Welche Anlageprodukte lohnen sich wirklich?

Interview mit Daniel Bossenz
Staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte, Immobilien, ETF’s etc. Der Markt bietet nahezu unzählige Möglichkeiten, sein Geld für das Rentenalter anzulegen und sich so privat abzusichern. Welche Produkte sich wirklich lohnen und von welchen man lieber die Finger lassen sollte, wird uns von Finanzcoach Daniel Bossenz, einem unabhängigen Investment- und Finanzmakler, erklärt.

Was verstehen Sie konkret unter „echter Anlageberatung“?

Echte Anlageberatung bedeutet in meinen Augen vor allem „kundenorientiert“. Die meisten Berater sind leider an die Interessen ihrer Arbeitgeber (Banken/Finanzvertriebe) gebunden und dies macht eine echte Anlageberatung in meinen Augen unmöglich. Ein sehr wichtiger Punkt ist auch die Ehrlichkeit dem Kunden gegenüber. So habe ich in den letzten Jahren von einem Immobilieninvestment meinen Kunden abgeraten. Der Markt war überhitzt und ein Immobilienerwerb für viele Kunden finanziell gesehen keine gute Idee, weil der Erwerb schlicht weg zu teuer war. Das Ergebnis sehen wir ansatzweise bereits heute und werden in den nächsten Monaten deutliche Preisrückgänge für Immobilien vor allem auf dem Land sehen. Gründe dafür sind die schlechten Wirtschaftsaussichten für Deutschland, steigende Finanzierungskosten und die Explosion der Energie und Heizkosten. Und natürlich habe ich beim Abraten eines Immobilienkaufs aktiv auf Geld verzichtet, da ich ja auch eine Finanzierung hätte vermitteln können. Der ein oder andere wird mir jetzt vielleicht dafür dankbar sein. Natürlich zählt auch Transparenz, Unabhängigkeit und Wertschätzung zu wichtigen Punkten in einer echten Anlageberatung.

Das Ziel Ihrer Beratung ist eine möglichst transparente Vergleichbarkeit der Produkte zu schaffen. Wie läuft der Beratungsprozess bei Ihnen im Detail ab, so dass Sie möglichst das passende Portfolio für den jeweiligen Kunden zusammenstellen können?

In der Regel versuche ich mich auf den Stuhl des Kunden zu setzen, mich also in seine Situation hineinzuversetzen und konzipiere dann eine erste Anlageidee, welche ich dann mit dem Kunden bespreche. Vorausgehend ist natürlich ein intensives Gespräch über Ziele, Wünsche, Sparpotenzial, Erfahrungen und Lebensplanung. Je mehr Informationen ich zur Verfügung gestellt bekomme, um so passender wird auch das Anlagekonzept. Das finale Konzept beinhaltet dann in der Regel ein diversifiziertes Investmentkonzept für kurz- mittel- und langfristige Ziele bestehend aus einem Mix von Immobilienfonds, Mischfonds, Branchen ETFs, Rohstoffen und aktiv gemanagten Investmentfonds.

Der Staat fördert einige Produkte zur Altersvorsorge. Empfehlen Sie ihren Kunden staatliche geförderte Altersvorsorgeprodukte wie Riester- und Rürup-Renten sowie Betriebliche Altersvorsorge?

In der Regel lohnen sich die staatlich geförderten Produkte für die meisten Verbraucher nicht. Dies hängt hauptsächlich mit den Nachteilen in der Auszahlungsphase, hohen Produktkosten und unflexiblen Gestaltungsmöglichkeiten zusammen. Diese Produkte lohnen sich in der Regel nur für den Vermittler, stehen aber in den meisten Fällen entgegen einer „echten Anlageberatung“. Der Bund der Versicherten bezeichnet die Riester-Rente sogar als „legalen Betrug“. Auch die betriebliche Altersvorsorge kann man nur in seltenen Fällen empfehlen. Damit dieses staatliche Produkt ein gutes Ergebnis liefert, müssen die Rahmenbedingungen passen. U.a. sollte der Vertrag fondsgebunden sein, ein gut strukturiertes Anlagekonzept aufweisen und der Arbeitgeber sollte mindestens 30-40% als Arbeitgeberbeitrag mit dazu steuern. Damit später keine teuren Sozialabgaben (Kranken- und Pflegeversicherung) das Auszahlungsergebnis deutlich schmälern, empfiehlt es sich, privat krankenversichert zu sein. Sind die Punkte erfüllt, so kann durchaus eine betriebliche Altersvorsorge auch ein zufriedenstellendes Ergebnis liefern.

Welche Produkte eignen sich zusätzlich zum Aufbau einer Privaten Altersvorsorge?

Die beste Altersvorsorge in meinen Augen sind immer noch Investmentfonds bzw. ein paar wenige ETFs. Diese Anlageform vereint: Flexibilität, gute Renditechancen und Risikostreuung. Dies bieten nur die wenigsten Anlageformen. Natürlich kann man ab einer gewissen Portfoliogröße auch Immobilien/Grundstücke und Sachwerte wie Kunst, Gold/Silber und Schmuck dazuzählen. Global investierende Investmentfonds können im Durchschnitt Renditen von 7-8 Prozent pro Jahr erwirtschaften. Dies zumindest unterstreichen die Daten aus den letzten 50 Jahren. Die aktuelle Schwäche der Märkte bietet nun eine einmalige Gelegenheit mit der Altersvorsorge zu beginnen, falls dies noch nicht erfolgt ist. Aktuell sind Investmentfonds/ETFs im Durchschnitt 30-40% günstiger als noch vor einem Jahr.

In Zeiten niedriger Zinsen ist das Sparen etwas anspruchsvoller geworden. Ist die Nachfrage nach kompetenter Beratung in den letzten Jahren gestiegen?

Seit der Corona-Krise beschäftigen sich die Leute mehr mit ihrem Ersparten. Im Zuge der steigenden Inflation fragen nun sogar die sehr konservativen Menschen an. Viele haben sich aber auch die „Finger verbrannt“ mit Bitcoins, Zertifikaten und Optionsscheinen, nachdem die Märkte ihren Aufwärtstrend gebrochen haben. Also ja. Die Nachfrage ist gestiegen und in meinen Augen auch wichtiger denn je, da man im aktuellem Marktumfeld sehr schnell Fehler beim Investieren machen kann. Meist sind Angst und Gier schlechte Berater.

Die Pandemie ist ein Digitalisierungstreiber. Wie stark mussten Sie ihre Prozesse und Abläufe anpassen?

In dem Punkt muss ich gestehen, dass die Corona-Krise und die damit verbundene Pflicht-Digitalisierung ein Segen war für meine Beratungsdienstleistung. Ich denke sogar in der gesamten Branche. Für mich bedeutet dies zwar nicht zwangsläufig mehr Freizeit, aber ein besseres Arbeiten durch mehr Flexibilität. Durch den vereinfachten Beratungsprozess in der Kundenberatung kann ich mich nun auch mehr auf die Investmentoptimierung und -betreuung kümmern, welche in der aktuellen Marktsituation wichtiger denn je ist. Denn jede Krise bietet auch eine unglaubliche Chance in Bezug auf gute Investments.

Herr Bossenz, vielen Dank für das Interview.

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