Martin Franssen: Unsere Volkswirtschaft und unser Wohlstand sind ohne PE-Investoren nicht mehr denkbar

Martin Franssen ist Gründer und Geschäftsführer von Interim Excellence GmbH in München. Mit ihm sprechen wir im Interview über Private-Equity-Unternehmen, den zweifelhaften Ruf als Heuschrecken sowie Auswirkungen des Brexit.

Private-Equity-Unternehmen werden im Volksmund häufig als Heuschrecken bezeichnet. Woher kommt dieser zweifelhafte Ruf?

Martin Franssen

Martin Franssen: Es handelt sich um eine im Jahr 2005 von Herrn Müntefering (ehemaliger SPD-Vorsitzender) angefachte Diskussion. Im Kern geht es hierbei darum, dass einige PE-Gesellschaften in der Vergangenheit – und hierbei handelte sich nicht um die Mehrheit der PEs, sondern um eine Minderheit – Unternehmen erwarben und die Finanzierung sicherstellten, indem sich die erworbenen Unternehmen hoch verschuldeten, sprich Fremdkapital aufnahmen. Dies führte dazu, dass Portfolio-Unternehmen zum Teil operativ profitabel waren, aber unter Berücksichtigung des Kapitaldienstes (Zinsen und Tilgung) hohe Verluste machten bzw. auch illiquide wurden. Dieses Finanzierungskonstrukt funktioniert nur so lange, wie die Gesamtkapitalrentabilität höher ist als die Fremdkapitalzinsen (Leverage-Effekt). Wir sehen aber seit einer geraumen Zeit, dass der überwiegende Teil der Investitionen einen lang- bis mittelfristigen Charakter hat und die Unternehmen solide Finanzierungsstrukturen aufweisen. 

Halten Sie die Kritik an der Branche gerechtfertigt?

Martin Franssen: Die Kritik war, vor nun mittlerweile 16 Jahren, sicherlich in Einzelfällen berechtigt, rechtfertigt aber nicht, eine ganze Branche, pauschal zu verurteilen.

Zudem hat die gesamte Branche dazugelernt, durch Taten und bessere Kommunikation bewiesen, dass die positiven Aspekte von PE-Investitionen bei weitem überwiegen. Studien belegen, dass Unternehmen von PE-Gesellschaften wesentlich mehr Arbeitsplätze schaffen, als Unternehmen, die keinen PE-Gesellschafterkreis haben. Das gleiche Bild ergibt sich im Hinblick auf Innovationen, Digitalisierung, Wachstum, etc. Unsere Volkswirtschaft und unser Wohlstand sind ohne PE-Investoren nicht mehr denkbar. Beispielsweise investierten Beteiligungsgesellschaften im Jahr 2019 in Deutschland insgesamt 14,3 Milliarden Euro. Über eine Millionen Beschäftigte arbeiten in Deutschland für Unternehmen, an denen Private Equity-Gesellschaften beteiligt sind.

Wie agieren und arbeiten Private-Equity-Unternehmen wirklich? Welchen Bedarf decken Sie?

Martin Franssen: Zunächst, und das ist eine gute Nachricht, agieren Private-Equity Unternehmen im wahrsten Sinne unternehmerisch und rational, was in den meisten Fällen zu guten unternehmerischen Entscheidungen führt. Beispiele sind, dass sie keiner Betriebsblindheit unterliegen („wir haben das schon immer so gemacht“), Prozesse, Strukturen, Produkte, die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmens immer wieder hinterfragen und das Management der Unternehmen dabei unterstützen und dazu animieren, kontinuierlich besser zu werden.

Volkswirtschaftlich decken sie je nach Ausprägung und Fokussierung mehrere zentrale Bedarfe ab. Das Spektrum reicht von dem Risikokapitalgebern, die junge Unternehmen finanzierern, die in alternative Energien oder in den Gesundheitsbereich investieren, bis hin zu Investoren, die beispielsweise im Rahmen einer „Buy&Build-Strategie“ kleine, unprofitable Unternehmen zu größeren, effizienten Unternehmen umgestalten.      

Woher kommt eigentlich das Geld, dass Sie investieren?

Martin Franssen: Das Geld kommt aus unterschiedlichen Quellen. Zum einen sind hier Institutionelle Anleger, wie Versicherungen, Rentenfonds, Banken, etc. zu nennen, zudem anderen vermögende Individuen oder Familien, die als Family Office direkt oder indirekt investieren. Zudem gibt es private Kapitalanleger, die in spezielle Fonds investiert bzw. als Aktionäre bei börsennotierten Beteiligungsgesellschaften investiert sind.

Während sich der US-Kongress mit einer stärkeren Regulierung der Branche befasst, wird in Europa um Risikokapital geworben. Wie steht es um den europäischen Private-Equity-Markt im internationalen Vergleich?

Martin Franssen: Grundsätzlich sind die großen PE-Gesellschaften sehr international ausgerichtet. Dies hat mit regionaler Diversifikation zu tun, aber auch mit den jeweiligen Chancen und Risiken, die sich in unterschiedlichen Ländern und Kontinenten bieten. Unabhängig von einzelnen regulativen Initiativen, die meines Wissen nach zu keinem Strategiewechsel bei US Private Equity-Gesellschaften geführt haben, wird Europa für internationale Investoren immer beliebter. Zum einen gibt es PEs aus dem angelsächsischen Raum, die den industriellen Strukturwandel in Europa beschleunigen und stark als Risikokaptalgeber bei jungen, europäischen Unternehmen agieren. Hinzukommen chinesische Investoren, die ein strategisches Interesse haben, sich an europäischen Unternehmen aus nahezu allen Branchen zu beteiligen.         

Hat der Brexit Auswirkungen auf die europäische Private Equity Szene?

Martin Franssen: Ich glaube, für die PE-Gesellschaften eher wenig. Für Großbritannien als eine Volkswirtschaft, die Investoren anziehen möchte, sehr wohl: nämlich sehr nachteilig. Und das bekommen die Briten zu meinem größten Bedauern auch in vielen anderen Bereichen nun zu spüren.    

Herr Franssen, vielen Dank für das Gespräch!