Axel Brosey: Die Palette an Fonds ist groß

Interview mit Axel Brosey
Axel Brosey ist Fondsmanager bei der Lloyd Fonds AG. Mit ihm sprechen wir über nachhaltige Anlagefonds, ESG-Fonds sowie Investitionen.

ESG-Fonds als sogenannte „Nachhaltige Anlagefonds“ halten nicht, was sie versprechen. Forscher zweifeln am Nutzen von ESG-Fonds, z. B. fürs Klima. Sind ESG-Fonds nur Placebo-Fonds?

Axel Brosey: Die Frage ist berechtigt, da die Finanzindustrie maßgeblich Anteil an der Allokation von Kapital hat und damit den nötigen Strukturwandel der Wirtschaft vorantreiben kann und muss. Aus unserer Sicht darf man nicht alle ESG-Fonds über einen Kamm schlagen und schwarz-weiß Malerei betreiben. Es gibt sicherlich schwarze Schafe, die sich „grün anstreichen“.  Es gibt aber definitiv auch Fondsgesellschaften und Fondsmanager, die ihren Job sehr ernst nehmen und mit ihren Anlagen eine positive Wirkung, also einen „Impact“ erzeugen, sei es durch Anlagen oder Engagement. Das Thema Nachhaltigkeit und ESG entwickelt sich im rasenden Tempo. Früher galt als nachhaltig, wer kontroverse Sektoren ausschließt. Die nächste Evolutionsstufe war „Best in Class“, also die Selektion, der mit Nachhaltigkeitsbezug vermeintlich branchenbesten Aktien. Zurzeit gilt die Berücksichtigung von ESG-Kriterien und Integration im Anlageprozess als Branchenstandard. Sind diese Ansätze, vorausgesetzt sie werden gewissenhaft verfolgt, ausreichend? Nein, aber sie sind ein Anfang und tragen sicherlich dazu bei, dass sich Unternehmen mit nachhaltigen Themen beschäftigen, ihre Geschäftspolitik zum Besseren wandeln und teilweise ganze Geschäftsmodelle ändern. Noch besser, nach unserer Auffassung, sind Fonds, die eine nachhaltige Zielsetzung verfolgen, also in Unternehmen investieren, die zu einer Zielsetzung, wie den Sustainable Development Goals der UN (SDGs), aktiv beitragen. Dies kann entweder durch das Geschäftsmodell per se, dass auf eine ökologische, soziale oder gesellschaftliche Zielsetzung einzahlt, passieren. Oder das jeweilige Unternehmen trägt durch die Transformation des Geschäftsmodells, also den Wandel hin zum Besseren zur selbigen Zielsetzung bei. Ein Beispiel ist das dänische Unternehmen Orsted, ehemals bekannt als Danish Oil and Gas, die ihr Geld ursprünglich mit Erdöl und Gas verdient haben und heute der größte Projektier der Welt für Offshore-Windparks sind. Wer sich Ziele setzt, kann auch Ziele erreichen und so eine positive Wirkung erzielen.

Können Sie kurz erklären, was ESG-Fonds sind und welche Kriterien sie berücksichtigen?

Axel Brosey: ESG beschreibt drei nachhaltigkeitsbezogene Verantwortungsbereiche von Unternehmen: Das „E“ steht für Environment, also Umweltthemen wie beispielsweise Treibhausgasemissionen. Das („S“) beinhaltet soziale Aspekte wie beispielsweise Gleichberechtigung. Unter Governance („G“) wird eine nachhaltige Unternehmensführung verstanden. ESG-Fonds berücksichtigen diese Kriterien höchst individuell in ihrem Investmentansatz, da es keine einheitliche Definition gibt. Manche Marktteilnehmer berücksichtigen in diesem Zusammenhang nur ESG-Risiken oder berufen sich auf überwiegend vergangenheitsbezogene Einschätzungen von ESG-Datenanbietern. Andere Marktteilnehmer, wie unter anderem wir, legen den Fokus auf positive Beiträge zu Erreichung von nachhaltigen Zielsetzungen, wie den SDGs der UN, mit dem Ziel eine positive Wirkung zu erzielen. Wir berücksichtigen 30 Unterziele der SDGs und verknüpfen diese mit Produkten, Produktionsprozessen und Lieferketten der Unternehmen, umso positive Beiträge zu erkennen und zu messen. Gleichzeitig prüfen wir die Unternehmen auf Kontroversen und potenziell negative Faktoren.

Sind die Fonds so ökologisch, ethisch und sozial, wie sie vorgeben?

