Nina Zucker ist Inhaberin von Paartherapie Hamburg Nina Zucker. Mit ihr sprechen wir über den Bedarf der Paartherapie, Kommunikationsprobleme sowie nachhaltige Wirkung.

Eine Paartherapie ist für viele Paare gar keine Option. Obwohl die Beziehung auf der Kippe steht, denken viele Partner, dass professionelle Hilfe nichts bringt. Was umfasst eine Paartherapie und welche Themen werden in den Sitzungen meistens behandelt?
Nina Zucker: Der Bedarf an Paartherapie ist sehr hoch. Und immer mehr Menschen sind einer solchen Möglichkeit gegenüber gar nicht mehr so verschlossen. Ich habe immer mehr Anfragen und weiß das auch von Kollegen. Was Menschen dennoch skeptisch sein lässt, ist vielleicht die Vorstellung, eine Paartherapie wäre dazu da, Gefühle zu verändern. Mit der Liebe und auch mit der Erotik ist es ja so: Je mehr wir sie haben wollen, desto eher entfleuchen sie uns. Mit anderen Worten: Druck ist der Gegenspieler der Liebe. Letztere kommt eben nur freiwillig. In Beziehungen wird häufig der eine Partner zum Ankläger, möchte mehr, vermisst Zuneigung… der oder die andere gerät unter Druck. Sie wäre z.B. mit weniger Zweisamkeit zufrieden, möchte ihren Partner aber nicht enttäuschen und gibt sich jetzt Mühe. Wenn etwas mühevoll ist, fühlt es sich für den anderen aber nicht mehr so an, als würde dieser begehrt oder gewollt. Er wird also erst recht nach Liebesbeweisen Ausschau halten. So entsteht eine unsägliche Dynamik. Einer hat Mangel, der andere hat Druck. Und beides verstärkt sich gegenseitig. Diejenige, die an Mangel leidet, hofft in der Paartherapie auf Unterstützung. Der, der sich sowieso schon selbst unter Druck setzt oder sich eingeengt fühlt, hat häufig Angst in einer Paartherapie könnte er noch mehr Aufgaben zugewiesen kriegen, müsste er sich noch mehr anstrengen und Mühe geben. Er fürchtet, dass dadurch sein kleines Pflänzchen, Liebe, erst recht niedergetrampelt werden würde. Daher finde ich es besonders wichtig, diesen Irrglauben, einer wäre für das Glück des anderen zuständig, möglichst schnell aus der Welt zu schaffen. Nur mit Freude und freiwillig kann Liebe, Begehren und echte Freundschaft sich vermehren. Wir können eben nicht die Zuneigung des anderen einfordern. Ein anderes Thema ist natürlich die Arbeitsteilung im Haushalt oder die Betreuung der Kinder. Das ist nicht nur freiwillig. Wenn man Kinder hat, muss man sich um sie kümmern – Mann und Frau, beide haben diese Pflicht. Auch der Haushalt ist voller Pflichten, die erledigt werden müssen. In einer Partnerschaft, in der man Alltag miteinander teilt, kommt es daher manchmal zu einem Ungleichgewicht, weil eine mit der Aufteilung der Aufgaben nicht einverstanden ist oder einer, die ihm oder ihr, zugeteilten Arbeiten nicht erledigt. Es gibt unzählige Studien, die allesamt belegen, dass es immer noch so ist, dass Frauen den weit größeren Anteil an Pflege und Haushaltsarbeit bewältigen. Vor allem klagen sie oft über zu viel Verantwortung in diesem Bereich. Die Dinge müssen ja nicht nur erledigt werden, einer muss auch im Kopf haben, wann und wo und wie. Das ist nach wie vor auch bei mir in der Praxis ein häufiges Thema. Sie fühlt sich überlastet und kann vielleicht auch schwer loslassen, er meint, er gibt sich schon sehr viel Mühe und würde dafür gerne mal gelobt werden. In der Paartherapie können wir gemeinsam den unbewussten Erwartungen an die Beziehung auf die Spur kommen. Manchmal sind die Vorstellungen davon, wie man leben möchte und wie man miteinander umgehen möchte, unterschiedlich. Unerfüllbare Erwartungen und Wünsche müssen dann enttäuscht werden. Das, was tatsächlich da ist muss auf den Tisch! Nur so kann man herausfinden, wie man damit umgehen möchte. Und natürlich auch, ob das, was im Guten verbindet, für einen selbst ausreicht, um sein JA zu der Beziehung zu finden oder zu erneuern. Außerdem kommen Paare häufig, weil sie sich streiten. Dabei finde ich es besonders wichtig zu verstehen: Es gibt Konflikte, die man lösen kann. Und es gibt solche, die man nicht lösen kann und mit denen es gilt umzugehen. Sogenannte Bindungsmuster, Erfahrungen aus der Herkunftsfamilie, spielen bei Letzterem häufig eine Rolle. Verlustängste oder Kontrollzwänge lassen sich oft nicht nur mit Hilfe des reinen Verstehens aus der Welt schaffen. Wer da wirklich etwas bewirken möchte, braucht Geduld und die Bereitschaft, sich auch unangenehmen Gefühlen zu stellen. Diese wirklich zu fühlen. Der Weg geht durch die Gefühle hindurch, nicht darum herum.
