Fintechs bieten dem Kunden den besseren Service – Björn Goß (Stocard)

Interview mit Björn Goß
Björn Goß ist Co-Founder und CEO der Wallet-App Stocard. Im Interview spricht er über die Vorteile dieser Anwendungen und wie die Zukunft des Bezahlens aussehen kann.

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Björn Goß: Fintechs haben vor allem eines geschafft, was die traditionelle Branche vorher verpasst hat: Sie stellen den Kunden in den Fokus. Die Lösungen müssen heute vor allem praktisch sein und sich an der Realität ihrer Nutzer orientieren. Konkret heißt das: Finanzdienstleistungen müssen dort sein, wo der Kunde ist und sie gern hätte. Das spiegelt sich im großen Mobile-First-Ansatz vieler Fintechs wieder; denn die Konsumierenden wollen heute Finanzdienste so einfach in Anspruch nehmen können, wie sie andere Apps nutzen. Viele Fintechs gehen hier aber auch nicht weit genug. Mobile First bedeutet nicht, dass Kunden die altbekannte Universalbank in Form einer hübschen App wollen. Vielmehr werden wir in Zukunft neue Finanzdienstleistungen sehen, die sich nahtlos in den Alltag der Kunden einfügen und vermehrt von Unternehmen angeboten werden, die ursprünglich nicht aus dem Banken-Segment kommen (also auch keine Neo-Banken sind). Es bedeutet digital, zeitgemäß und agil aufgestellt zu sein. Sonst steht der Turm auf einem sehr wackeligen, instabilen Fundament. Hier kommt nun noch der Plattform-Gedanke hinzu. Kunden wollen nicht hunderte Anwendungen für jede Dienstleistung haben, aber zugleich nicht auf das Beste vom Besten verzichten. Das ist das, was Fintechs oder auch Insurtechs dauerhaft der herkömmlichen Branche voraus haben werden. Daher bin ich davon überzeugt, dass die Zukunft der Bank gar keine Bank sein muss.

Was ist Ihr Kerngeschäft? Welche sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Björn Goß: Stocard ist Europas führendes Mobile Wallet mit mehr als 50 Millionen Nutzern. Der Grund weshalb so viele Menschen Stocard lieben ist, dass wir immer weiter als nur an das reine Bezahlen denken und den Stocard-Nutzern ein ganzheitliches, digitales Einkaufserlebnis bieten möchten. So haben die User alle ihre Kundenkarten im Stocard-Wallet dabei und können in jedem Geschäft von Rabatten und Vorteilen profitieren ohne unzählige Plastikkarten herumzuschleppen. Darüber hinaus erhalten sie immer die neusten Angebote ihrer Lieblingshändler, können Coupons mit einem Klick in der App aktivieren und ihren aktuellen Punktestand bei jedem Händler einsehen – alles in einer App. Dies ist möglich, da wir mit den größten und innovativsten Händlern Europas zusammenarbeiten, die in unsere Retail-Plattform integriert sind und ihren Kunden darüber Mehrwerte anbieten können. Für Einzelhändler bildet Stocard dadurch einen wertvollen direkten Draht zum Kunden – auch wenn dieser gerade nicht persönlich im Laden oder an der Kasse steht. Selbstverständlich gehört auch das Bezahlen zum Einkaufen dazu, weshalb Stocard in Großbritannien bereits das mobile Bezahlen anbietet. Die Payment-Funktion wird nun sukzessiv auch in anderen Ländern in Europa ausgerollt. 

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu Ihren etablierten Wettbewerbern?

Björn Goß: Wir stehen mit keinem anderen Unternehmen im direkten Wettbewerb, da wir die Features in der Stocard-App bündeln, die in anderen Anwendungen nur einzeln zur Verfügung stehen. Wir sind überzeugt, dass aber genau das Angewiesensein auf einzelne Services verschiedener Hersteller der „Pain“ der Nutzer ist. Deshalb bietet Stocard alles aus einer Hand. Unser Ziel ist es, unser Angebot kontinuierlich um innovative „on the go“-Finanzdienstleistungen zu erweitern und nicht nur die Zukunft, wie Menschen einkaufen mitzugestalten, sondern auch, was wir zukünftig unter „Banking“ verstehen. Denn wir glauben, dass diese Zukunft auch in der westlichen Welt viel mehr so aussehen wird, wie wir es heute bereits in Asien sehen – mit Apps, die umfassende Finanz-Services anbieten, von Online- oder mobiler Bezahlung über Devisengeschäfte bis hin zu Zahlungen über Debit-Karten.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender? Wie agiert Ihr Unternehmen?

