Inflation von Anleihen und Aktien beachten – Matthias Wolf (FMW Finanzberatung GmbH)

Interview mit Matthias Wolf
Matthias Wolf ist Geschäftsführer der FMW Finanzberatung GmbH. Im Interview spricht er über die Inflation und deren Auswirkung auf verschiedene Anlageklassen.

Im Januar 2021 ist die Inflation von im Dezember 2020 noch 0,3% auf +1% gestiegen. Was hat es damit auf sich?

Matthias Wolf: Dies ist nur als eine Momentaufnahme anzusehen und kann lediglich auf kleinere „Ausrutscher“ nach oben bei nur wenigen der im Warenkorb enthaltenen Güter und Dienstleistungen zurückzuführen sein, die der statistischen Messung zugrunde liegen, etwa den Energiekosten. Auch die aktuelle Erhöhung der Erzeugerpreise um fast 4% (April 2021), den höchsten Wert seit annähernd zehn Jahren, muss nicht beunruhigen. Entscheidend für die Inflation, wie sie in der Öffentlichkeit diskutiert wird, wird hierbei sein, inwieweit es den Unternehmen gelingt ihre höheren Kosten auf die Verbraucherpreise abzuwälzen. Die schon langjährig sehr hohe Inflation einiger Vermögenswerte, insbesondere Anleihen (aufgrund der Politik der Notenbanken) sowie Aktien aus „Modebranchen“, findet im Kontext von Diskussionen über Inflationsrisiken recht wenig Beachtung, was beunruhigen sollte.

Sachwerte wie Gold oder Immobilien wurden stets als inflationssicher angepriesen – behalten Sachwert-Fans angesichts der aktuellen Entwicklungen Recht?

Matthias Wolf: Sachwerte waren noch nie ein Garant zur Verhinderung von Vermögensverlusten bei hoher Inflation, dies gilt es zu bedenken. Sie haben in diesen Phasen lediglich besser performt als Geldwerte wie Cash oder Anleihen. Die Preisentwicklung von Gold etwa hängt zunächst von Angebot und Nachfrage ab, im Einzelnen von vielen Faktoren wie US-Dollar-Kurs, der Erwartungshaltung hinsichtlich der weiteren Inflationsentwicklung, Rechtsnormen und Marktmanipulationen. Es kann also durchaus Phasen geben, in denen buchstäblich alle Vermögenswerte an Wert verlieren und nur Schuldner gewinnen, wenn sie denn jederzeit liquide bleiben. Über sehr lange Zeiträume betrachtet, sind Sachwerte jedoch der beste Schutz gegen Inflation.

Finanz-Untergangspropheten warnen jetzt hinsichtlich einer “Hyperinflation“ wie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Erwartet uns solch ein Szenario?

Matthias Wolf: Der überwiegende Teil der renommierten Crashpropheten ist eher vorsichtig eingestellt, somit wurden nicht nur im Vorfeld der letzten drei Verwerfungen des Finanzmarkts Warnungen laut, sondern in diesem Zeitraum durchschnittlich auch vor weiteren 17, die letztlich ausgeblieben sind.

Etwas ernsthafter: Es gibt womöglich bereits etwas, was einer Hyperinflation wenig nachzustehen scheint und zwar in einzelnen Segmenten der Vermögenspreise! Aktienkurse von Unternehmen aus der Branche “Irgendwas mit Digitalisierung“ etwa haben zum Teil Kurse bzw. Bewertungen erreicht, welche jeglicher Beschreibung spotten. Dass hier irgendwann Bereinigungen und Auflösungen von Scheingewinnen stattfinden werden, die hoffentlich nur begrenzte weitere Verwerfungen hervorrufen werden, steht wohl außer Frage.

Eine regelrechte Hyperinflation, also die Pulverisierung von Geldwerten bzw. von Binnen- und Außenwert einer Währung, fand hingegen in der Geschichte äußerst selten und stets nur in einzelnen, relativ abgeschotteten Wirtschaftsräumen statt. Voraussetzungen waren unter anderem ein begrenztes Güterangebot und ein hohes Zinsniveau. Das Risiko einer Hyperinflation in diesem klassischen Sinne besteht für Deutschland, die Eurozone und Europa insgesamt kaum. Andererseits gibt die Makroökonomik natürlich Anlass zur Sorge angesichts eines Volumens von rund 5 Billionen Euro an Anleihen weltweit, die mittlerweile negativ rentieren. Der Zustand, dass – zum Teil bereits über Gebühr verschuldete – Schuldner an weiteren Kreditaufnahmen verdienen, kann schlicht nicht nachhaltiger Natur sein.

Entscheidend wird sein, inwieweit es den Notenbanken und der Politik (wenn man denn beide Akteure noch isoliert betrachten kann) gelingt, die vollkommen ungesunde Nullzinspolitik zu beenden, ohne überschuldete Schuldnerländer ohne Wachstumsdynamik in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben. Dass dies gelingen kann, zeigt die großangelegte Steuerreform der Regierung Trump, die vor dem Ausbruch der Coronakrise Wirtschaftswachstum bei niedrigerem Schuldenstand in Relation zum BIP und Zinserhöhungen ermöglichte.

