauft. Allerdings gibt es auch in der Honorarberatung schwarze Schafe. Wenn z.B. auch hier am Ende der Beratung ein Produkt verkauft wird und das Honorar an die Höhe des Beitrags/Investments gekoppelt ist. Dies ist Honorarvermittlung und hat mit der eigentlichen Honorarberatung nichts zu tun.

Genauso unbekannt sind die Tätigkeiten von Honorarberatern. Können Sie uns sagen, was eine qualifizierte konkrete Honorarberatung leistet?

Alexander Weikel: Ein Honorarberater wird dafür bezahlt, Fragen zu beantworten. Diese können jegliche Bereiche der privaten Finanzen betreffen. Einige Honorarberater haben sich in bestimmten Bereichen spezialisiert, andere sind Generalisten und erarbeiten i.d.R. Konzepte. Die Fragestellungen können aus den Bereichen Absicherung, Altersvorsorge, Finanzierung, Kapitalanlage stammen, aber auch aus allen denkbaren sonstigen Bereichen und Spezialgebieten. Ein Honorarberater will helfen und wenn er für die Fragestellung über die notwendige Expertise verfügt, ist er der richtige Ansprechpartner.

Eine Honorarberatung ist dennoch nicht allmächtig. Welchen Handlungsspielraum hat eine Honorarberatung und für welche Produktarten ist sie zugelassen?

Alexander Weikel: Es gibt keine Themen, in denen ein Honorarberater nicht tätig sein darf. Nur bei den Themen Steuern und Recht ist er eingeschränkt und darf natürlich nicht das Gleiche, was ein Steuerberater oder Rechtsanwalt macht. Im Gegenteil kann ein Honorarberater deutlich mehr als ein Produktvermittler, da ein Produktvermittler immer nur die Lösungen anbieten wird, bei denen er eine Provision erhalten kann. Geht es um eine reine Konzeption ohne Produktumsetzung oder ein Produkt, bei dem keine Provision ausgeschüttet wird, verdient der Produktvermittler kein Geld, der Honorarberater dagegen schon. Es gibt Bereich wie die Wertpapierberatung oder Versicherungsberatung, in der sich der Honorarberater von der Produktvermittlung durch eine gesonderte Zulassung abgrenzen kann. Diese schränkt ihn aber in keiner Weise in seinem Beratungsangebot ein. Dabei geht es eher um Marketing.

Interessenten wissen oft nicht, wie man eine gut arbeitende Honorarberatung findet. Haben Sie Tipps, wie man eine qualifizierte und seriöse Honorarberatung ausfindig macht?

Alexander Weikel: Vereinbaren Sie ein Kennenlerngespräch mit dem Berater, das natürlich kostenfrei sein soll. Fragen Sie nach der Qualifikation und der Vorgehensweise und fragen Sie nach dem Honorar. Bevor ein Beratungsvertrag geschlossen wird, sollte ein verbindliches Beratungsangebot vorliegen, aus dem der Beratungsumfang und das Honorar hervorgeht. Fragen Sie, ob der Berater außer dem Honorar noch andere Zuwendungen von Gesellschaften erhält.

Nimmt man eine Honorarberatung in Anspruch und handelt nach gegebenen Ratschlägen, kann es immer noch zu Verlusten kommen. Was kann man tun, wenn eine Beratung fehlerhaft war?

Alexander Weikel: Verluste bedeuten nicht zwingend einen Beratungsfehler, sondern können aus der Marktentwicklung resultieren. Wenn in der Beratung über alles gesprochen wurde und die empfohlene Strategie zu dem Mandanten passt, dann wird ein Verlust nicht überraschend kommen und sowohl emotional als auch finanziell zu keinen Problemen führen. Sollte aber doch ein schwerwiegender Beratungsfehler gemacht worden sein, hat man die üblichen Möglichkeiten, die der Rechtsweg bietet.

Finanzexperten warnen vor Honorarberatungen, weil gesetzliche Vorgaben und staatliche Überwachung noch nicht ausreichend sind. Was halten Sie persönlich von Honorarberatungen? Empfehlenswert oder nicht?

Alexander Weikel: Ich kenne keinen Finanzexperten, der vor Honorarberatung warnt, außer er hat finanzielle Verstrickungen in die Produktvermittlungsbranche. Die Honorarberatung ist durch tatsächliche Unabhängigkeit von der Produktseite deutlich überlegen. Zwei Begriffe werden in der Finanzdienstleistungsbranche inflationär und falsch verwendet: Unabhängigkeit und Neutralität. Unabhängigkeit kann unterschiedlich gedeutet werden. Viele Finanzdienstleister fühlen sich schon unabhängig, wenn sie mehrere Produkte anbieten können, bzw. von keinem Produktanbieter Vorgaben erhalten. Ich denke, dass echte Unabhängigkeit bedeutet, dass der Berater ausschließlich von der Kundenseite bezahlt wird und kein Geld von der Produktgeberseite erhält. Nur so können Interessenskonflikte vermieden werden. Neutralität: Ich höre immer wieder von Finanzdienstleistern, sie seien neutral. Das stimmt in keinem Fall. Auch ich bin nicht neutral, denn ich stehe voll und ganz auf der Seite meiner Mandanten. Neutral wäre ich, wenn mir meine Mandanten gleich wichtig wären, wie die Produktgeberseite und ich einen Ausgleich zwischen diesen herbeiführen wollte. Das will ich aber nicht; ich will das Beste für meine Mandanten. Die einzige, die wirklich neutral ist, ist die Schweiz.

Honorarberatung ist absolut empfehlenswert und wer es sich leisten kann, Provisionen zu zahlen, kann es sich erst recht leisten, einen Honorarberater zu beauftragen. Langfristig ist Honorarberatung immer günstiger als Provisionen zu zahlen.

Herr Weikel, vielen Dank für das Gespräch!

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