Jens-Christian Jensen: Im digitalen Bereich sind künstlerische Werke immer kopierbar

Interview mit Jens-Christian Jensen
Jens-Christian Jensen ist Chief Strategy Officer bei Digitas Pixelpark. Mit ihm sprechen wir über technische Errungenschaften, NFTs sowie Blockchain.

Alle Welt spricht zur Zeit von NFTs, sogenannte „Non-fungible Tokens“. Was sind Non-Fungible Tokens genau?

Jens-Christian Jensen: Angetrieben durch die technischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte im Digitalen, erleben wir heute eine immer schneller voranschreitende Transformation unserer Gesellschaft. Jede Facette unserer Gesellschaft wird davon berührt, manche früher, manche später. NFTs sind eine dieser Facetten und ist ein Konzept, künstlerische oder auch einfach nur digitale Werke vor dem ungewollten Kopieren zu schützen und damit gleichzeitig Echtheit des Werkes und/oder Eigentum am Werk zu zertifizieren. Denn gerade im digitalen Bereich sind künstlerische Werke immer kopierbar, was für viele künstlerische Ansprüche, ganze Branchen, wie die Musikindustrie, oder Business-Modelle ein Riesenproblem darstellt. Möglich wurden NFTs durch die technologischen Entwicklungen im Bereich Blockchain.

Was bringt der Besitz von NFTs und welche Anwendungsbereiche gibt es für diese, wenn jeder doch quasi ein individuelles Sammlerstück ist?

Jens-Christian Jensen: Der öffentliche Dialog dreht sich im Moment sehr stark um das Sammeln an sich und die erzielten Preise einzelner NFTs, wie z. B. den NFT, mit dem Twitter-Gründer Jack Dorsey für seinen ersten Tweet 2,9 Millionen Dollar erzielen konnte. Meldungen über erzielte Höchstpreise sollten aber eigentlich gar nicht so sehr im Mittelpunkt stehen, denn bei genauerer Betrachtung liegt das Geniale der NFTs ganz woanders und kommt einer Revolution gleich. NFTs können jedes einzelne digitale oder auch physische künstlerische Werk, das zuvor ungeschützt und kopierbar war, einzigartig machen.

Nehmen wir die bildende Kunst: Digitale Kunstwerke können mit NFTs nun genauso einzigartig gemacht werden, wie ein einzelnes gemaltes Bild, das von Natur aus einmalig ist. Das wiederum beeinflusst nicht nur die Preise für Kunst, sondern auch das Sammeln, ob privat bzw. in Galerien und Museen etc.

Nehmen wir Musik: Bands suchen seit langem nach neuen Konzepten, wie ihr musikalisches Werk wieder so monetarisiert werden kann, ohne sich den Bestimmungen der Streaming-Dienstleister unterordnen zu müssen oder Verluste durch Raubkopien zu verhindern.

NFTs verändern also alle Bereiche, in denen es um künstlerische Werke oder Sammelobjekte geht. Und wie schon angedeutet: Das betrifft gleichermaßen physische Produkte. Ein NFT kann auch als Echtheitszertifikat für ein industrielles Sammelobjekt dienen. Und zu guter Letzt geht es auch nicht nur um Einzelwerke, Stichwort: limitierte Editionen. So könnte beispielsweise ein digitales Musikalbum über NFTs als Fan-Edition auf nur 100 Ausgaben begrenzt werden.

Erklären Sie doch einmal bitte, wie man in den Besitz von NFTs kommt?

Jens-Christian Jensen: Im Netz gibt es aktuell diverse Plattformen, die ähnlich wie eBay funktionieren. Künstler:innen können ihre Kunstwerke dort einstellen und zusammen mit einem dazugehörigen NFT verkaufen. Bekannte Plattformen sind zum Beispiel OpenSea.io oder Rarible. Zusätzlich zur Nutzung eines solchen Marktplatzes benötigen Künstler:innen aber auch ein sog. Krypto Wallet, das in der Lage ist, das NFT zu speichern, das zum Kunstwerk gehört.

Warum treten so viele Experten dem NFT-Hype kritisch entgegen?

Jens-Christian Jensen: Ich persönlich sehe Hypes sehr entspannt. NFTs sind zunächst mal schlicht eine technische Entwicklung, die aufgrund ihrer Neuheit einen Trend hervorbringen. Trends verlaufen dann aber doch stets relativ ähnlich: Am Anfang stehen First Mover oder Nerds, die eine neue Welt aufzeigen. Spekulant:innen und Unternehmen springen nach den ersten Wellen auf, es entsteht ein spezieller Markt und der wiederum ist zumeist sehr wankelmütig. Im nächsten Schritt setzt ein gewisses Maß an Enttäuschung ein, und zuletzt festigt sich der Trend zu einer echten Marktentwicklung oder eben auch nicht. Die Entwicklung zu verfolgen, ist aber jeweils ausgesprochen spannend.

Könnten diese speziellen Token das Kunstsammeln der Zukunft sein?

Jens-Christian Jensen: Ich denke, dass NFTs ein ernstzunehmender Game Changer für künstlerische Werke sein können, eben weil digitale Kunst, Sammelobjekte und Co. einzigartig werden. Das wird auch den Kunstmarkt verändern, da bin ich mir sicher. Andererseits glaube ich nicht, dass NFTs das bisherige Sammeln von Kunst komplett ersetzen oder ablösen werden.

Was würden Sie sagen: Sind NFTs als rentable Geldanlage oder eher als riskante Spielerei einzuschätzen?

Jens-Christian Jensen: Achtung, FOMO! Aktuell gehören NFTs sicherlich noch in den Bereich riskante Spielerei, auch getrieben von der „Fear of missing out (FOMO)“. Sobald sich aber das Kunstsammeln, wie wir es bisher kennen, verändert, werden sich NFTs zu einer echten rentablen Möglichkeit sowohl für Künstler:innen als auch für Sammler:innen entwickeln.

Herr Jensen, vielen Dank für das Gespräch!

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