Das erste funktionsfähige Passivhaus war ein Schiff – Frank Müller

Interview mit Frank Müller
Frank Müller ist auf die Planung von energieeffizienten Häusern spezialisiert. Im Interview spricht er über Anforderungen und Kosten beim Bau von Passivhäusern.

Die Idee der Passivhäuser ist Jahrzehnte alt, was versteht man unter diesem Begriff?

Frank Müller: Tatsächlich war das erste funktionsfähige Passivhaus ein Schiff. Die „Fram“ wurde ab 1903 vom Norweger Fridtjof Nansen für eine Expedition zum Nordpol genutzt. Der Innenraum war dabei von 40cm dicken Decken und Wänden umgeben, welche mit natürlichen Dämmstoffen wie Kork und Tannenholz gefüllt waren. Am Ende hieß es in Ihrem Bericht, der Ofen wäre selbst bei -30°C kaum benutzt worden und könnte zur nächsten Expedition ausgebaut werden, so behaglich war das Klima im Inneren.

Heute gehört das Passivhaus zu den weiterentwickelteren Niedrigenergiehäusern und zeichnet sich noch immer durch eine besonders gute Wärmedämmung aus. Der Name „Passivhaus“ kommt daher, dass kein aktives Heizen stattfinden sollte. Passive Wärmequellen, wie die Abwärme von Personen und technischen Anlagen, decken den Großteil des Heizenergiebedarfes. Inzwischen werden jedoch wieder Heizungen eingebauten, da vor allem in der Übergangszeit oder an bewölkten Tagen nur wenig Solarenergie durch die Fenster gelangt.

Was ist der Unterschied der Passivhausbauweise gegenüber dem Massivhaus?

Frank Müller: Das Passivhaus ist ein Energiestandard, der bestimmte Anforderungen, wie z.B., dass ein Jahresheizwärmebedarf von 15kWh/(qm*a) nicht überschritten werden darf, einhält. Der Begriff Massivhaus bewertet die Art der Baustoffe, aus denen ein Haus gebaut wird. So kann ein Passivhaus in Holz-, Massiv- oder Mischbauweise umgesetzt werden.

Wir nutzen bei „Müller’s Büro“ hauptsächlich die Holzrahmenbauweise. Der Massivbau hingegen wird meist als Mauerwerk in Ziegel, Porenbeton, Beton oder Kalksandstein errichtet.

Sind Menschen, die sich für diese Bauweise entscheiden, nur grüne Hippies?

Frank Müller: Ja und nein. Anfangs haben sich überwiegend „grüne Hippies“ mit der Passivbauweise befasst. Sie waren sozusagen die Pioniere auf diesem Gebiet. Durch Weiterentwicklung der Technik und den Möglichkeiten in der Ausführung ist diese Bauweise über Jahrzehnte hinweg jedoch immer beliebter geworden. Auch das Umweltbewusstsein ist über die Zeit immer mehr Teil der Gesellschaft geworden. So sind unsere Kunden heute in gewisser Hinsicht viel weiter entwickeltere grüne Hippies von damals und treten als aufgeklärte, nachhaltig denkende Menschen in Erscheinung, denen die Umwelt am Herzen liegt.

Wie profitiert die Umwelt von Passiv- und Niedrigenergiebau?

Frank Müller: Zum einen durch den niedrigen Energieverbrauch und die Wärmegewinnung über passive Quellen. Zudem handelt es sich beim Holzbau um einen natürlichen Baustoff und nachwachsenden Rohstoff, der zu einer besseren Öko-Bilanz beiträgt. Auch während der Bauphase kann man mit reduziertem Material- und Energieverbrauch bauen und natürliche Ressourcen schonen. Gerade deshalb ist der Passivhausbau so eine zukunftsfähige Bauweise- sie ist nicht nur effizient, sondern schont zugleich auch noch die Umwelt.

Wie unterscheiden sich die Kosten zu den Massivhaus-Herstellern oder anderen Haustypen?

Frank Müller: In der Planungs- und Bauphase sind die Kosten eines Passivhauses im Vergleich zu dem konventionellen Bau höher. Das ist so zu begründen, dass ein Passivhaus besonderes Augenmerk auf passivhauszertifizierte Baukomponenten legen muss, um einen möglichst geringen Energieverlust verzeichnen zu können. Dabei sind Punkte wie eine sehr gute Dämmung und luftdichte Gebäudehülle besonders wichtig. Jedoch kommt es durch diesen niedrigen Energieverbrauch zu großen Einsparungen bei den Nebenkosten über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes. Somit ist ein Passivgebäude insgesamt nicht teurer, sondern über einen längeren Zeitraum sogar preiswerter und sparsamer als konventionell gebaute Häuser.

Kann man Passivhäuser individuell bauen?

Frank Müller: Ja! Jedes Passivhaus muss individuell geplant werden. Wenn ein Neuinteressent zu uns ins Büro kommt nehmen wir uns zuerst einmal viel Zeit für ein Erstgespräch. Dabei wollen wir nicht nur die besonderen Wünsche des Kunden aufnehmen, sondern diesen auch als Person kennenlernen. Ob es sich dann um ein kleines Einfamilienhaus, ein Bungalow, ein hochwertiges Landhaus oder eine Villa, oder aber auch um ein Mehrfamilienhaus handelt- heute ist alles möglich. Zudem ist ein individueller Entwurf nicht nur ein gestalterisches Muss, sondern auch eine spezifische Anpassung an den Standort und die dadurch notwendig werdende Technik.

Herr Müller, vielen Dank für das Gespräch.

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