Technologie demokratisiert die Vermögensverwaltung – Guido vom Schemm

Interview mit Guido vom Schemm
Guido vom Schemm ist Geschäftsführer der GVS Financial Solutions GmbH. Im Interview spricht er über die Zukunft der klassischen Vermögensverwaltung und die Generationenunterschiede bei der Akzeptanz von Robo Advisorn.

Was ist bei der Auswahl einer Vermögensverwaltung wichtig?

Guido vom Schemm: Das entscheidende Kriterium für den Anleger sollte doch sein, passt der Vermögensverwalter und dessen Strategie zu seinen Anlagezielen und –wünschen. Wenn der Anleger die Strategie und die Anlagebedingungen des Vermögensverwalters vollständig versteht und der „Nasenfaktor“ passt, ist dies eine gute Basis für eine fruchtbare, dauerhafte Partnerschaft. Letztendlich ist es doch wie in einer Ehe, denn erst bei Turbulenzen, egal ob Börse oder Ehepartner, zeigt sich, ob die Basis stimmt.

Sind Robo Advisor auch eine Art Vermögensverwalter?

Guido vom Schemm: Robo Advisor unterscheiden sich nicht substantiell von einem Vermögensverwalter. Lediglich die Art des Vermögensmanagements und das Kundenerlebnis können differieren, da Robo Advisor stärker technikgetrieben sind. Bei unseren Anlagestrategien wird die Asset Allokation ebenfalls durch Algorithmen und systemische Regeln bestimmt, die dahinterliegende IT und den Softwareeinsatz bleiben im Hintergrund, so dass der Kunde letztendlich dies nicht spürt. Beim Robo Advisor wird die Technik u.a. mittels App in den Vordergrund gestellt und als etwas Neues verkauft.

Versuchen Robo Advisor eine Vermögensverwaltung quasi nachzumachen?

Robo Advisor sind keine revolutionäre Erfindung, sondern technologisieren die klassische Vermögensverwaltung. Dies ist meines Erachtens auch eine Generationsfrage, da die Robos mehrheitlich durch Jüngere gegründet werden. Durch die Technologie wird die Vermögensverwaltung demokratisiert, da sich jetzt auch kleinere Summen dank hohem Technikeinsatz effizient verwalten lassen. Die Geldanlage wird dadurch spielerisch möglich, bestes Beispiel dafür ist die US-Plattform „Robin Hood“.

Fehlt Robo Advisorn die menschliche Logik und Intuition, beispielsweise wenn der Markt verrücktspielt?

Guido vom Schemm: Diese Eigenschaft fehlt den Robos nicht, sie blenden diese aber mit ihrer meistens regelgetriebenen Logik komplett aus, da u.a. die Skalierung des Geschäftsmodells schwieriger würde. Beim Branchenprimus Scalable Capital wurde dies in der jüngsten Krise deutlich.  Das Ergebnis ist für die Anleger sicherlich nicht zufriedenstellend, dürfte aber keinen Anleger überraschen, wenn – ich betone, wenn – ein Anleger die Strategie wirklich verstanden hat. Wir glauben fest an ein Zusammenspiel von regelbasierten Prozessen und der menschlichen Expertise sowie Marktgefühl. Dies hat uns und unsere Kunden sehr gut durch die Krise gebracht, da wir a) vor der Krise eine Aktienquote nahe Null hatten und b) Ende März aufgrund der Datenlage alternativlos Aktien gekauft haben.

Wie hoch sind die Kosten einer klassischen Vermögensverwaltung?

Guido vom Schemm: Dies ist schwer in einer Zahl zusammenzufassen. Durch die verschiedenen Vergütungsmodelle, u.a.  Honorar, Managementfee und/oder Performance Fee, gibt es einen bunten Mix am Markt. Je nach Volumen könnte eine klassische Vermögensverwaltung zwischen 0,5% und 1,5% p.a. an Honorar vereinnahmen. Kosten sind sicherlich ein wichtiger Aspekt für den potentiellen Kunden, jedoch ist der Maßanzug entscheidend. Wenn der Kunde einen günstigeren Vermögensverwalter auswählt, dieser aber nicht zu 100 Prozent zu seinen Anlagezielen und Risikoempfinden passt, wird die Partnerschaft nur von kurzer Dauer sein. Vermögensverwaltung ist schließlich ein Marathon und kein Sprint.

Wird die klassische, menschliche Vermögensverwaltung aussterben?

Guido vom Schemm: Ich bin der festen Überzeugung, dass die menschliche Vermögensverwaltung nie aussterben wird. Ob diese Dienstleistung für eine breite Masse zugänglich sein wird, kann bezweifelt werden, da die aufsichtsrechtlichen Hürden immer weiter zu nehmen. Viele unserer Kunden sind gestandene Unternehmer, die können selber eine Bilanz analysieren und bewerten. Unser Mehrwert sehe ich in der psychologischen Betreuung, um die gröbsten Anlagefehler konsequent zu vermeiden. Für viele unserer Mandanten war es schwierig, das Jahr 2020 mit einer sehr, sehr niedrigen Aktienquote zu starten, wo doch die Prognosen, beispielsweise für den DAX, sehr positiv waren. Anhand von Fakten konnten wir in persönlichen Terminen die Kunden von unserer Einschätzung überzeugen. Analog lief der Prozess Ende März ab, da die Banken ihre Prognosen kappten und Crashpropheten Hochkonjunktur hatten. Nur durch intensive Gespräche konnten wir unsere Kunden gedanklich mitnehmen, warum eine Investition in Qualitätsaktien zu diesem Zeitpunkt alternativlos ist. Nur wie will ein Anleger dies individuell mit einer standardisierten App besprechen, wo jeder Anleger ein anderes Risikoempfinden und Anlageziel hat? Letztendlich ist und bleibt die Vermögensverwaltung people´s business.

Herr vom Schemm, vielen Dank für das Gespräch.

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