Thomas Benz: Das Umdenken vom Verbrenner zum Elektroauto

Interview mit Thomas Benz
Thomas Benz ist stellvertretender Leiter der Abteilung Finanzierung Energie und Infrastruktur bei der UmweltBank AG in Nürnberg. Im Interview sprechen wir mit ihm über den Branchenkampf zwischen Autoindustrie und Stromanbietern sowie das Spitzenglättungsgesetz.

Im Gesetzesentwurf aus dem Altmaier-Ministerium zur „Spitzenglättung“ drohte ein Branchenkampf zwischen Autoindustrie und Stromanbietern zu werden. Können Sie uns mehr zu den Plänen aus der Politik sagen und wer welches Interesse hat?

Thomas Benz: Unter dem Begriff „Spitzenglättung“ verbirgt sich die Möglichkeit große Verbraucher, z.B. Wallboxen für Elektroautos, zeitweise ferngesteuert vom Netz zu nehmen. Damit könnten drohende Überlastungen des Stromnetzes verhindert werden. Der Vorschlag wäre prinzipiell vorteilhaft für die Energiewirtschaft, denn diese hat ein Interesse an einem stabilen Netz und müsste deutlich weniger in noch stärkere Netze investieren. Die Autoindustrie sieht in diesem Vorstoß hingegen einen Nachteil, da das Laden von Elektroautos nicht über 24 Stunden am Tag garantiert werden könnte. Am Ende werden wir nicht um einen Kompromiss herumkommen, um beide Interessen unter einen Hut zu bekommen. Der Kompromiss könnte lauten, dass der Stromanbieter nicht komplett vom Netz genommen werden kann, sondern die Leistung vorübergehend gedrosselt wird.

Ein großer Kritikpunkt am Entwurf ist das Beispiel vom heimkommenden Arbeiter/in, der sein Elektroauto nicht laden kann, weil die Stromversorger ihm für Stunden den Strom abstellen können, wenn der Strombedarf steigt. Was halten Sie von der Kritik?

Thomas Benz: Diese Kritik verdeutlicht, dass mit dem Umstieg vom Verbrenner zum Elektroauto auch ein Umdenken stattfinden muss. Ein Verbrenner ist schnell vollgetankt und hat eine hohe Reichweite. Damit ist ein gewisses Lebensgefühl verbunden, dass sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt hat – egal ob sie diese Flexibilität nun benötigen oder nicht. Denn die meisten täglichen Autofahrten sind eher kurzweilig.

Nun kann man sich vorstellen, dass es zu Netzproblemen kommen kann, wenn nach Feierabend zur gleichen Zeit die Mehrheit der Bevölkerung das Elektroauto zuhause aufladen möchte. Dadurch kann es sinnvoll sein, den Ladeprozess über die Nacht zu verteilen, denn in rund 2 Stunden kann der Strom für rund 100 Kilometer mit einem 11-kW-Stromanschluss getankt werden – genug für den durchschnittlichen Berufspendler. Auch das Thema Speicher bekommt zumindest in den Sommermonaten eine ganz andere Bedeutung.

Spannend in diesem Zusammenhang wären auch Anreize, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er im Überfluss und günstig zu haben ist. Also beispielsweise Solarstrom an einem sonnigen Sommertag. Insgesamt dürfen wir Strom nicht länger als immer gegeben sehen, sondern sollten uns mehr Gedanken über eine effiziente Nutzung und Speicherung machen.

Stromkonzerne versuchen sich aus einem kostspieligen Ausbau des Stromnetzes zu winden, aber kann es dafür überhaupt Alternativen geben?

Thomas Benz: In früheren Zeiten siedelte sich die Industrie dort an, wo Energie erzeugt wurde. Heute kommt die Energie zur Industrie – also beispielsweise aus dem windreichen Norden in den Süden. Dafür muss das Stromnetz ausgebaut werden. Ergänzend betrachten wir insbesondere die Förderung dezentraler Solaranlagen auf Gebäudedächern und den Ausbau von Speicherkapazitäten als wichtige Bestandteile der Energiewende.

Wie wichtig ist das „Spitzenglättungsgs-Gesetz“ für Ihre Branche und wie sind Sie davon betroffen?

Thomas Benz: Ein entsprechendes Gesetz würde uns als Bank wenig bis gar nicht betreffen. Nichtsdestotrotz sind wir natürlich daran interessiert, dass die Politik die notwendigen Weichen für eine erfolgreiche Energiewende stellt. Hier spielt auch die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung eine wichtige Rolle.

Kann die Energiewende mit den erneuerbaren Energien gelingen? Was muss noch getan werden?

Thomas Benz: Ich bin davon überzeugt, dass die Energiewende mit den erneuerbaren Energien gelingen kann. Dabei darf jedoch nicht nur an die Erzeugung von Energie gedacht werden, sondern wir müssen uns auch mit der sinnvollen Verteilung, Speicherung und Nutzung des Stroms befassen. Im Idealfall wird Strom dort verbraucht, wo er erzeugt wird. Daher gehören für uns Elektroautos, Photovoltaikanlagen und Speicher zusammen.

Herr Benz, vielen Dank für das Gespräch!

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