Thomas Weinmann: „Private Equity etabliert sich zunehmend auch für Privatanleger“

Interview mit Thomas Weinmann
Thomas Weinmann und Julien Zornig gründeten vor acht Jahren mit Astorius einen Dachfonds für Private Equity Anlagen. Im Interview erklären sie ihr erfolgreiches Geschäftsmodell und warum sie regelmäßig eine Nettorendite von mehr als zehn Prozent ausweisen.

Die Aktie ist von einer Anlageform für Wenige noch Mitte der 90er Jahre in breiten Teilen der Bevölkerung in Deutschland angekommen. Würden Sie dem zustimmen?

Julien Zornig: Angesichts des seit Jahren anhaltenden extremen Niedrigzins-Niveaus haben auch immer mehr deutsche Anleger vermehrt in Aktien investiert. Im internationalen Vergleich sind die Deutschen nach wie vor aber nicht besonders stark am Aktienmarkt vertreten. Im vergangenen Jahr waren knapp zehn Millionen Deutsche in der einen oder anderen Form auf dem Parkett aktiv. Das entspricht einer Aktionärsquote von rund 15 Prozent und ist im Vergleich zu anderen Ländern eher niedrig.  Erfahrungen wie die Volatilität im ersten Halbjahr und auch der Skandal um Wirecard wirken entsprechend nach.

Thomas Weinmann: Anleger in Deutschland investieren in Aktienfonds, Zertifikate, ETF’s.  Das Handeln mit Aktien hat in Deutschland in der breiten Masse keine wirkliche Tradition. Der Sicherheitsaspekt durch die breitere Streuung überwiegt immer noch. Wir erleben ein deutlich gestiegenes Interesse in Private Equity-Anlageformen. Dabei liegt für viele Investoren die Attraktivität in der Langfristigkeit und der Sicherheit dieser Assetklasse. Private Equity – oder kurz PE – hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren mehr und mehr als Anlageform etabliert und seine Rolle als wichtiger Eigenkapitalgeber für die deutsche Wirtschaft gefunden.

Wie funktioniert Private Equity in einfachen Worten?

Thomas Weinmann: Die PE Fonds agieren als Kapitalsammelstellen und werben bei Investoren – das sind insbesondere Pensions- und Staatsfonds, Versicherungen oder Stiftungen, aber eben auch Family Offices und vermögende Privatpersonen – Geld ein. Mit der Zeichnung erwirbt der Investor einen bestimmten Anteil an dem aufgelegten Fonds. Aus diesem Fonds werden dann Anteile an Unternehmen erworben. Das können, je nach Fondsgröße, 8 bis 12 Unternehmen sein, manchmal weniger, selten mehr.

Warum sollte ich als Anleger in Private Equity Fonds investieren, anstatt in Aktien oder Immobilien?

Thomas Weinmann: In Deutschland wird die Anlage in Private Equity Fonds immer noch relativ stiefmütterlich behandelt, da vielen Mitarbeitern in Banken, bei Vermögensverwaltern und Family Offices die Erfahrungen fehlen. Alle Statistiken belegen jedoch, dass PE Investments über längere Zeiträume höhere Renditen bei moderaten Risiken generieren als Aktien und Immobilienanlagen. Dies hat auch gute Gründe.

Nämlich?

Thomas Weinmann: Die ganzheitliche Analyse beim Kauf von Unternehmen durch PE Fonds ist sicherlich ein Hauptgrund. Sie dauert regelmäßig mehrere Monate. Letztendlich dient diese sogenannte Due Diligence einzig und allein dem Sichern des einzusetzenden Kapitals und der Identifikation von Wertsteigerungspotentialen. Als Immobilienkäufer bekommt man ein Objekt von einem Makler angedient und hat hohe zusätzliche Transaktionskosten in Form von Grunderwerbssteuern. Aktienanleger kaufen oft Papiere, die Ihnen ihre Bank empfiehlt. Ein Einfluss des Aktionärs auf die Geschäftspolitik der Aktiengesellschaft ist – von Familienaktiengesellschaften einmal abgesehen – nicht realistisch.

Wie hoch sollte der Private Equity-Anteil der Vermögensanlage sein?

Julien Zornig: PE sollte immer eine Beimischung im Anlageportfolio sein. Dies ist – wie auch bei Immobilien – durch den illiquiden Charakter der Anlage bedingt. Sehr große Vermögen investieren bis zu 20 Prozent in Private Equity. Wir empfehlen unseren Kunden erst mal einen Aufbau von 10 Prozent ihres Anlagevermögens in Private Equity. Die Hauptkomponente einer Vermögensanlage bleibt aus unserer Sicht weiterhin die eigene oder auch Fremdimmobilien. Mit dieser Meinung befinden wir uns in guter Gesellschaft mit international agierenden Multi Family Offices, Vermögensverwaltern und Privatbanken.