„Wir haben ein Kommunikationsproblem“ ist häufig nur das Symptom, mit dem die Paare zu mir kommen. Es entpuppt sich nicht selten als festgefahrene Dynamik, ungleiche Augenhöhe oder tief sitzende Bindungsangst. Eine schnelle Lösung gibt es da meist nicht. Aber allein die Bereitschaft, sich die Muster und Dynamiken anzuschauen, kann der Beziehung Aufwind geben. Gegenseitiges Verständnis und Empathie können entstehen, wenn ein Dritter sich als eine Art Spiegel zur Verfügung stellt. Auch wenn ein Partner quasi durch meine Augen auf den anderen schauen kann, ist häufig schon wieder neue, frische Wahrnehmung möglich und festgefahrene Strukturen können sich auflösen. Oft gibt es sogar sehr schnell eine Erleichterung für die Liebe.
Die meisten Menschen treten Paartherapeuten:innen eher skeptisch gegenüber. Vielen Paaren fällt es schwer, mit einer fremden Person über ihre Beziehungsprobleme zu reden. Besonders wenn sich Partner nach der Sitzung wieder im Alltag befinden, neigen sie dazu, in alte Muster zu verfallen. Denken Sie, dass eine Paarberatung die Beziehung nachhaltig und positiv beeinflussen kann?
Nina Zucker: Ich habe nicht den Eindruck, dass es Paaren oder Menschen, die in einer Partnerschaft leben, besonders schwer fällt, mit mir über ihre Probleme zu sprechen. Ich glaube, dass es sogar leichter ist, sich zu öffnen, wenn man die Person, der man gegenüber sitzt, nicht kennt. Ich habe ja keine vorgefertigte Meinung und kenne niemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis. Das ist ein Vorteil. Aber ich lade die Menschen vielleicht auch auf die richtige Art und Weise ein, mir zu erzählen, was sie miteinander erleben.
Ob eine Therapie auch nachhaltig wirkt, hängt natürlich von den Partnern ab. Alte Muster und Strategien tauchen meist in stressigen Zeiten wieder auf. Da braucht es durchaus Übung, Bewusstsein und den Willen, diesmal etwas anderes auszuprobieren. Ich stelle den Paaren Methoden vor, von denen ich glaube, dass sie jeweils passen könnten. Aber auch durch Gespräche in meiner Praxis und eine neue Sichtweise auf das Handeln des Partners, werden Streits und Emotionen häufig weniger dramatisch. Es gibt auch vorbeugende Maßnahmen, die ich empfehle. Alles in allem ist meine Antwort also: Ja! Eine Paarberatung bzw. Paartherapie, wie ich es nenne, kann absolut langfristig wirken. Ich habe oft schönes Feedback dazu erhalten. Man darf aber auch wieder kommen, wenn es einer Auffrischung bedarf oder neue Themen aufgetaucht sind. Das machen auch viele Paare. Ich finde das sehr verantwortungsbewusst, sich um die Partnerschaft, die Freundschaft und die Liebe gut zu kümmern, statt zu glauben, das müsste alles von allein laufen. Das Gefühl der Liebe, so es denn noch da ist, allein, reicht dafür nicht aus!
Welche Probleme führen Ihrer Erkenntnis nach Paare meistens in eine Therapie?
Nina Zucker: Wenn die Paare zu mir kommen, klagen sie in der Regel über Kommunikationsprobleme. (S.o.)
Darunter können tiefe Verletzungen und Enttäuschungen liegen, die eine wertschätzende Kommunikation torpedieren.
Häufige Themen sind auch: Streit, Eifersucht, Nähe-Distanz und natürlich die Sexualität, die bei vielen Paaren eingeschlafen oder unbefriedigend ist.
Zu all diesen Themen habe ich kürzlich kleine Videobeiträge aufgenommen. Bald kann man die auf meiner Homepage ansehen…
Muss man in einer Partnerschaft sein, um eine Paartherapie aufzusuchen oder kann man dies auch als Einzelperson tun, um eine Krisensituation zu entspannen?
Nina Zucker: Manchmal kommen Klienten auch allein zu mir. Sie möchten einfach mal eine außenstehende Sicht erfahren oder sich etwas von der Seele reden. Natürlich kann ich auch mit einer Person allein an ihrer Beziehung arbeiten. Schöner finde ich es allerdings, wenn sie zu zweit kommen. Vor allem ist es manchmal etwas schwierig, wenn einer seinen Partner später dazu holen möchte. Der fühlt sich dann vielleicht etwas außen vor. Das kriegen wir aber in der Regel auch hin.
Eine Therapiestunde kann bei einem seriösen Anbieter schon einiges kosten. In welchen Fällen kann die Krankenkasse einem Paar unter die Arme greifen?
Nina Zucker: Die Krankenkasse zahlt nie für Paartherapie. Wenn jemand eine Einzeltherapie macht, kann er oder sie seinen Partner aber mal mitbringen, das ist durchaus üblich. (Ich selbst habe so wie so keine Kassenzulassung!)
Wer es sich nicht leisten kann, der möge bei Familienberatungsstellen anfragen. Auch die Kirche bietet manchmal kostenlose oder erschwingliche Hilfe an.