Dr. Alfred Schmidt: Eltern so absichern, dass in Notfällen das Kind nicht mittellos dasteht

Interview mit Dr. Alfred Schmidt
Wir sprechen mit Versicherungsmakler Dr. Alfred Schmidt vom Teltower Maklerbüro, das einen unabhängigen Assekuranzservice für Unternehmen und Privatkunden anbietet, über das Thema „Sind Lebensversicherungen noch sinnvoll?“

Wie der Name schon sagt: Lebensversicherung. Das hört sich veraltet an und hat den Makel von geringer Verzinsung. Empfehlen Sie Ihren Kunden dennoch eine LV abzuschließen?

Dr. Alfred Schmidt: Ja. Aber man muss sicherlich genau unterscheiden, welche Form Lebensversicherung gemeint ist. Unter dem Begriff „Lebensversicherung“ verbirgt sich meist die sogenannte Kapitallebensversicherung (KLV) als ein Kombi-Produkt, welches einen Sparanteil und einen bestimmbaren Risikoanteil (Todesfallrisiko) beinhaltet. Aber es gibt auf dem Markt eine Vielzahl an klassischen Lebensprodukten, aber auch solche die an Fonds gebunden sind. Die Höhe der zu erwartenden Rendite ist von der Wahl des jeweiligen Produktes stark abhängig. Je höher die Rendite, umso höher das Risiko! Die klassische KLV hat aus meiner Sicht nicht mehr die Bedeutung wie vor Jahren. Der Sparanteil ist mit dem Garantiezins unter 1% fast bedeutungslos geworden. Gerne erinnere ich mich an die Zeiten, da lag der Garantiezins bei 3,5 – 4,5% und die Bruttoverzinsung bei 7 – 8%. Hier hatte man ein gutes Gefühl für den Kunden, der zum einen fürs Alter sparen und gleichzeitig eine Absicherung für sich selbst oder für die Angehörigen im Todesfall haben wollte. Aber welche Lebensversicherungen sind empfehlenswert? Da muss ich mich zunächst fragen, was will ich abgesichert haben. Da sehe ich zwei Dinge, die im Zusammenhang mit einer LV auch noch heute noch von Bedeutung sind: 1. Die Absicherung auf den Tod (Risiko-LV) und 2. die Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsversicherung (EU/ BU=Arbeitskraft). Viele junge Leute/Familien benötigen eine Absicherung im Todesfall, um beispielsweise einen Baukredit abzusichern, eine gute Ausbildung der Kinder zu ermöglichen. Aber auch die Absicherung der Arbeitskraft mit einer BU, eventuell auch in Kombination mit einer Risiko-LV ist von großer Bedeutung, kann lebenswichtig sein. Ziel eines seriösen Versicherungsvertreters sollte sein, die Lebensumstände der zu versichernden Person/-en genau zu analysieren, den sogenannten Bedarf zu ermitteln. Aber auch einen passenden Lebensversicherer mit ausgewählten Produkten zu finden, der solide aufgestellt ist und die „Stresskriterien“ erfüllt sowie bei Fälligkeit während und am Ende des Vertragslaufzeit die versprochenen Leistungen für den Kunden erbringt- ohne Wenn und Aber! Jeder Interessent an einer Lebensversicherung sollte wissen, wer ihm einen Lebensversicherungsvertrag verkaufen möchte. Ist es ein Verwandter/Bekannter, der nebenberuflich tätig ist und sich so etwas dazu verdienen möchte. Oder handelt es sich um einen Verkäufer, der ausschließlich für eine Gesellschaft (Ausschließlichkeitsvertreter) tätig ist oder ein freier Verkäufer (Makler). Fragen sie auch nach seiner Qualifikation! Ziel eines Versicherungsvertreters ist es, möglichst ausschließlich KLV zu verkaufen, da hier die Provisionen besonders attraktiv sind. Unseriöse Geschäftemacher stehen gerade hier immer noch-trotz geforderte Qualifikationen- Tür und Tor offen. 

Garantiezins – das war einmal. Welche Versicherung als finanzielle Zusatzversorgung (Rentenlücke), wo die Performance stimmt, können Sie empfehlen?

Dr. Alfred Schmidt: Einen Garantiezins gibt es in der LV/RV immer noch, ist Vertragsbestandteil, wenn auch heutzutage auf niedrigem Niveau. In den letzten 15-20 Jahren wurde dieser Zins schrittweise abgesenkt, und ist inzwischen bei 0,75% angekommen. Es gibt auf dem Markt diverse Lebensversicherer, die eine gute Performance haben und leistungsstarke Produkte anbieten. Bei der Auswahl sollten Rankinglisten eine untergeordnete Rolle spielen, da diese unter „bestimmten Bedingungen“ erstellt werden. Vielmehr sollte man Gesellschaften suchen, die insgesamt gut aufgestellt sind und ihr Versprechen bei Vertragsabschluss bislang eingehalten haben und dies aber auch nach Jahrzehnten noch können. Bedenken, das eine Gesellschaft insolvent wird -wie die „Mannheimer“- sind unbegründet, da in diesem Fall Leistungen aus diesen Verträgen durch den Verbund der Lebensversicherer gemeinsam getragen werden.

Viele Menschen kennen gar nicht den Unterschied zwischen „Fondsgebundener Rentenversicherung“, „Risikolebensversicherung“ oder „Kapitallebensversicherung“. Klären Sie uns bitte auf.