Worauf sollte ein Investor bei Private Equity Anlagen achten?

Thomas Weinmann

Thomas Weinmann: Das diversifizierte Investieren in etablierte Unternehmen über PE Fonds ist aufgrund von Streuungsmechanismen relativ sicher und Verluste auf Investorenebene eher selten. Anders verhält es sich bei der Höhe der Renditen. Die Auswahl von PE Fonds entscheidend für die Erzielung von Überrenditen. Anders als bei Immobilien kennt man als Investor zum Zeitpunkt des Zeichnens in PE Fonds die einzelnen Unternehmen noch nicht, da diese erst im Laufe der Zeit erworben werden.

Wenn ich aber noch nicht weiß, in welche Unternehmen mein Fonds investieren wird? Wie trenne ich die Spreu vom Weizen?

Thomas Weinmann: Zur Auflösung dieser „Blackbox“ ist die Kenntnis der vorangegangenen Unternehmenstransaktionen eines PE Fondsmanagers interessant, aber auch nur eines von vielen Auswahlkriterien. In unserer Tätigkeit als Dachfondsmanager prüfen wir das PE Fondsmanagementteam auf Herz und Nieren. So analysieren wir die Nachhaltigkeit der Fondsstrategie, Alleinstellungsmerkmale, Erfahrung und den Teamzusammenhalt des Fondsmanagers, die Wettbewerbssituation sowie makroökonomische Parameter. Unsere Arbeit gleicht der eines volks- und betriebswirtschaftlichen Tiefenpsychologen.

Sie sagten gerade, Astorius ist ein Dachfondsanbieter. Was unterscheidet Ihr Geschäftsmodell von üblichen Private Equity Fonds?

Julien Zornig: Ein Dachfonds investiert in Private Equity Fonds, also nur indirekt in Unternehmen. Die Hauptaufgabe eines Dachfonds besteht in der Identifikation und der eben beschriebenen Prüfung von PE Fonds und der Aufbau eines Portfolios. Dadurch können Investoren mit geringeren Anlagesummen gestreut in PE investieren.

Private Equity? Ist das nicht eher etwas für sehr Vermögende?

Julien Zornig: Das gilt nur für direkte Investments in einem Private Equity Fonds. Natürlich ist die direkte Anlage in Private Equity Fonds nichts für Jedermann. Da ist zum einen die Hürde, dass viele Private Equity Fonds eine Mindestanlagesumme von 5 Millionen Euro oder mehr verlangen. Zum anderen öffnen sich PE Fonds aus regulatorischen Gründen vorrangig professionellen Investoren.

In den vergangenen Jahren hat sich ein neuer Markt unter neuer Gesetzgebung für Private Equity Anlagen etabliert. Astorius war einer der ersten Anbieter in diesem Segment. Wir haben also das Universum der Zielkunden deutlich vergrößert und sind führend in diesem Markt.

Aber der Einstieg ist immer noch kapitalintensiv?

Julien Zornig: Wir konnten mit unserem Geschäftsmodell die Einstieghürde deutlich senken. Unsere Mindestanlage beträgt 200.000 Euro. Seitdem wir mit dem Anlagehaus Paribus kooperieren, sind auch deutlich kleinere Summen möglich. Das beginnt mit einem Anlagevolumen in Höhe von 20.000 Euro.

Das klingt fast wie Private Equity für Jedermann…

Julien Zornig: Richtig ist, dass wir die Einstiegshürde deutlich senken konnten, und damit diese attraktive Anlageform einem deutlich breiteren Publikum zugänglich machen können. Richtig ist aber auch, dass 200.000 Euro – oder im Fall unseres Partners Paribus 20.000 Euro – immer noch viel Geld ist. Außerdem muss die Fristigkeit unserer Anlage zu den individuellen Anlagezielen unserer Investoren passen.

Welche Renditen versprechen Sie?

Thomas Weinmann: Die ersten Fonds zeigen bis dato eine durchschnittliche Nettorendite – also nach Abzug aller Kosten – von deutlich mehr als zehn Prozent per anno. Das ist im Vergleich zu den Renditen auf dem Aktienmarkt oder auch dem Immobilienmarkt für viele Anleger interessant.

