Ralf Degenhart: Nachhaltigkeit in der Finanzbranche nimmt stetig zu

Interview mit Ralf Degenhart
Ralf Degenhart ist Finanzvorstand der Debeka in Koblenz. Mit ihm sprechen wir über Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten, Nachhaltigkeit sowie klassische Kapitalanlagen.

Welche Investitionen sind umweltfreundlich und was zählt zu nachhaltigen Geldanlagen?

Ralf Degenhart: Grundsätzlich sind dies Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten, welche keine Belastung für die Umwelt bedeuten. Dies können umweltfreundliche Technologien sein, wie beispielsweise erneuerbare Energien, nachhaltige Transport- oder Recyclinglösungen. Die EU-Kommission hat in Ihrer Taxonomie-Verordnung – in der es um die Erleichterung nachhaltiger Investitionen geht – eine Definition ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten veröffentlicht. In Art. 2 des Regelwerks ist festgelegt, dass: „umweltfreundliche“ Investitionen bzw. „ökologisch nachhaltige Investitionen“ Investition, in eine oder mehrere Wirtschaftstätigkeiten sind, die gemäß dieser Verordnung als ökologisch nachhaltig gelten. Aktuell laufen die ersten Diskussionen zur Definition einer „sozialen Nachhaltigkeit“, also welche Kapitalanlagen unter dem sozialen Aspekt als nachhaltig anzusehen sind.

Der Umweltgedanke wird in vielen Bereichen immer wichtiger. Welche Rolle spielt der Klimaschutz bei Geldanlagen?

Ralf Degenhart: Die EU-Taxonomie ist gegenwärtig die Messlatte für Klimaschutz-Investments. Viele Finanzunternehmen entwickeln derzeit Lösungen, um die Themen Klimaschutz und Geldanlagen gemäß den Vorgaben zusammenzubringen. Technologien bzw. Geschäftszweige, deren Ziel es ist, den Klimawandel zu vermeiden oder die Folgen des Klimawandels zu mildern, könnten dadurch profitieren.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in der Finanzbranche behandelt?

Ralf Degenhart: Banken und Versicherungen beschäftigen sich gegenwärtig verstärkt mit dem Thema Nachhaltigkeit. Das Bewusstsein für und der Einfluss von Nachhaltigkeit in der Finanzbranche nehmen stetig zu. Der regulatorische Einfluss steigt mit den Vorgaben aus dem EU-Aktionsplan und den Strategien auf europäischer und nationaler Ebene. Beispielsweise gab die Bundesregierung mit der Veröffentlichung der Sustainable Finance-Strategie bekannt, dass Deutschland zu einem führenden Sustainable Finance-Standort entwickelt werden soll. Nachhaltigkeit ist mittlerweile so zum Beispiel auch eines der regelmäßigen Themen in Finanzzeitschriften.

Wie rentabel und sicher sind nachhaltige Geldanlagen im Vergleich zu klassischen Kapitalanlagen?

Ralf Degenhart: Anlagen in Investmentvermögen, welche bei Ihrer Titelauswahl ESG-Kriterien berücksichtigen, also aus dem Bereich Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance), sind in ihrer Rentabilität genauso gut wie herkömmliche Fonds. Durch das Thema ESG wird vielmehr die Risikobetrachtung der Portfolien um einen weiteren Faktor ergänzt, so dass es möglich ist, die Rendite aufrecht zu erhalten bei der Reduzierung von Risiken im Fondsvermögen. Insbesondere werden Kursverluste durch den Ausschluss einzelner Titel vermieden, welche auf umweltschädlichem Verhalten oder Reputationschäden der Unternehmen basieren können. Eine alleinige Auswahl der nachhaltigsten Unternehmen hingegen führt zu einer Art Branchenkonzentration und liefert eine unzureichende Diversifikation im Portfolio.

Was steckt hinter dem FNG-Siegel und für wie sinnvoll halten Sie diese Zertifizierung?

Ralf Degenhart: Das FNG-Siegel ist (nach eigenen Aussagen) der Social Responsible Investment-Qualitätsstandard auf dem deutschsprachigen Markt. Es stellt eine Auswahlhilfe für Endanleger dar, die nach soliden, professionell verwalteten und glaubwürdigen Nachhaltigen Geldanlagen suchen. FNG unterscheidet zwischen Nachhaltigen Geldanlagen und verantwortlichen Investments. Nachhaltige Geldanlagen ist die allgemeine Bezeichnung für nachhaltige Produkte und Anlagevehikel, die ökologischen, sozialen und Governance-bezogenen Aspekte explizit in ihren Anlagebedingungen berücksichtigen. Es beinhaltet eine schriftlich formulierte Anlagepolitik zur Nutzung von ESG-Kriterien. Verantwortliche Investoren und Asset Manager gestalten ihre Investmentprozesse unter angemessener Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und Governance-bezogenen Aspekten und wenden entsprechende Anlagestrategien an. Sie richten sich nach öffentlichen Standards und Prinzipien, halten ihre Strategie zum verantwortlichen Investieren schriftlich fest und informieren über ihre Aktivitäten, Anlagestrategien und ESG-Grundsätze.

Herr Degenhart, vielen Dank für das Gespräch!

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