Dr. Alfred Schmidt: Zu den verschiedenen Formen und Produkten habe ich bereits bei der ersten Frage Aussagen getroffen. Aus meiner Erfahrung der letzten 30 Jahre als Makler kann ich nur bestätigen, dass die einzelnen Formen bei Kunden meist nicht bekannt sind. Für eine gute Beratung ist es aber zwingend erforderlich, den Kunden über die Vor- und Nachteile und den damit verbundenen Bedingungen aufzuklären. Eine Risiko-LV ist kein Sparvertrag! Er sichert eine zuvor vereinbarte Geldsumme den Nachkommen/Bezugsberechtigten beim Tod der versicherten Person zu. Der Vertrag dient demzufolge der Absicherung von Angehörigen oder beispielsweise der Absicherung eines größeren Kredits. Eine Kapitallebensversicherung ist ein Kombi-Produkt, welches vorwiegend zum Sparen dient, aber auch eine Geldsumme bei Tod der versicherten Person für Bezugsberechtigte bereithält. Eine Rentenversicherung ist ein genereller Sparvertrag. Risiko-, Kapital- und Rentenversicherungen können klassisch, aber auch an Fonds gebunden sein. Bei den fondsgebundenen Verträgen können die Ablaufleistungen höher sein als bei der klassischen Form. Meist ist das Risiko gestaffelt aufgrund des Fondsmixes. Alle Formen können nicht nur an Fonds gebunden sein, sondern können mit    Zusatzversicherungen kombiniert werden, beispielweise mit Berufsunfähigkeit (BU), Erwerbsunfähigkeit (EU) und Todesfall (TF).

Wie man lesen kann, gibt es in Deutschland aktuell noch etwa 92 Millionen Lebensversicherungsverträge. Das ist wahnsinnig viel, obwohl die Garantiezinsen immer weiter fallen und hinterher noch Steuern auf die Erträge anfallen. Wie kommt das?

Dr. Alfred Schmidt: Lebensversicherungen sind neben dem Sparbuch traditionelle Formen des Sparens/ der Absicherung im Alter. Im Prinzip einfache Möglichkeiten der Vorsorge. Wenn der Vertrag eingerichtet ist, ist man als Sparer bald darauf eingestellt, monatlich in den jeweiligen Topf -sprich LV- einzuzahlen. Und wer bis zum Ablauf durchhält, bekommt am Ende noch was drauf (Bonus). Inzwischen sind die Garantiezinsen von ehemals 3,5-4,5% auf unter 1% gesunken, auch sind Ertragsanteile seit 2002 zu versteuern und damit ist auch die Attraktivität der LV/RV zum Sparen spürbar gesunken. Eine Tendenz, die ich aus meiner Erfahrung in den letzten 10-15 Jahren feststellen kann. Ja, das Interesse an einer kapitalbildenden LV oder RV als Altersvorsorge ist deutlich gesunken. Und dies wird auch seit Jahren von den Lebensversicherern beklagt, und sie fordern ihre Vertreter zu mehr Abschlüssen auf. Um das Lebensgeschäft zu forcieren, haben sich die Lebensversicherer – neben den vorhandenen klassischen Formen – viele neue Produkte einfallen lassen, die meist an Fonds gebunden sind und während der Laufzeit eine gewisse Flexibilität aufweisen. Darin sehe ich aber die Gefahr, dass Kunden meist nicht genau wissen, was sie konkret abgeschlossen haben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Vertragsabschluss – ohne das beratende Gespräch mit einem Fachmann – über das Internet (Direktversicherer) erfolgt ist.

Was empfehlen Sie, wenn ein Kunde – wie in Corona-Zeiten – finanzielle Probleme hat und die Beiträge nicht mehr aufbringen kann?

Dr. Alfred Schmidt: Auf jeden Fall nicht kündigen! Ich empfehle, Kontakt mit dem Versicherer (Vertragspartner) aufzunehmen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Da bietet sich eine Beitragsreduzierung (Prämien-) oder Beitragsaussetzung für eine bestimmte Zeit an, meist für ein Jahr. Der Vertrag „ruht“ quasi. Bei Aktivierung kann der entgangene Zuwachs durch einen erhöhten Beitrag ausgeglichen oder die Ablaufleistung bei gleichem Beitrag reduziert werden.

Die Neuberechnung der Vertragsleistungen ist versicherungsmathematisch möglich, für den Versicherer aber aufwendig und sollte deshalb nur im Extremfall (Zahlungsunfähigkeit) vorgenommen werden.

Wie kann ich mein minderjähriges Kind finanziell am besten absichern, damit in einigen Jahren/Jahrzehnten ein finanzieller Grundstock da ist?

Dr. Alfred Schmidt: Ohne Frage, eine Absicherung des minderjährigen Kindes muss her und ist sinnvoll, in welcher Form auch immer. Die „Ansparung“ soll ja später der Ausbildung, der Familiengründung und bei der Anschaffung größere, wichtiger Sachgüter als Grundstock dienen. Das setzt jedoch voraus, dass die Eltern in der Lage sind, die monatlichen Aufwendungen – meist über viele Jahre – zu erbringen. Man sollte aber auch bedenken, sein Kind bezüglich einer möglichen Erwerbsunfähigkeit (EU) durch Krankheit oder Unfall abzusichern. Nicht zuletzt sollten die Eltern sich selbst so absichern, dass in Notfällen (Tod/Unfall) das Kind nicht mittellos dasteht.

Herr Dr. Schmidt, vielen Dank für das Gespräch.

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