Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Generell sollte ein Depot breit aufgestellt sein

Interview mit Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt
Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt ist Inhaber WEHRT – Unabhängige Beratungsdienstleistungen in Finanzen und Kredit GmbH. Mit ihm sprechen wir über steigende Benzinpreise, Rohstoff-ETFs sowie Investitionen.

Das Thema Rohstoffe wird durch steigende Benzin- und Bauholzpreise immer präsenter. Auch die Rohstoff-ETFs werden für Anleger beliebter. Können Sie das Wort R.-ETF genauer umschreiben?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Rohstoff-ETF sind ETF. Es handelt ich somit um an der Börse gehandelte Fonds, welche die Kursentwicklung einer Gruppe von Aktien nachbilden, die typischerweise in einem Index (DAX, Dow Jones, MSCI) gewichtet sind. Gewinn und Verlust eines ETF entsprechen den Gewinnen und Verlusten des entsprechenden Börsenindex. Das ist jedenfalls das Ziel von ETF. Beim Rohstoff-ETF werden die Kursentwicklungen einer Gruppe ausgewählter Rohstoffaktien, die in einem Rohstoffindex enthalten sind (z.B. NYSE Arca Gold Miner) nachgebildet.

Wie investiert man in breit gestreute Rohstoffe?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Sicherlich meinen Sie: „breit gestreut in Rohstoffe“. Die Antwort ist in Ihrer Frage bereits enthalten. Eine breite Streuung stellt das A & O einer nachhaltig sicheren Geldanlage dar. Vertreten sein sollten Aktien von Unternehmen, die diverse Rohstoffmärkte bedienen, aber ebenso sollte auf eine breite Länderstreuung geachtet werden. Wenig interessant sind Rohstoffaktien von Unternehmen, die auf schrumpfenden Märkten präsent sind. Dazu könnte in Zukunft die Mineralölbranche gehören. Der Fokus der Anlage liegt bei den meisten Investoren darauf, die Zukunftsentwicklungen auf den Rohstoffmärkten vorauszuahnen. Zurzeit spielen daher solche Aktien eine große Rolle, die den Umbau zu einer nachhaltigen klimaneutralen Wirtschaft unterstützen. Soweit allerdings die Akteure des Aktienmarktes Negativentwicklungen in den schrumpfenden Sektoren mit Kursabschlägen sanktionieren, welche den fundamentalen Abschwung der Branche übertreiben, bleiben auch Engagements in schrumpfende Märkte interessant.   

Warum lohnt sich ein Rohstoff-Wertpapier Investment vor allem für Privatanleger, wie es heißt?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Der Privatanlager interessiert sich nicht für die analytische Prüfung der langfristigen Chancen und Risiken in einem Unternehmen oder einem Sektor. Dazu fehlt ihm überdies der Einblick und häufig auch das instrumentelle Rüstzeug. Mit den ETF folgt er den Einschätzungen der Akteure des Gesamtmarktes, bei denen davon ausgeht, dass diese mehr Einblick und eine größere Expertise haben. Auch so mancher Patient, vor der Wahl einer konservativen oder einer chirurgischen Behandlung stehend, schaut darauf, wie sich die Ärzte verhielten, die für selbst für eine Operation am eigenen Leib eine entsprechende Therapiewahl trafen. Der Nachteil von ETF ist, dass die Fonds den eigentlichen Index nachbilden. Bei den ETF-Anlegern handelt es sich somit immer um die Letzten, die auf einen bereits fahrenden Zug aufspringen.

Sind Rohstoff-ETFs eine sinnvolle Ergänzung im eigenen Depot?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Ganz generell sollte ein Depot breit aufgestellt sein. Wer sich mit sektoral orientierten ETF eindeckt, benötigt, um den Gesamtmarkt abzubilden, sicherlich auch R-ETF. Wer einen ETF bezogen auf einen breit gestreuten, den Gesamtmarkt abbildenden Index erwarb, sollte R-ETF dann zusätzlich in sein Depot nehmen, wenn er mit einer fulminanten Entwicklung in diesem Bereich rechnet. Derzeit sind die Rohstoffaktien recht hoch bewertet. Es könnte schon wieder ein Fall von Übertreibung vorliegen. Daher ist Vorsicht angesagt.  

Was müssen potentielle Anleger beim Investieren in Rohstoff-ETFs beachten?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: ETF verschärfen die Volatilität der Märkte, da der ETF-Anleger stets prozyklisch handelt. Anleger sollten sich des Umstands stets bewusst sein, dass sie auf eine sog. „Schwarmintelligenz“ vertrauen, die das Auf und Ab der Märkte verschärft. Zudem sind sie im Schwarm immer die letzten, die noch eben vom sinkenden Schiff flüchteten oder die sich an einer Hausse beteiligten.

Sind Investitionen in Rohstoffe immer riskant und wie volatil ist deren Preisentwicklung?

Prof. Dr. rer. pol. habil. Klaus Wehrt: Die Preisentwicklung von Rohstoffen ist im Vergleich zu den Preisveränderungen bei kurz- und langlebigen Konsumgütern stets erratischer, also sprunghafter, und höchst volatil. Der Ölpreis liefert dafür ein beredtes Beispiel. Der Preis für das Barrel Öl lag in der Spitze im Jahr 2014 bei 120 Dollar, im März 2020 dagegen im Tiefpunkt nur bei 25 Dollar. Derartige Preisausschläge gibt es auf anderen Märkten höchst selten.

Herr Wehrt, vielen Dank für das Gespräch!

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