Der Aufreger diese Woche in der Immobilienbranche: Hamburg verbietet Eigenheime! Hintergrund ist die Änderung der Bebauungspläne für fünf Hamburger-Stadtteile, worin Eigenheime keine Baugenehmigung mehr erhielten. Hat das Eigenheim noch eine Zukunft oder werden andere Städte folgen?
André Heid: Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass das Eigenheim auch in Zukunft eine Rolle spielen wird. Aktuellen Umfragen zufolge hegen 70 bis 75 Prozent der Deutschen den Wunsch nach einem Eigenheim. Das Ein-Parteien-Haus wird so schnell also nicht verschwinden.Es darf jedoch ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass deutschlandweit sowohl die Mieten als auch die Kaufpreise für Häuser stark steigen. In Ballungsgebieten ist dieser Trend besonders ausgeprägt. Wohnraum wird immer knapper und die versiegelte Fläche muss effizienter genutzt werden. Vorteile hat das natürlich besonders für die Grundstücksbesitzer, die nun eine höhere Auslastung realisieren können. Dadurch maximiert sich die Flächeneffizienz und der Wert des Grund und Bodens steigt.
Flächenverschwendung für zu wenig Menschen, Verschwendung von Baumaterial und eine schlechtere Energiebilanz werden von Politikern ins Feld geführt bei der Argumentation gegen Eigenheime. Wie viel politisches Kalkül und wie viel Fakten stecken in den Aussagen?
André Heid: Grundsätzlich sind die deutschen Großstädte deutlich zu wenig in die Höhe gebaut worden. Hier ist sicherlich eine Menge Potenzial vorhanden, um einen Teil des Wohnraumbedarfs abzudecken. Es ist aber auch klar, dass das nicht ausreichen wird. Aufstockungen stellen nur ein Mittel zur Reduzierung des Nachfrageüberhangs dar – immanent wichtig für die Reduzierung des Raummangels und somit auch für die Zukunft von Eigentumswohnungen. Ob so jedoch die jahrelangen Versäumnisse bei der verfehlten Flächenpolitik in Ballungszentren wettgemacht werden können, ist fraglich. Ein Verbot von Einfamilienhäusern halte ich für wohlfeilen Aktionismus, um von vorangegangenen Verfehlungen abzulenken.
Sollte sich das neue Wohnideal der Grünen durchsetzen, hieße es rein in die sanierte Plattenbausiedlung und Ade Eigenheim. Ein realistisches Szenario?
André Heid: Nein. Sanierte Plattenbauten, wie wir sie kennen, erfüllen die Bedürfnisse vieler Menschen nicht. Sie werden nicht mehr zum Standard gehören. Momentane Entwicklungen lassen eher den Schluss zu, dass auch nach Corona immer mehr Menschen im Home-Office bleiben, sich der Wunsch nach mehr Wohnraum und besserer technischer Ausstattung also erhöhen wird. Gerade herkömmliche modular gebaute Mehrfamilienhäuser werden diesen Anforderungen nicht gerecht.
Wie sieht Ihrer Meinung nach das Wohnmodell der Zukunft aus in Deutschland?
André Heid: Dass sich etwas ändern muss, ist allen klar. Wie wir Menschen müssen auch unsere Wohnungen mit der Zeit gehen. Strikte Verbote und Eingriffe in die individuelle Selbstbestimmung sind dabei jedoch nicht der richtige Weg. Vielmehr muss im Neubau ein größerer Fokus auf moderne Wohnbaukonzepte in größerer Vielfalt gelegt werden.
Nachhaltigkeit lautet hier das Gebot der Stunde! Themen wie Cradle-to-cradle oder auch erhöhte Gebäuderesilienz – also die Möglichkeit, die Lebensdauer von Gebäuden durch leichte Umnutzbarkeit zu erhöhen – müssen daher mehr berücksichtigt werden. Gerade in diesen Bereichen muss die Politik in Deutschland Lösungsansätze bieten. Und das geschieht nicht durch das Verbot von bestimmten Wohnkonzepten. Ganz im Gegenteil, die hohe Regulierungsdichte verschlimmert weitenteils nur die Probleme, treibt die Preise in die Höhe und trägt nicht zur Entlastung des Wohnungsmarktes bei.
Mal angenommen, modernisierte Plattenbauwohnungen werden zum Standard. Hätte dies nicht, bezogen auf den Mietpreis, positive Auswirkungen für Bewohner?
André Heid: Wie vorhin schon angesprochen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass solche Wohnungen zum Standard werden. Betrachtet man jedoch einzig und allein den Faktor der Mietpreisentwicklung, ist das Argument natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Sofern die Fläche pro Person sinkt, ist das Kalkül also erst einmal richtig.
Diese Sichtweise wäre jedoch eindimensional. Gerade in Ballungszentren steigt die Anzahl der Haushalte rasant. Insbesondere der Trend hin zu Singlehaushalten ist dabei ein treibender Faktor. Gesamtgesellschaftliche Trends wie dieser würden den Effekt der sinkenden Mieten also schnell verpuffen lassen.