Philipp Achenbach: Der Wirecard-Skandal und seine Auswirkungen

Interview mit Philipp Achenbach
Philipp Achenbach ist Manager und Gesellschafter für die TauRes Gesellschaft für Investmentberatung mBh. Mit ihm sprechen wir über den Wirecard-Skandal und die Qualitätsentwicklung durch Ausweitung der Dax-Unternehmen.

Der Wirecard-Skandal hat bei der Deutsche Börse für Reformbemühungen, um eine Neuausrichtung von Deutschlands wichtigstem Aktienindex geführt. War dieser Schritt längst überfällig, was denken Sie über die Reform?

Philipp Achenbach: Der Schritt war auf jeden Fall überfällig. Wobei man sich aktuell eher die Frage stellen muss, ob es sich bei den jetzigen Schritten nicht um Aktionismus handelt.

Es ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits geht der Investmenttrend zu Ethik und Nachhaltigkeit, anderseits sollen auch Waffenhersteller aufgenommen werden, wie das Deutsche Aktieninstitut vorschlägt – wie passt das zusammen, dürfen „unethische“ Unternehmen überhaupt ausgeschlossen werden?

Philipp Achenbach: Ein Index kann schon rein systemisch nicht sinnvoll ethische oder nachhaltige Kriterien berücksichtigen, da es sich beim Index nur um die Bewertung vergangener Performance oder ggf. der Inhaberstruktur der Unternehmen drehen sollte. Um sinnvoll ethisch nachhaltige Ausrichtung in die eigene Geldanlage einfließen zu lassen, sollten aus unseree Sicht aktive Investmentfonds genutzt werden. Nur hier werden die Fondsmanager auf Kontorversen individuell reagieren können. Wenn in den Dax ethische Kriterien einfließen würden, müsste man sich die Frage stellen, wer diese Kriterien aufstellt, wer sie kontrolliert und was passiert, wenn Unternehmen im Index Skandale verursachen. Dies kann und sollte ein Index nicht liefern müssen, sondern er sollte einfach nur die Entwicklung des Marktes darstellen und dabei keine subjektiven Färbungen einzelner Ersteller von Kriterien widerspiegeln.

Deutsche Börse-Vorstand Weimer wünscht sich zudem eine Ausweitung des Index auf 40 statt 30 Dax-Unternehmen, gleichzeitig sollen die Voraussetzungen für die Aufnahme erhöht werden. Führt dies wirklich zu mehr Qualität?

Philipp Achenbach: Dem DAX muss man den Vorwurf machen, dass er noch immer nicht die gesamte Wirtschaft und vor allem kaum digitale Unternehmen widerspiegelt. Eine Verbreiterung könnte demnach mit den richtigen Kriterien dazu führen, dass der Dax wirklich ein Querschnitt der Wirtschaft wird. Allerdings ist die absolute Zahl dabei sicherlich nicht maßgebend.

Investiert Ihr Unternehmen in den DAX? Würden Sie es privaten Kapitalanlegern raten?

Philipp Achenbach: Wir empfehlen grundsätzlich keine ETF oder sonstige Indexprodukte. Die Investition in passive Instrumente erhöht nur immer weiter die Einflussmöglichkeiten der großen Investmenthäuser wie Blackrock, UBS oder Vanguard. Es wird dabei ohne Kontrollmöglichkeit der Geldgeber – aufgrund von Kostenreduktion um jeden Preis – Stimmrecht und Möglichkeit des Dialoges mit Unternehmensverantwortlichen in die Hände von Investmentbanker abgegeben. Wir betrachten diesen Trend mit Sorge.

Herr Achenbach, vielen Dank für das Gespräch!

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