In jüngerer Vergangenheit spielt das Thema „Nachhaltiges Investieren“ für viele Anleger eine immer größere Rolle…

Julien Zornig: Das stimmt. Der Begriff Nachhaltigkeit hat zwei Aspekte. Zum einen wird nachhaltiger Erfolg verstanden als dauerhaft oder langfristig. Im Gegensatz zu kurzfristigen, eher auf die Quartalszahlen fokussierte, Ergebnissen. Die zweite, eher neuere Verwendung des Begriffs Nachhaltigkeit ist den Standards der Unternehmensführung gewidmet. Die Kernfrage lautet dabei: Inwieweit achtet die Unternehmensführung auf soziale und ökologische Aspekte – die sogenannten ESG-Kriterien. Nachhaltige Investments vereinen diese beiden Prinzipien. Anleger, die solche Investments suchen, wollen verantwortungsbewusst und langfristig rentierlich Kapital anlegen. Weltweit ist im vergangenen Jahr das Anlagevolumen in nachhaltige Aktien-Fonds erstmals über die eine-Billion-Euro-Marke geklettert. 

Wenn der Kriterienkatalog für nachhaltige Investments derart lang ist, wie attraktiv sind und werden nachhaltige Kapitalanlagen für Anleger?

Julien Zornig: Es gibt einen klaren Trend. Allein im laufenden Jahr werden ESG-Aktien-Fonds mit einem Rekordvolumen von etwa 350 Milliarden Euro emittiert. Das war vor ein paar Jahren noch eine Anlageform für Insider, mit nur ganz wenigen Produkten am Markt. Durch die Klimaschutz-Debatte der vergangenen Jahre, ist das Thema aber mehr und mehr in den Fokus der Anleger – vor allem institutionelle – geraten. Viele Pensionskassen, Stiftungen aber auch kirchliche Einrichtungen haben mittlerweile einen signifikanten Anteil von ESG-Kapitalanlagen im Portfolio. Viele Private Equity Häuser haben sich schon vor mehr als zehn Jahren den UN-Prinzipien für nachhaltiges Investieren verpflichtet und die Charta unterschrieben. Gerade wenn es um die langfristig attraktive Anlage geht, sind nachhaltige Kapitalanlagen interessant.

In was für Unternehmen investieren Sie bevorzugt?

Thomas Weinmann: Wir wählen in einem sehr intensiven Prozess Fonds aus, die in mittelständische Unternehmen investieren. Das hat gleich mehrere Gründe: Die Preise für mittelständische Unternehmen sind in den vergangenen Jahren nicht so stark gestiegen, wie zum Beispiel im Large Buyout-Markt – also den Großunternehmen. Auch deshalb ist im sog. Small und Mid Cap Segment die Finanzierung der Kaufpreise durch Fremdkapital von geringerer Bedeutung. Zudem sehen wir in diesem Größensegment deutlich bessere Wachstumsmöglichkeiten für die erworbenen Unternehmen. Diese zeigen regelmäßig organische Umsatz- und Ergebniszuwächse von über 10% pro Jahr. Darüber hinaus, verfolgen die von uns präferierten PE Fondsmanager häufig sog. Buy-and-Built-Strategien. Hier werden nach dem Erwerb von Unternehmen durch sinnvolle weitere Unternehmenszukäufe größere Unternehmensgruppen gebildet. Aufgrund dieses Unternehmenswachstum erzielen dann im Verkauf die PE Fonds regelmäßig höhere Bewertungsmultiplikatoren. Unterm Strich sehen wir heute bei kleineren Transaktionen bis zu 10% höhere Renditeerwartungen der PE Fonds als bei großen Transaktionen.

Werden in Zukunft mehr PE-Angebote für Privatanleger auf den Markt kommen?

Thomas Weinmann: Wir waren 2013 mit dem ersten Produkt am Markt. Mittlerweile gibt es einige Wettbewerber. Die Assetklasse Private Equity bietet sehr attraktive Renditen bei einem überschaubaren Risiko. Insofern erwarte ich auch künftig weiter steigende Nachfrage.

Julien Zornig: An der lockeren Geldpolitik der Notenbanken und den niedrigen Zinsen wird sich auf absehbare Zeit nicht viel ändern. Das führt angesichts des weltweit vorhandenen Kapitals zu weiter steigenden Preisen an Aktienmärkten oder auch bei Immobilien. Viele Anleger stellen sich immer öfter die Frage, wie lange das noch gutgehen kann. Im Gegenzug ist der Anleihemarkt nicht wirklich attraktiv. Insofern ist Private Equity vor allem für institutionelle Investoren – wie Stiftungen oder Pensionskassen – seit langem ein wichtiger Baustein im Anlageportfolio. Und auch für private Anleger könnte es ein interessanter Markt sein.

Herr Weinmann, Herr Zornig, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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