Trend zur Nachhaltigkeit – Andreas Enke (Geneon Vermögensmanagement AG)

Interview mit Andreas Enke
Andreas Enke ist Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG. Im Interview spricht der Vermögensberater über das Börsenbeben während der Corona-Krise und die langfristigen Trends am Finanzmarkt.

Aus Sicht eines Vermögensverwalters: Wie haben Sie das letzte Börsenbeben vor wenigen Monaten erlebt?

Andreas Enke: Es waren die wohl spannendsten Wochen meines mittlerweile 27-jährigen Berufslebens als Vermögensverwalter oder –berater. Eine Pandemie mit begleitendem Lockdown hatte sich bis dahin niemand vorstellen können. Dementsprechend heftig waren die Kursstürze an den Aktienmärkten, die wir in diesem Maße nie erlebt hatten.

Wir reagierten in unserer Vermögensverwaltung rechtzeitig. Nachdem die Pandemie in Norditalien ankam, war für uns offensichtlich, dass in diesem Jahr auf der Aktienseite wenig Gewinn zu erwarten sei. Bis zum 28.02.2020 reduzierten wir daher in allen Vermögensverwaltungen das Aktienrisiko auf 0%, so dass wir das Börsenbeben im März aus der Zuschauerperspektive anschauen konnten.

Und die drauffolgende Rallye?

Andreas Enke: Die kam für uns absolut unerwartet. Der Anstieg war nach den bisher geltenden Börsenregeln nicht zu erwarten und überraschte uns dementsprechend. Das die Aktienmärkte das mittlerweile berühmte „V“ schaffen würden, konnten wir uns nicht vorstellen.

Nachdem klar war, dass die konzertierten Aktionen auf fiskal- und wirtschaftspolitischer Ebene die Märkte nicht nur beruhigt, sondern regelrecht eingefangen hatten, investierten wir sukzessive wieder in die Märkte, wenn auch fast widerwillig. Für uns preisen die aktuellen Preise an den Börsen die bestmögliche aller Welten ein. Es wird spannend, wie der Markt auf Enttäuschungen oder neuen notwendigen Maßnahmen wegen der Pandemie reagieren wird.

Man kann sagen dieses Ereignis war nicht gewöhnlich. Wie schätzen die Langzeitwirkung ein?

Andreas Enke: Ganz erheblich. Die Notenbanken haben sich mit ihrer Geldpolitik jetzt endgültig als der entscheidende Faktor etabliert. Ergänzend hat die EU mit dem Recovery Plan Maßstäbe gesetzt, die bei richtiger Umsetzung sehr positive Impulse für unserem Kontinent setzen werden. Vielleicht wird in einigen Jahren ein positives Fazit zu den Ereignissen und den Reaktionen der Politik zu ziehen sein.

Was sind die Assetklassen, die Sie ihren Kunden empfehlen?

Andreas Enke: Aktien. Die Zinsen werden auf absehbare Zeit unattraktiv bleiben. Das Zeitalter des „Sparens“ ist vorbei. Wer Geld anlegen will, muss „investieren“, d.h. Risiken eingehen. Dazu ist das Zeitalter der Buy-and-Hold Strategien vorbei. Es wird weiterhin starke Schwankungen geben, die Menschen im Zweifel nicht aushalten. Zudem wird sich die Wirtschaft wandeln. Der Trend zur „Nachhaltigkeit“, also zu Unternehmen, die mit Ihrem Geschäftsmodell den Anforderungen der heutigen Zeit auf Augenhöhe begegnen, wird sich weiter verstärken. Viele Unternehmen werden profitieren, viele werden leiden und/oder untergehen. Diesem Wandel müssen wir mit offenen Augen entgegensehen.

Wie hoch ist die durchschnittliche Rendite, die Ihre Investoren erwirtschaften?

Andreas Enke: Im Aktienbereich der letzten drei Jahre: zwischen -2,9% in 2018, +22% in 2019 und derzeit -2% bis 08.2020.

Welche Assetklassen werden Ihrer Meinung nach in Zukunft besonders interessant sein?

Andreas Enke: Portfoliostrukturen, die zusätzlich zu den klassischen finanziellen Kriterien noch über ethisch – nachhaltige Kriterien verfügen, werden sich besser entwickeln, da sie die Zukunftsbranchen abbilden.

Investoren können auch eigenständig Aktien kaufen oder in Rohstoffe investieren. Was sind die wesentlichen Vorteile einer Vermögensverwaltungsgesellschaft?

Andreas Enke: Aktives Risikomanagement: die wenigsten Menschen haben die Zeit oder das Wissen, sich Ihrer Geldanlage so oft zu beschäftigen, wie es in Zukunft notwendig sein wird. Dazu der professionelle Research: bei der Produktauswahl ist ein genauer Blick hinter die Marketingkulissen der Gesellschaften notwendig.

Herr Enke, vielen Dank für das Gespräch.

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