Björn Goß: Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, es gibt wohl kaum eine Firma, die keine Kooperationspartner hat – und sei es für Hosting oder Logistik. Im Kern stehen also die Fragen: „Welchen Teil der Wertschöpfungskette möchte ich selbst abdecken? Wo kann ich kompetitiv signifikanten Mehrwert stiften, der mein Produkt unterscheidbar und besser macht? Welche Abhängigkeiten entstehen in meinem Geschäftsmodell?“ Was sich im Laufe der Jahre immer wieder bewahrheitet hat, ist, dass sich alles – wenn man wirklich groß denkt – immer um die entscheidende Frage dreht, wer den direkten Kundenkontakt hat. Im Umkehrschluss hilft beispielsweise Banken das beste Risk-Management nichts, wenn sie den Zugang zum Kunden verlieren, weil diese nicht mehr für jedes Finanzprodukt den Bankberater anrufen, bei dem sie ihr Girokonto haben. Sie nehmen vermehrt Finanzdienstleistungen über die Plattformen in Anspruch, die sie regelmäßig nutzen – sei es Check24 oder Stocard.

Ich glaube, dass es in Sachen Kooperationen nicht den einen Weg gibt und schon gar nicht nur A oder B. Generell kann man gerade in der Fintech-Szene gut erkennen, dass Kooperationen mit anderen Unternehmen mit ausgezeichneten Produkten mehr bringen können, als mühselig alles allein zu erschaffen. Kooperationen mit anderen, spezialisierten Marktteilnehmern hat den großen Vorteil, dass sich jeder auf seinen Hauptservice konzentrieren kann. Zum Beispiel partnern wir für unsere Bezahlfunktion auch mit einem Zahlungsdienstleister. Gemeinsam können wir schneller wachsen als jeder für sich. Für uns spielten Partnerschaften schon immer eine große Rolle. Wir arbeiten mit Einzelhändlern europaweit zusammen, um ihre Kunden zu erreichen und zu begeistern. Von Partnerschaften können beide beteiligte Unternehmen sehr profitieren.  Letztendlich ist es für Stocard das Wichtigste, als Plattform den direkten Kundenkontakt zu haben – hier sind wir langfristig sehr gut positioniert.

Wie schnell reagieren Ihre Wettbewerber auf neue Trends? Wie hoch ist der Innovationdruck?

Björn Goß: Stocards Innovationsdruck ist maßgeblich selbst auferlegt. Wir haben uns mit der Abschaffung des Portemonnaies ein hohes Ziel gesteckt, für das in Europa bisher kein Marktteilnehmer eine Lösung entwickelt. Europa hat – von bestehender Infrastruktur bis hin zu Regulierung – ganz andere Voraussetzungen als beispielsweise Asien. Daher ist der asiatische Markt im Vergleich auch bereits deutlich weiter. Trotzdem bieten die lokalen Gegebenheiten auch die Möglichkeit wirklich erstklassige Innovationen zu schaffen, wo beispielsweise auch Datenschutz und Security großgeschrieben werden. Wir bei Stocard sind überzeugt, dass die Lösungen, die sich in diesem regulierten Markt durchsetzen, das Potential besitzen, sich in der gesamten westlichen Welt und auch weltweit zu bewähren.

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Björn Goß: Ohne bereits zu viel verraten zu können: Stocard arbeitet hart daran, die Vision des mobilen Wallets innerhalb der kommenden Monate und Jahre wahr zu machen.

Konkret nennen kann ich aber die Ausweitung der Verfügbarkeit der Payment-Funktion in vielen weiteren europäischen Ländern und insbesondere in Deutschland. Darüber hinaus setzen wir uns natürlich auch schon mit weiteren Features auseinander, um Banking und Einkaufen weiter zusammenzuführen – Einiges davon wird man auch noch dieses Jahr zu sehen bekommen.

Herr Goß, vielen Dank für das Gespräch.

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