Axel Brosey: Es gibt sicherlich schwarze Schafe, die sich „grün“ anstreichen. Aber ganz wichtig ist zu verstehen ist, dass es nicht „die Fonds“ gibt. Man sollte wie gesagt nicht pauschalisieren und schwarz-weiß Malerei betreiben. Es gibt definitiv Fondsgesellschaften und Fondsmanager, die das tun, was sie sagen. Allerdings sind die Anlageprozesse oft sehr komplex und für den Endkunden schwer nachvollziehbar. Deswegen muss die Branche so transparent wie möglich sein und einfach gut erklären, was sie tut und was nicht. Die EU-Taxonomie ist da sicherlich eine bedeutende Unterstützung. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, die Messbarkeit der Ziele zu gewährleisten. Dies hört sich in der Theorie einfach an, stellt sich in der Praxis aber als eine große Herausforderung dar, da es bis heute keine einheitliche, alles durchdringende Nachhaltigkeits-Berichterstattung gibt. Wenn ein Unternehmen beispielsweise keine Treibhausgasdaten liefert, kann man auch keine Reduktion messen. Zum Glück ändert sich das und zunehmend mehr Unternehmen berichten Daten zu Treibhausgasemission oder Wasserverbrauch.

Existieren die ESG-Fonds nur, um Anlegern ein „reines Gewissen“ zu schaffen?

Axel Brosey: So einfach ist das leider nicht. ESG Fonds sollten keine „feel good“ Produkte sein. Die Palette an Fonds ist groß und wie bereits beschrieben gibt es höchst unterschiedliche Ansätze. Anlegern sei geraten, bei allen Finanzprodukten und natürlich auch bei ESG-Fonds genauer hinzuschauen und sich eine eigene, fundierte Meinung bilden. Dann finden sich sicherlich auch passende Produkte. Am Ende des Tages kann man nur das Klima retten und die Welt nachhaltiger gestalten, wenn alle, Unternehmen, Finanzindustrie, Anleger, Politik und Verbraucher, an einem Strang ziehen.

Viele Fonds inszenieren sich nachhaltig und sind es in Wirklichkeit nicht. Wie können Anleger durchschauen, ob es sich tatsächlich um eine nachhaltige Anlage handelt, oder ob sie nur einen grünen Anstrich bekommen hat?

Axel Brosey: Da der Begriff „ESG-Fonds“ nicht geschützt ist, besteht durchaus die Gefahr des „Greenwashings“. Insbesondere unerfahrenen Anlegern können Ratings und Siegel für Fondsprodukte mit einer klaren und nachvollziehbaren Methodik hier eine erste Orientierung bieten. Sie sind aber aus unserer Sicht immer nur eine Bestandsaufnahme und oftmals sehr allgemein. Entscheidend ist aber, aus Anlegersicht zu prüfen, wie geht ein Anbieter mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ insgesamt um. Der Anleger sollte sich Fragen stellen wie: Bin ich in den richtigen Händen? Hat der Fondsmanager, hat die Fondsgesellschaft einen klaren Ansatz? Gibt es eine ernsthafte, glaubwürdige Gesamtphilosophie zur Nachhaltigkeit, die transparent kommuniziert wird?      

In der konkreten Umsetzung unserer Positionierung bedeutet dies für uns erstens: Nachhaltigkeit ist Kernelement unserer Unternehmensstrategie und direkt auf der Vorstandsebene verankert. Neben weiteren Initiativen und Verpflichtungen sind wir beispielsweise als erster unabhängiger Asset Manager Deutschlands der „Science Bases Targets Initiative“ beigetreten, die sich für die Reduktion von Treibhausgasen auf Basis von wissenschaftlich berechneten Zielvorgaben einsetzt. Zweitens erfüllen unsere Publikumsfonds im Geschäftsfeld LLOYD FONDS die Kriterien des UN Global Compact. Zusätzlich haben wir relevante und materielle Nachhaltigkeitsparameter passend zum jeweiligen Fondskonzept in die Investmentprozesse integriert, insbesondere in der Unternehmensanalyse und beim Risikomanagement. Und drittens haben wir neben weiteren Fonds speziell mit meinem Fonds eine Investmentlösung entwickelt, die sich an den SDGs mit Fokus auf eine ökologische Zielsetzung fokussiert und vor allen die dafür nötige Transformation der Unternehmen begleitet. Dieser Fonds, der Lloyd Fonds – Green Dividend World, wird als einziger Fonds vom WWF Deutschland unterstützt.

Könnte sich eine Investition in Nachhaltigkeit trotzdem lohnen?

Axel Brosey: Wir sind überzeugt, dass sich nachhaltige Investitionen, wenn sie fundiert, transparent und zielgerichtet sind, lohnen können. Die Welt braucht mehr Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, gute Unternehmensführung und Innovationen. Die Finanzindustrie nimmt hierfür eine entscheidende Rolle ein.

Herr Brosey, vielen Dank für das Gespräch!

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