Oliver Hagedorn: „Nicht überall wo Impact draufsteht, ist auch Impact drin“

Interview mit Oliver Hagedorn
Oliver Hagedorn ist Vorstand der avesco Financial Services AG. Im Interview spricht er über nachhaltige Investitionen und dem Unterschied zwischen ESG- und Impact-Investing.

Impact Investment, ein neuer Name für einen länger anhaltenden Trend. Was steckt hinter diesem Begriff?

Oliver Hagedorn: Impact Investments sind grundsätzlich nicht neu. Der konkrete Begriff des Impact Investing wurde um das Jahr 2007 zum ersten Mal formuliert. Damals umschrieb eine Investition in Form einer Einbringung von Eigenkapital in einen Mikrofinanzfonds (Kleinkredite) und eine Strukturierung eines Darlehns speziell für niedrigverdienende Hausbauer in den USA ein Impact Investment. Heutzutage hat sich die folgende Definition etabliert: Impact Investments (deutsch: Wirkungsorientierte Investitionen) sind Kapitalanlagen in Unternehmen, Organisationen oder Fonds mit der Intention eine positive soziale oder ökologische Wirkung neben einer finanziellen Rendite zu erzielen. Diese Definition integriert bewusst ein sehr breites Spektrum von Kapitalanlagen. Zwei Kerneigenschaften sollten daher beim Impact Investing ebenfalls immer gegeben sein: Vorsatz und Messbarkeit. Der Investor sollte eine klare Absicht besitzen, durch die Investition eine spezifische soziale oder ökologische Wirkung zu erzielen. Zudem sollte das klare Bekenntnis zur Messung und zur Veröffentlichung der Wirkung bestehen.

Sie haben sich auf Impact Investments spezialisiert – warum?

Oliver Hagedorn: Wir sind davon überzeugt, dass sich das Verständnis von Erfolg wandelt und zukünftig ausgewogen die Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales umfassen wird. Was bringt uns ökonomische Performance bei gleichzeitiger Vernichtung von Umwelt und sozialem Gefüge. Impact ist sozusagen eine Notwendigkeit, um bestehende Potenziale zu erhalten und neue zu schaffen, so dass diese zukünftigen Generationen zur Verfügung stehen. Unternehmerisch ist das eine riesige Opportunität für die Finanzindustrie, endlich einmal innovativ zu sein und das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen.

Wer ist Ihr Kunde, der grüne Hippie mit Traumvorstellungen von der Welt oder gibt es kein typisches Profil?

Oliver Hagedorn: Nein, ein typisches Profil haben unsere Kunden nicht. Zu den Impact Investoren zählen sowohl private Kapitalgeber als auch institutionelle Investoren. In unserem jüngsten Produkt, dem European Social Innovation and Impact Fund, der soziales Unternehmertum z.B. in den Bereichen Inklusion, Migration und Gesundheit finanziert, sind vermögende Privatpersonen, Stiftungen und das Land Berlin über die IBB investiert. Gemein haben alle Anleger, dass sie offen für innovative Ideen sind, auch wenn diese nicht in ein herkömmliches und gewohntes Anlageschema passen und hohe Anforderungen an die Transparenz der Anlageprodukte sowie deren Wirkung haben.

Welche Renditen lassen sich mit Impact Investments erwirtschaften?

Oliver Hagedorn: Schauen Sie, in dieser Frage steckt die Chance für neues Denken. Aber nicht, wenn wir Rendite weiterhin als die alleinige Kennzahl für Ertrag und Wertsteigerung verwenden. Beispiel: Ich biete Ihnen an, in Ihrem Garten Erdöl zu fördern, das bringt 15% Rendite und den Verzicht auf schöne Stunden mit Ihrer Familie im Garten. Alternativ bauen wir eine Solaranlage auf Ihr Dach, die bringt nur 7%. Dafür können Sie Ihren Garten weiterhin genießen. Wie entscheiden Sie? Natürlich müssen Impact-Investments auch eine finanzielle Rendite erwarten lassen, sonst würde ja kaum jemand investieren. Denn die meisten Investoren haben Verpflichtungen, die sie erfüllen müssen. Bei den Renditeprofilen von Impact Investitionen, wie auch bei den Risikoprofilen, existiert, wie bei allen anderen Anlagen auch, eine hohe Bandbreite. Sie reicht von niedrigen einstelligen bis hin zu niedrigen 2-stelligen Ergebnissen.

Wo liegt der Unterschied zwischen dem Investieren nach ESG-Kriterien und Impact Investing?

Oliver Hagedorn: Investitionen nach ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Governance) und Impact Investitionen zählen beide zu den nachhaltigen Kapitalanlagen. Impact Investments sind innerhalb der nachhaltigen Kapitalanlagen die Investitionsform, welche am konsequentesten einen sozialen oder ökologischen Mehrwert im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung bewirken. Eine Investition nach ESG-Kriterien lässt in der Regel den geforderten Vorsatz zur Erzielung einer sozialen oder ökologischen Rendite vermissen. Zudem erfolgt keine konsequente Messung eines sozialen oder eines ökologischen Mehrwerts.

Werden diese Art von Investments die Welt verbessern können? Kann man die Wirkung messen?

Oliver Hagedorn: Sie tun es bereits. Aber die Realität ist auch, wir stehen erst am Anfang die Chance zu nutzen, mehr Geld in wirklich nachhaltige und wirkungsorientierte Investitionen zu lenken. Erfolgt eine Impact Investition mit dem Vorsatz einen messbaren sozialen oder ökologischen Mehrwert zu erwirtschaften, wird auch ein Beitrag zu einer besseren oder nachhaltigeren Welt generiert. Denken Sie an die eingangs erwähnten Kleinkredite. Durch den Zugang zu Kapital konnten bereits messbar Millionen Menschen aus bitterer Armut eine tragfähige Existenz aufbauen. Oder ein Beispiel aus der Mitte unserer Gesellschaft: Discovering Hands bildet blinde Frauen zu medizinisch taktilen Untersucherinnen aus und nutzt deren Fähigkeiten bei der Brustkrebsvorsorge. Impact ist messbar, dies ist in der Regel jedoch nicht trivial und häufig auch nicht standardisierbar. Aber Achtung: Nicht überall wo „Impact“ draufsteht, ist auch Impact drin. Daher ist es notwendig, immer mit gesundem Menschenverstand einen Blick auf das konkrete Investment zu legen.

Herr Hagedorn, vielen Dank für das Gespräch.

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