Tilman Kriesel: Rendite für qualitätsvolle Kunst kennt keine Grenzen

Interview mit Tilman Kriesel
Tilman Kriesel ist unabhängiger Kunstberater in Hamburg. Mit ihm sprechen wir über Investitionen in die Kunst, Verbindung von Leidenschaft mit Rendite sowie Fachkenntnisse.

Wer in Kunst investiert, will oft Leidenschaft mit Rendite verbinden. Funktioniert auch oft, doch gerade bei diesem Investment sind Recherche und Fachkenntnis nötig. Dabei hat sich Kunst als Investment über die Jahre als sichere Kapitalanlage bewährt. Warum ist ein Totalverlust bei Kunstwerken fast komplett ausgeschlossen?

Tilman Kriesel: Ein Totalverlust tritt effektiv erst ein, wenn man die Freude an seinem Kunstwerk gänzlich verliert und es keinen Sekundärmarkt dafür gibt. Kunstliebhaber kaufen überwiegend nicht nach den Regeln des Marktes, sondern welche Arbeiten ihnen persönlich gefallen. Um eine wirtschaftliche Rendite zu erzielen, bedarf es tiefer Kenntnisse über die wertbeeinflussenden Faktoren – wie in jedem Markt. Der persönliche Geschmack lässt sich nicht zwangsläufig mit einem vielversprechenden Investment vereinen. Erfahrene Sammler haben ein geschultes Auge für Qualität und den Zugang zu Arbeiten, die am Markt auch langfristig bestehen. Die Rendite für qualitätsvolle Kunst kennt keine Grenzen.

Sammler betonen allerdings, dass Kunst keine reine Wertanlage ist. Was ist darunter zu verstehen?

Tilman Kriesel: Wer über den Wert spricht, meint oft den Preis – und vergisst den Wert einer emotionalen Rendite, welche unbezahlbar sein kann. „Die Kunst hat mich innerlich bereichert, wie kein materieller Besitz mir das je hätte gewähren können.“, dies ist ein Zitat meines Großvaters und Kunstmäzens Bernhard Sprengel, dessen Sammlung er noch zu Lebzeiten an das Sprengel Museum Hannover gestiftet hat. Auch wenn die positive Preisentwicklung eine Bestätigung für den Kauf einer Arbeit sein mag, so sollte man davon unbeeindruckt seine Entscheidungen treffen – um sie niemals zu bereuen. Kunst ist weit mehr als eine Investition, sie kann ein Leben auf unbezahlbare Weise bereichern. Die beste Investition war die, von der man sich nie wieder trennen möchte.

Oftmals ist es der diffuse Kunstmarkt, der potenzielle Anleger dann doch abschreckt. Warum ist der Kunstmarkt so undurchschaubar?

Tilman Kriesel: Allein schon die Vielzahl an Künstlern und deren Kunstproduktion ist kaum zu überblicken. Und dennoch verhält sich dieser Markt nicht anders als andere Märkte. Die Wertschöpfungskette bilden hier die besten Künstler, einflussreichen Galerien, die innovativen Kunstvereine oder etablierten Museen, die wichtigen Messen, Auktionen oder die meinungsbildenden Publikationen, die als Filter gute Orientierung bieten. Auch wenn die Preisgestaltung anfangs schwer nachvollziehbar sein mag, sie wird ebenso beeinflusst durch Angebot und Nachfrage.

Das Kunstgebiet ist riesig und reich an Gattungen und Stilrichtungen. Aber welche Kunstwerke sind als Investition geeignet?

