„Geiz ist geil“ Mentalität wird sich in der klassischen Vermögensverwaltung durchsetzen – Günter Schlennert

Interview mit Günter Schlennert
Günter Schlennert ist Geschäftsführer der GSV GMBH Vermögensmanagement. Im Interview spricht er über Interessenskonflikte bei der Bankberatung und seine Abneigung gegenüber Robo-Advisorn.

Nutzen Sie computergestützte Systeme bei der Verwaltung von Vermögen?

Günter Schlennert: Als Vermögensverwalter können wir über die depotführende Stelle selbstverständlich auf technische und damit computerunterstützte Systeme zurückgreifen. Diese dienen aber nur der Arbeitserleichterung und nicht der Entscheidungsfindung.

Wie stehen Sie zu dem Thema Robo-Advisor?

Günter Schlennert: Eine rein computergestützte und auf fixe Anlageklassen festgelegt Vermögenverwaltung sehen wir kritisch. Zum einen kann kein Kunde dies selbständig im Sinne seiner Risikoneigung entscheiden. Zum anderen legen wir schon „Vita mäßig“ Wert auf einen persönlichen Kontakt und einer fortwährenden Partnerschaft mit dem Kunden. „Was will der Kunde“ ist für uns elementar.

Mittlerweile gibt es Massenanbieter, die die Geldanlage revolutionieren wollen. Wie sieht, Ihrer Meinung nach, die Zukunft der Vermögensverwaltung aus?

Günter Schlennert: „Geiz ist geil“ Mentalität wird sich leider auch in der klassischen Vermögensverwaltung durchsetzen. Einen angemessen Preis für diese Dienstleistung zu bezahlen, sehen wir längerfristig nicht.

Stirbt der klassische Finanzexperte von nebenan aus?

Günter Schlennert: Wer ist denn der klassische Finanzexperte. Wir von der GSV wollen Risiko und Ertrag im Sinne des Kunden in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Diese Balance ist für uns primär. Wir stellen nicht die Performance, sondern das Risiko, mit der diese Entwicklung verdient werden soll, in den Mittelpunkt unserer Betrachtung.

Was sind die Unterschiede zwischen der Bankberatung und einer unabhängigen Finanzberatung?

Günter Schlennert: Eine Bankberatung ist in aller Regel eindimensional. Es werden in den überwiegenden Fällen Produkte des eigenen Hauses angeboten. Eine Risikobetrachtung der Anlage ist uns nicht bekannt. Außerdem werden Produktkosten in Rechnung gestellt, d.h. die Bank verdient sofort, unabhängig vom Ausgang der Anlageentscheidung. Darin sehen wir einen Interessenkonflikt. Bei uns als Vermögensverwaltung herrscht Interessengleichheit, da wir ausschließlich von der positiven Entwicklung des Kundendepots profitieren.

Das verwaltete Vermögen durch Robo-Advisor soll sich auf Milliarden Euro belaufen, sehen Sie darin Systemrisiken, ähnlich wie bei Lehmann Brothers?

Günter Schlennert: Sehr wohl sehen wir sogenannte Systemrisiken. Aber anders als bei der Lehmann Pleite, wo der blanke Refinanzierungsdruck (über die Verbriefung von Hypothekaranleihen, sog. assed back securities) zum Kollaps führte, ist es hier ein Flaschenhalsproblem in Verbindung mit zum Teil synthetischen Abbildungen von Aktienmärkten.

Ein Beispiel: Sollte es zu einem nachhaltigen Crash an den Märkten kommen, werden viele Investoren in kurzer Zeit sich von ETFs trennen wollen. Je nach Liquiditätslage des abgebildeten Marktes kann es hierbei schon zu Engpässen bei der Preisbildung kommen. Dazu kommt jetzt noch die Synthetik. Hier verfallen in Minuten die Preise für die jeweiligen Derivate der Abbildung.  Dadurch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verlust eines ETFs höher ausfällt als der Markt selbst. Eine spätere Erholung auf das Niveau des Marktes scheint ausgeschlossen, da die Abbildung immer eins zu eins des jeweiligen Mediums entspricht.

Wann kommt die nächste Finanzkrise oder werden wir die nächsten 10 Jahre keine mehr erleben?

Günter Schlennert: Ich wäre dankbar, wenn Sie mir sagen könnten wann die nächste Finanzkrise kommt. Nein können wir nicht. Aber es wird in den nächsten Jahren immer schwieriger werden die enorme Geldmenge, aufgebläht durch EZB Maßnahmen und Corona Programme klug auszusteuern. Da für Geld nichts mehr bezahlt wird (Zins) werden weiterhin wenige Anlageklassen übermäßig profitieren. Eine Blasenbildung können wir in Teilen bereits beobachten. Allerdings hat sich auch eine neue Risikobetrachtung durchgesetzt und es bleibt abzuwarten wann diese in den nächsten Jahren wieder kassiert wird.

Herr Schlennert, vielen Dank für das Gespräch.

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