Immobilien waren Spitzenreiter für gute Renditen mit wenig Schwankungen – Christin Ruf (Prodomus Immobilien)

Interview mit Christin Ruf
Christin Ruf ist Inhaberin von Prodomus Immobilien in Berlin. Im Interview spricht die Immobilienexpertin über Renditeimmobilien und warnt vor Risiken von Immobilieninvestments ohne ausreichende finanzielle Polster.

Immobilien gelten als solide Kapitalanlage und gerne als „Betongold“. Sind Immobilien wirklich eine so gute Investition?

Christin Ruf: Die Renditen bei Immobilien werden auf unterschiedliche Arten gewonnen. Zum einen sind da die jährlichen Renditen: Mieteinnahmen abzgl. Kosten für Finanzierung und Hausgeld. Ein Überschuss aus der Miete wird darüber hinaus noch versteuert, Verluste können im umgekehrten Fall die Steuerlast mindern. Welche laufenden Renditen also realisiert werden können ist höchst individuell abhängig davon, wer investiert.

Für alle gleich dagegen ist die Rendite durch Wertzuwachs. Dieser kann wiederum leider auch nur in der Rückschau sicher „vorhergesagt“ werden kann. Die letzten zehn Jahre jedenfalls haben Anlegern in den Ballungsgebieten Wertzuwächse bis zu 400% ihres eingesetzten Kapitals beschert. Bleibt die Frage, ob dieser Wertzuwachs bis in alle Ewigkeit fortgeschrieben werden kann. Unbenommen waren Immobilien bisher also Spitzenreiter bei der Aussicht auf gute Renditen mit wenig Schwankungen.

Aber aufgrund der Wertsteigerungen der letzten Jahre ist dieses Ziel für Kleinanleger, die heute starten wollen, aus meiner Sicht zunehmend nicht mehr zu erreichen. Trotz weiterhin guter Zinsen genügt ein Leben dafür nicht mehr aus, die Kredite einer Immobilienfinanzierung zurück zu bezahlen. Mein Vater hätte früher gesagt: „Das können wir uns schlichtweg nicht leisten.“ Aber ich befürchte, schuldenfrei zu sein ist heute auch kein höheres Ziel mehr.

Neben dem Eigenheim gibt es auch sogenannte Renditeimmobilien. Was meint dieser Begriff genau?

Christin Ruf: Renditeimmobilien sorgen, im Gegensatz zum Eigenheim, für laufende Gewinne aus Vermietung und Verpachtung oder vermindern regelmäßig die jährliche Steuerlast. Im Idealfall werfen Sie später auch bei Verkauf noch einen Gewinn aus dem Wertzuwachs ab. Aber Gewinne oder Verluste können zunächst einmal konstant realisiert werden.

Welche Renditen können Kapitalanleger mit Renditeimmobilien in Deutschland erzielen?

Hier gilt die alte Weisheit: „Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast!“ In Interviews habe ich gehört, bei Gewerbeimmobilien seien derzeit durchschnittlich 4% drin, bei Wohnimmobilien bis zu 3% im Schnitt. Ehrlich: ich möchte mich da nicht festlegen. Da spielen so viele Faktoren mit rein: wenn Sie plötzlich feststellen, dass Ihre Immobilie unter Denkmalschutz steht, bekommen die Ausgaben für eine Sanierung einen ganz anderen Stellenwert und Ihre Rendite rutscht nach oben. Im Jahr darauf trennen Sie sich von Ihrer Frau, verlieren Ihre günstige Steuerklasse und die ganze Rechnung ist dahin. Oder der Mieter kommt in Zahlungsverzug und Sie brauchen Monate ihn aus der Wohnung zu bekommen – das hat wohl keiner in seiner Rechnung je berücksichtigt. So einen Invest muss man wollen, denn er macht Arbeit und hinterlässt häufig auch Kopf- und Bauschmerzen. Aber wer sich dem stellt und sich nicht zu einem Fehlkauf verleiten lässt, der hat auch später was davon.

Wie unterscheiden sich die Mietrendite und Preisentwicklung zwischen Stadt und Land?

Christin Ruf: Ob Stadt oder Land ist gar nicht mehr so entscheidend. Vielmehr zählt, wie strukturschwach oder -stark eine Region ist. 60 Kilometer außerhalb Berlins ist es schon ganz schön „Land“, was aber immer noch zum Speckgürtel zählt und in dem sich zunehmend auch der durchschnittliche Anleger tummelt. Da Kaufpreise und Mieten im Allgemeinen ganz gut miteinander korrelieren, sind sie auch ein guter Indikator für die Finanzstärke von Immobilien in einem Gebiet. Wo der Preis hoch ist, können Sie im Regelfall eine höhere Miete verlangen und auch bei Verkauf noch eine Wertsteigerung erzielen – vorausgesetzt Sie haben das Objekt in Schuss gehalten.

Ob Gebiete strukturschwach oder -stark sind ändert sich ja nicht von heute auf morgen. Das dauert viele Jahre und Jahrzehnte und deshalb gibt es perspektivisch aus meiner Sicht drei Investitionsmodelle:

Eine Investition im strukturschwachen Gebiet kommt einer Spekulation gleich: Man hat Geld auf der hohen Kante, das nicht benötigt wird und baut darauf, dass die Region in den nächsten Jahren einen Aufschwung erfährt. Die laufende Rendite wird eher gering ausfallen oder gegen Null gehen.