Tilman Kriesel: Man kann den Markt gliedern, so wie man es aus dem Aktienmarkt kennt. Man spricht von emerging oder blue-chip artists – das Risiko spiegelt sich im Preis wider. Für die due-dilligence sind zahlreiche weitere Faktoren wichtig, ob ein Werk auch langfristig ‚trägt‘. So bewertet man die Provenienz, den Zustand, die Authentizität und nicht zuletzt das Motiv. Das Medium gibt der Künstler vor, die Größe, Materialität und konservatorische Anforderungen beeinflussen ebenso die Nachfrage und bestimmt damit den Preis, der bestenfalls durch einen Sekundärmarkt gestützt wird. Grundsätzlich sind es immer die Kunstwerke von höchster Qualität die begehrenswert sind, welche auch im Vergleich langfristig standhalten können. Letztlich gibt es davon weniger als man glaubt.

Auf welche steuerlichen Aspekte muss man beim Investieren in Kunst achten?

Tilman Kriesel: Der Kunstmarkt erstreckt sich global und umfasst eine entsprechende Vielzahl an steuerlichen Regelungen. Allein in Deutschland sei das Kulturgutschutzgesetz erwähnt, die Künstlersozialkasse, das Folgerecht und nicht zuletzt die Mehrwertsteuer. Doch es gibt auch gesetzliche Spielräume, die es erlauben Kunst steuerlich wirksam abzuschreiben oder steuerbegünstigt zu vererben. Regelungen im Ausland kann man sich hierzulande zunutze machen, indem man ein Werk im Ausland frei von Mehrwertsteuer steuerfrei erwirbt, um es nach Deutschland mit geringerer Einfuhrumsatzsteuer einzuführen. Die vollständige Dokumentation und die Begleitkosten wie Verpackung, Transport, Versicherung und Lagerung sind beim Kauf stets mit zu berücksichtigen.

Relativ neu im Kunstmarkt sind auch Art-Consultants. Wie können Kunstberater Anlegern effektiv helfen?

Tilman Kriesel: Schon Fürsten und Kaiser haben sich dem Rat unabhängiger Kunstberater anvertraut, welche in der Lage waren, das Angebot des Marktes zu überblicken, qualitätsvolle Werke zu identifizieren und den Zugang dazu hatten. Deren Zeit und Expertise, die Interessen des Auftraggebers bei Verhandlungen zu wahren, all das bietet auch heute einen unschätzbaren Mehrwert und macht eine gute Beratung aus. Ein Kunstberater unterstützt nicht nur im Kauf, sondern auch in der Strategie und im Umgang mit einer bestehenden Sammlung oder bei einem Verkaufsprozesses. Allein schon die Vermeidung von Fehlkäufen kann eine unabhängige Beratung rechtfertigen, am Anfang sollte die Orientierung im Markt im Vordergrund stehen, ein gutes Kunstwerk findet mit der Zeit fast zwangsläufig zu einem. Impulskäufe sind nur ratsam, wer sich mit dem Gesamtwerk vorher umfassender auseinandergesetzt hatte.

Man sollte kein Geld in ein Kunstwerk stecken, das man schnell wieder kapitalisieren muss. Worauf sollte man Ihrer Meinung nach bei einem Kunstinvestment noch achten?

Tilman Kriesel: Der Kauf von Kunst sollte nicht unter dem Druck einer kurzfristigen Investition stehen. Als Orientierung sagt man, 5 – 10% des Vermögens sollten maximal in Kunst investiert sein. Auch wenn nur vergleichsweise geringe Folgekosten anfallen, so ist Kunst erstmal ein illiquides Vermögensasset und wirft bestenfalls eine emotionale Rendite ab. Es ist nicht geeignet, um kurzfristig wieder gehandelt zu werden, auf sogenannte art-flipper reagiert der Primärmarkt empfindlich. Wer die richtigen Entscheidungen trifft, kann sein wirtschaftliches Investment vervielfachen. Bestenfalls wird das Kunstwerk nicht ins Depot gelegt, sondern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, publiziert und in eine Gesamtstrategie der Sammlung eingebunden. Eine Sammlung, im Gegensatz zu einer Ansammlung, kann dann auch mehr wert sein als die Summe seiner einzelnen Werke.

Herr Kriesel, vielen Dank für das Gespräch!

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