Fabian Pferrer: Anlageformen sind heute deutlich flexibler

Interview mit Fabian Pferrer
Fabian Pferrer ist selbständiger Finanzberater für die Deutsche Bank in Pulheim. Mit ihm sprechen wir über Anlagestrategien, Unterrepräsentation sowie Erleichterung für den Einstieg in die Finanzwelt.

Unterscheiden sich die Anlagestrategien von Männern und Frauen eigentlich grundlegend?

Fabian Pferrer: Aus meiner Sicht eher nein. Ich denke, dass die Anlagestrategien eher von anderen Dingen geprägt werden als vom Geschlecht. Bisherige Erfahrungen, Empfehlungen aus dem Familien- und Freundeskreis, grundsätzliche Risikoneigung, aktuelle Lebenssituation, Alter, Einkommens- und Vermögenssituation spielen eine deutlich übergeordnete Rolle.

Warum sind Frauen am Kapitalmarkt kaum aktiv? Gibt es eine Erklärung für die Unterrepräsentation?

Fabian Pferrer: Gründe könnte man ggf. am ehesten aus den oben genannten Punkten ableiten. Kapitalmarktanlagen empfehle ich nur, sofern die Einkommens- und Vermögenssituation dies zulässt, sprich eine entsprechende Liquiditätsreserve sowie Verlusttragfähigkeit gegeben ist. Durch Kindererziehungszeiten ist die Einkommenssituation vieler Frauen z.B. heute immer noch anders (schlechter) als bei Männern. Dies könnte ggf. eine Rolle bei der prozentualen Verteilung der Anleger nach Geschlecht spielen.

Was muss getan werden, um zukünftigen Kapitalmarktanlegerinnen den Einstieg zu erleichtern?

Fabian Pferrer: Man muss weiter Vertrauen für kapitalmarknahe Anlagen schaffen und hier durch Gespräche mit ausgebildeten Fachleuten vielen Vorurteilen entgegenwirken. Leider ist die Finanzbildung immer noch kein Teil unserer klassischen Schulbildung und viele wesentliche Aspekte einer Geldanlage sind schlichtweg kaum bekannt bzw. verstanden. Kapitalmarktanlegerinnen werden nicht anfangen sich mehr Gedanken über die Notwendigkeit einer guten Vermögens(-aufbau)-strategie zu machen, wenn es hierfür keine Beweggründe gibt. Dass Anlageformen heute deutlich flexibler sind, Beimischungen von kapitalmarknahen Anlagen für die Erzielung einer vermögenserhaltenden Rendite wichtig und alternativlos sind, bestimmte Produktgruppen speziell Frauen besonders stark fördern (z.B. Riester) oder ggf. auch bei Frauen die Notwendigkeit einer höheren privaten Altersvorsorge (durch mehr Teilzeitarbeit oder Kindererziehungszeiten) besteht, muss letztlich öfters thematisiert werden. Ob über die Medien, die Schulen, im Beruf oder im privaten durch Freunde und Familie…

Warum sollten Frauen schnell einen Zugang zum Kapitalmarkt finden? Ist Altersarmut eine wirkliche Gefahr, die man mit Geldanlagen eingrenzen kann?

Fabian Pferrer: Aufgrund der niedrigen Zinsen ist der Kapitalmarkt alternativlos, sofern man mit seinen Vermögensanlagen eine Rendite erzielen will. Zur Erhaltung der Kaufkraft ist die Rendite der Anlage entscheidend, sobald es um mittel- oder langfristige Vermögensanlagen geht. Frauen sollten zeitnah einen Zugang zum Kapitalmarkt finden, da uns das niedrige Zinsniveau wohl noch einige Zeit begleiten wird.

Das Deutsche Rentensystem funktioniert nicht und spätestens mit Rentenbeginn der Babyboomer-Jahrgänge wird die Situation noch dramatischer. Die Rentenkasse wird bereits jetzt zu 30% durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt am Leben gehalten. Hierdurch sollte klar werden, dass das Thema Altersarmut ein sehr konkretes Risiko ist, denn die Beiträge zur DRV werden nicht auf die notwendigen Abgabesätze erhöht werden können, da die Regierung, die dies durchsetzen würde von klassischen Angestellten wohl so schnell nicht wieder gewählt werden würde und Unternehmen würden wohl tendenziell ins Ausland gehen würden, wo die Sozialabgaben deutlich geringer wären. Auch Steuererhöhungen sind nicht weiter unbegrenzt möglich, um die steigenden Ausgaben der DRV weiter zu decken. Hier stößt man zwangsläufig irgendwann an eine Grenze, daher sollte man bereits möglichst frühzeitig beginnen selbst vorzusorgen. Und wie bereits erwähnt, ist die Notwendigkeit bei Frauen ggf. sogar noch größer.

Könnten Robo Advisor eine Möglichkeit sein, um neue unerfahrene Anleger und Anlegerinnen den Weg in den Markt zu ebnen?

Fabian Pferrer: Ich glaube persönlich nicht, dass diese Anlageformen aus der Nische ausbrechen werden. Als Beimischung in der Vermögensstrategie mag der Robo Advisor für manche Kunden*innen spannend wirken, aber ich kenne aus der Praxis keine(n) Kunden*in, der entweder seinen kompletten Vermögensaufbau hierrüber abgedeckt oder durch die „neuen“ Angebote sich dem Kapitalmarkt überhaupt erst geöffnet hat. Wenn Grundlagen im Bereich des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge fehlen, hilft ein Robo Advisor kaum weiter, da zunächst die Unsicherheiten ausgeräumt werden müssen.

Kann man davon ausgehen, wenn mehr Information und Aufklärung erfolgt, dass in naher Zukunft die Zahl der Anlegerinnen zunehmen wird?

Fabian Pferrer: Die wichtigste und spannendste Frage zum Schluss, super! Und hier gibt es ein ganz klares JA. Ohne mehr Transparenz, Bildung, Information und Aufklärung wird die Anzahl der Anlegerinnen nicht wesentlich zunehmen. Auch wenn ich hierdurch meinen eigenen Job ggf. überflüssig mache, würde ich mir wünschen, dass man genau an diesem Punkt ansetzt, um wirklich eine Veränderung in dieser Thematik zu erwirken.

Herr Pferrer, vielen Dank für das Gespräch!

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