Bei einer Investition in strukturstarken Gebieten sind die Einstiegspreise bereits auf einem sehr hohen Niveau. Man versucht, noch ein Stück vom Kuchen abzubekommen und hofft gleichzeitig, dass auch bei den Preissteigerungen noch Mitnahmeeffekte bei einem späteren Verkauf zu erzielen sind. Das ist schon eher was für Investoren, die mehr Geld als der Duschschnitt in ein solches Projekt stecken und die eine gute laufende Rendite erzielen wollen.

Eine Investition im Umland eines strukturstarken Zentrums oder gar auf dem Land ist dagegen für Familien und Personen mit mittleren Einkommen heute oft die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Immobilien-Investition zu tätigen. Ob als Eigenheim oder als Renditeobjekt.

Welche Kosten entstehen bei einer Renditeimmobilie, z.B. für Instandhaltung und Modernisierung?

Christin Ruf: Das kommt auf den Zustand an, den die Immobilie bei Erwerb hat. Sie können einen Altbau in den unterschiedlichsten Stadien kaufen: von komplett sanierungsbedürftig bis zur Herstellung auf Neubauniveau ist alles dabei. Selbstredend ist bei letzterem und auch bei reinen Neubauten der Kostenfaktor „Instandhaltung/Modernisierung“ im Vergleich zur Investition sehr gering bis gar nicht existent – für viele Jahre.

Worauf sollte ich bei der Finanzierung und Objektauswahl beachten?

Christin Ruf: Als WEG-Verwalterin müsste ich Ihnen zurufen: kaufen Sie ein alleinstehendes einzelnes Objekt oder ein Mehrfamilienhaus, das nur Ihnen gehört! Da können Sie nichts falsch machen und höchstens der Nachbar aus drei Metern Entfernung kann Ihnen das Leben erschweren. Die Auseinandersetzung mit den anderen Miteigentümern entfällt. Wenn Sie dort nicht selber wohnen und die Einheit(en) vermieten ist es schon nicht mehr halb so schlimm, aber auch hier sollten Sie wachsam sein: schauen Sie sich unbedingt die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre und die Beschlusssammlung in Gänze an. Sind umfangreiche Sanierungsbeschlüsse gefasst und noch nicht realisiert worden? Wird seit Jahren über das marode Dach diskutiert und nichts passiert? Wieviel Geld ist in der Rücklage und sind Sonderumlagen geplant? Bekommen Sie als Vermieter hier das Klientel, das Sie brauchen, um langfristig stabile Einnahmen zu generieren? Investitionen in die Erhaltung von Denkmalschutzobjekten können zwar in höherem Umfang steuerlich geltend gemacht werden, aber welche baulichen Auflagen gibt es stattdessen zu erfüllen? In vielen Fällen ist es ein Abwägen aller Umstände und letztlich ist es der Preis, der bestimmt, was machbar ist und was nicht.

Welche sind die größten Risiken beim Erwerb einer Renditeimmobilie?

Christin Ruf: Eine nicht zur Genüge geprüfte Ausgangslage bei Kauf und der unkalkulierbarste Faktor überhaupt: der Mensch. Ein Mieter, der nicht zahlt oder der nicht sorgsam mit dem Objekt umgeht und den man nur schwer aus der Wohnung bekommt. Ein schwer umgänglicher Miteigentümer, der jegliche Instandhaltungen im Haus boykottiert oder verhindert. Das alles kann Ihnen eine Renditeberechnung komplett über den Haufen werfen. Im schlimmsten Fall bekommen Sie die Wohnung nicht mal mehr zum Einstandspreis verkauft, weil der Interessent besser prüft, als Sie es damals getan haben.

Bei Interesse an solchen Investments? Welches Einkommen bzw. Eigenkapital sollte man mindestens mitbringen?

Christin Ruf: Viele Banken bieten heute eine 100%-Finanzierung an, zu was ich dem durchschnittlichen privaten Investor aber nicht raten würde. Vielleicht bin ich auch zu sehr Schwabe: man zeigt nicht was man hat und man baut sein Vermögen möglichst nicht auf Schulden auf. Wer so gar nichts in der Hinterhand hat und auch keine anderen Immobilien, die er zur Not beleihen könnte, für den halte ich einen Invest ohne ein Eigenkapital in Höhe von 10 bis 20% auch heute noch für ungesund. Rechnen Sie sich aus, was von der Miete nach Abzug aller Kosten im Monat noch übrigbleibt, um Zins und Tilgung zu bedienen und einen kleinen Puffer für Reparaturen zu haben. Zzgl. Eigenkapital ergibt sich daraus die Finanzierungsumme und über die Kaufnebenkosten der Kaufpreis, den Sie ansetzen können. Wenn man diese Punkte beachtet und nicht überteuert kauft, dann finanziert sich die Immobilie von selbst – jedenfalls bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist.

Generell gilt: je höher das Eigenkapital, desto eher können Sie in perspektivisch attraktive, interessante und auch spekulativere Immobilien investieren, sie können „spielen“. Und: je höher das Einkommen dann noch ist, desto eher steckt man ein negatives Immobilienergebnis weg. Denn man kann die Verluste steuerlich geltend machen, wenn die Renditeerwartungen nicht erfüllt werden.

Frau Ruf, vielen Dank für das Gespräch.

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