Bert-Ardo Spelter ist Geschäftsführer der ICFB GmbH. Im Interview spricht er über die Entwicklung der Tech-Aktien und rät mit einem Teil des Vermögens zur Absicherung.

Die großen Indizes Dow Jones, DAX oder Nikkei verzeichnen regelmäßig neue Höchststände. In deren Fahrwasser starten Tech-Aktien voll durch. Wo gibt es noch Einstiegs-Potenzial?
Bert-Ardo Spelter: Der Dow Jones befindet sich nahe seinem Höchststand und ist mit einer Bewertung von 23 KGV rezessionsbedingt teuer. Springt die Wirtschaft wieder an, dürfte auch der DOW neue Höchststände erreichen.
Der DAX ist aktuell mit ca. 12.700 Punkten weit vom Höchststand (13.788 Punkte am 20.02.2020) entfernt. Das aktuelle DAX KGV ist mit ca. 68 aktuell sehr hoch, jedoch nächstes Jahr dürfte das KGV schon auf 18,4 sinken und selbst in diesem Jahr liegt die Dividendenrendite bei 2,9%. Sichere Bundesanleihen erbringen bis zu den längsten Laufzeiten von 30 Jahren eine negative Verzinsung.
Der Nikkei erreichte am 29.12.1989 seinen Höchststand von knapp 39.000 Punkten. Mit 24.325 Punkten besteht theoretisch noch viel Luft nach oben bis zu den alten Höchstständen. Aktuell liegt das KGV bei ca. 41 und dürfte 2021 auf 24 sinken. Die japanischen Unternehmen sind mit einem aktuellen Buchwert von 1,87 und einer Dividendenrendite von 1,71% relativ günstig bewertet.
Die Tech-Aktien, am Beispiel Nasdaq notieren nahe Höchstständen, was jedoch wegen dem Corona bedingten Technologie-Boom auch größtenteils gerechtfertigt ist. Sobald die Corona-Pandemie unter Kontrolle kommt, dürften die Substanz-, Dividenden- und zyklischen Werte zeitweise eine bessere Performance als Technologiewerte erzielen.
Kann man den Anstieg der Tech-Werte Amazon, Apple, Netflix und Tesla fundamental erklären?
Bert-Ardo Spelter: Fundamental überzeugen uns die Zahlen von Amazon am stärksten, dann folgen Apple und Netflix, wobei Netflix wegen neuer Konkurrenten wie Disney Gegenwind bekommt und dadurch etwas langsamer wachsen dürfte. Tesla ist bei der extrem hohen Bewertung eine Glaubensfrage. Hier könnten beispielsweise VW und Toyota aufholen und Tesla am Schluss doch noch überholen.
Alle Welt spricht von Gold als sicheren Anlage-Hafen. Soll man trotzdem dem Trend der Tech-Werte folgen und Aktien kaufen?
Bert-Ardo Spelter: Wir empfehlen beides zu tun. Einerseits einen Teil des Vermögens als Absicherung gegen eine mögliche Finanzkrise in Gold zu investieren; andererseits gehören die zukunftsweisenden globalen Tech-Unternehmen in jedes Depot.
Wo sehen Sie das größte Wertsteigerungspotenzial bei den nicht etablierten Werten?
Bert-Ardo Spelter: Wir empfehlen diesen Bereich mit Investments im Segment Private-Equity oder in der Breite mit Investments in Wachstumssegmente einschließlich Small-Capps abzudecken.
Ist es ratsam, jetzt Gewinnmitnahmen zu machen und zu verkaufen, wenn man bereits an den Kursanstiegen gut verdient hat?
Bert-Ardo Spelter: Unabhängig von Einzelwertsituationen könnte in einer Übertreibungsphase der Aktienmärkte, die wir aktuell noch nicht sehen, ein selektiver temporärer Ausstieg erfolgen. Hierzu benötigt man einen genauen Fahrplan und konkrete Einschätzungen zum Markt oder auch einzelnen Werten, damit der Wiedereinstieg zu günstigeren Kursen gelingen könnte.
Wie robust wird sich z. B. der Tec-Dax im Zuge der Corona-Krise Ihrer Meinung nach zeigen?
Bert-Ardo Spelter: Angesichts der anhaltenden Geldflut der europäischen Zentralbank und wegen fehlenden attraktiven Anlagealternativen zu Aktien dürften auch die 30 Tech-DAX-Werte weiter zulegen können.