Wenn nach der Coronakrise ein neuer Konjunkturzyklus einsetzt, werden dann die Verbraucherpreise steigen?

Matthias Wolf: Inwieweit es nach Beendigung der Krise tatsächlich zu einem längerfristigen Aufschwung kommen wird, ist zunächst einmal völlig offen. Sicherlich haben die zurzeit besonders gebeutelten Branchen – Gastronomie, Tourismus und Veranstaltungen – gute Chancen auf eine Sonderkonjunktur, wenn flächendeckend entsprechende Ausgaben nachgeholt werden. Man kann jedoch nur sinnvoll zweimal am Tag warm essen und hat in der Regel nur einen Sommerurlaub zur Verfügung, sodass man sich insgesamt vor übertriebenen Erwartungen in Acht nehmen sollte. Unklar ist zudem, wie viele derjenigen Unternehmen samt Arbeitsplätzen, die derzeit lediglich durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht noch existieren, die Krise letztlich überstehen werden und den Aufschwung, wie stark er auch ausfallen mag, mittragen können.

Ein Anstieg der Verbraucherpreise ist zum einen von der Intensität des möglichen Aufschwungs, zum anderen von der Durchsetzbarkeit höherer Preise am Markt abhängig. Letztere ist von Produkt zu Produkt unterschiedlich. Renommierte Markenartikler mit treuer Stammkundschaft haben hier eindeutig bessere Karten als beispielsweise Discounter in umkämpften Brot-und-Butter-Märkten.

Sollte in Deutschland die Inflation auf 3% hochgehen, wie manche Volkswirte erwarten, was bedeutete das für Investoren in Deutschland?

Matthias Wolf: Summa summarum wäre dies, so seltsam es zunächst klingen mag, ein schöner Zustand bzw. eine Rückkehr zur Normalität. Eine jährliche Preissteigerung von drei Prozent ist keine Größenordnung, die solvente Unternehmen und Privatpersonen sowie demzufolge auch in- wie ausländische Investoren fürchten müssten. Ein Pfund schöner Deutscher Erdbeeren schlägt dann eben mit 4,65 € statt 4,50 € zu Buche, was nur in wenigen Fällen zu Substitutionskäufen oder gar Konsumverzicht führen sollte. Drei Prozent sind im Übrigen auch eine realistische Größenordnung für viele Tarifabschlüsse, so dass der Preis für Arbeitskraft pro Zeiteinheit auch um drei Prozent ansteigen würde.

Unschön erschiene lediglich ein Anstieg der Inflation auf drei Prozent in abrupter Weise verbunden mit der allgemeinen Sorge vor weiteren bedeutenden Steigerungsraten. Die Zeiten wirklich hoher bzw. zu hoher Inflationsraten liegen hierzulande so weit zurück, dass die aktuellen Entscheidungsträger sie nur aus der Fachliteratur kennen, dementsprechend wäre die Rückkehr der hohen Inflation problemlos geeignet, eine weitere Krise hervorzurufen. Insbesondere sollte man in die Kompetenz zumindest der Spitze der EZB nicht allzu viel Vertrauen setzen: Unvergessen sollte uns allen die Forderung der amtierenden Präsidentin bleiben, Deutschland – innerhalb der EU-Gremien bisweilen aufgrund seiner angeblich zu hohen Leistungsbilanzüberschüsse als Buhmann auserkoren – solle weniger in die EU exportieren und dafür mehr Kredite vergeben!

Was ist, Ihrer Meinung nach, ein guter Schutz gegen Inflation?

Matthias Wolf: Sachwert schlägt Geldwert! Aktien von Unternehmen, die mit verständlichen Produkten beispielsweise des täglichen Bedarfs seit Jahrzehnten solide Gewinne erzielen und vollständig aus dem freien Cashflow finanzierte Dividenden kontinuierlich steigern, sind sicherlich nicht die schlechteste Möglichkeit für die langfristige (!) Geldanlage. Gegessen, getrunken und geputzt wird schließlich immer, auch während und nach der nächsten Krise, so sie denn kommen mag. Auch mit Gold und Immobilien lassen sich Kaufkraftverluste von Papiergeld in der Regel gut abfedern, man sollte sich aber unbedingt von unabhängigen Fachleuten beraten lassen, ansonsten wird aus “gut gemacht“ schnell lediglich “gut gemeint“.

Und: Achten Sie unbedingt auf eine stets ausreichende Liquidität! Dies klingt zwar widersprüchlich, kann aber essentiell sein. Die finanzielle Repression seitens des Staates wird angesichts des Zustands der öffentlichen Kassen zukünftig kaum geringer werden. Wenn Sie zu Notverkäufen genötigt werden, fällt das ausgeklügeltste Inflationsschutzprogramm in sich zusammen.

Dieses Interview wurde mit Experten von immo-zentrum. de geführt. Das Unternehmen ist ein Immobilienmakler , der in folgenden Bereichen tätig ist: Immobilien, Neubau und Finanzierungen.

Herr Wolf, vielen Dank für das Gespräch.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Matthias Wolf

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos