Ariane Mandalka und Dr. Michael Bachner: Betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen

Interview mit Ariane Mandalka
Ariane Mandalka und Dr. Michael Bachner sind Rechtsanwälte in der Kanzlei Schwegler Rechtsanwälte, eine besonders empfohlene Kanzlei für die Beratung von Betriebsräten, Gewerkschaften und Arbeitnehmern. Mit ihnen sprechen wir über Änderungskündigung, Gründe hierfür sowie geänderte Arbeitsbedingungen.

Nicht jeder ist mit allen Formen einer Kündigung vertraut. Was versteht man unter einer Änderungskündigung?

Dr. Michael Bachner: Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, mit der der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer beendet, ihm aber zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsarbeitsbedingungen (anderer Arbeitsplatz, anderer Arbeitsort, andere Arbeitszeit oder andere Vergütung) anbietet. Der Arbeitgeber muss eine Änderungskündigung immer dann aussprechen, wenn er die gewünschte Änderung der Arbeitsbedingungen nicht einseitig im Rahmen seines Weisungsrechts, z.B. durch Versetzung, durchsetzen kann, weil eine einseitige Weisung gegen den Arbeitsvertrag verstoßen würde und der Arbeitnehmer der Änderung der Arbeitsbedingungen nicht zustimmt.

Können Sie uns Gründe oder Situationen nennen, in denen eine Änderungskündigung häufig zum Einsatz kommt?

Ariane Mandalka: Betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen jeder Art können zu Änderungskündigungen führen (z.B. wenn die Hierarchien flacher werden und Führungsebenen entfallen), ebenso z.B. die Verlagerung eines Betriebes an einen anderen Standort, aber auch, wenn der Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen (z.B. als Folge einer Krankheit) nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit auszuüben.

Eine Änderungskündigung gemäß §2KSchG ist also eine “richtige” Kündigung. Wann ist eine Änderungskündigung rechtmäßig und wann unwirksam?

Dr. Michael Bachner: Zunächst einmal müssen die „Formalia“ beachtet werden wie die Einhaltung der Schriftform und der Kündigungsfrist. In bestimmten Fällen muss zudem die Zustimmung von Betriebsrat, Integrationsamt oder den Aufsichtsbehörden für Elternzeit und Kündigungsschutz vorliegen. Eine Änderungskündigung hat – wie jede andere Kündigung auch – in Betrieben, in denen das KSchG anwendbar ist, also mindestens 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind, zur Voraussetzung, dass es einen betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder personenbedingten Grund für die Änderung gibt. Eine Änderungskündigung ist auch dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer nicht binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung gegen diese vorgeht. Die Änderungskündigung gilt dann – unabhängig vom Vorliegen des Grundes – als wirksam. Im Falle einer Kündigungsschutzklage durch den Mitarbeiter prüft das Arbeitsgericht, ob die Formalia eingehalten sind und der vom Arbeitgeber für die Kündigung behauptete Grund tatsächlich vorliegt. Ist dies nicht der Fall, ist die Änderungskündigung unwirksam. Das Arbeitsverhältnis wird dann unverändert zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fortgesetzt.

Kommt es zu einer Änderungskündigung, hat der Arbeitnehmer wie bei einer konventionellen Kündigung verschiedene Reaktionsmöglichkeiten. Welche Optionen hat der Arbeitnehmer und was haben die einzelnen Reaktionen für Konsequenzen?

Ariane Mandalka: Nach Ausspruch einer Änderungskündigung hat der Arbeitnehmer drei Reaktionsmöglichkeiten: die Annahme, die Annahme unter Vorbehalt und die Ablehnung des Änderungsangebotes. Hierfür hat er drei Wochen, gerechnet ab Zugang der Kündigung, Zeit.

a)        Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot an, wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Arbeitsbedingungen fortgeführt und die Kündigung ist gegenstandslos.

b)        Der Arbeitnehmer kann die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt annehmen, um sodann beim Gericht gegen die Änderung des Arbeitsverhältnisses (binnen drei Wochen seit Zugang der Kündigung) Klage zu erheben. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob es einen Grund gibt, der die Änderung der Arbeitsbedingungen rechtfertigt. Bejaht das Gericht diese Frage, dann wird das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortgesetzt. Verneint das Gericht diese Frage, hatte der Arbeitgeber also keinen berechtigten Grund zur Änderung der Arbeitsbedingungen, dann wird das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt. Der Mitarbeiter verbleibt dann also auf seinem bisherigen Arbeitsplatz.

c)         Wenn der Mitarbeiter die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen binnen drei Wochen nicht oder nicht unter Vorbehalt annimmt oder er das Änderungsangebot explizit ablehnt, dann wirkt die Änderungskündigung wie eine Beendigungskündigung. Um gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzugehen, muss der Mitarbeiter binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben. Auch in diesem Fall prüft das Arbeitsgericht, ob die vom Arbeitgeber verlangten Änderungen gerechtfertigt sind. Ist das nicht der Fall, wird das Arbeitsverhältnis unverändert fortgeführt Andernfalls wird die Kündigung wirksam und das Arbeitsverhältnis wird beendet

Arbeitnehmer können also auf unterschiedliche Weise mit der Änderungskündigung umgehen. Wann raten Sie Betroffenen dazu, eine Änderungskündigung abzulehnen und wie müssen diese dann dahingehend vorgehen?

Dr. Michael Bachner: In der Regel empfiehlt es sich, den neuen Arbeitsplatz unter Vorbehalt anzunehmen. Dieser Arbeitsplatz ist dem Arbeitnehmer dann sicher, auch wenn er die Klage gegen Änderungskündigung verliert. Dem Mitarbeiter droht dann keine Arbeitslosigkeit. Nimmt er die angebotene Änderung nicht unter Vorbehalt an, sondern lehnt das Änderungsangebot ab und verliert er dann den Kündigungsschutzprozess, so ist das Arbeitsverhältnis definitiv beendet. Im Hinblick auf dieses erhebliche Prozessrisiko sollte der Arbeitnehmer nur ablehnen, wenn die Kündigung ganz offensichtlich unwirksam ist oder er definitiv nicht bereit ist, zu geänderten Bedingungen zu arbeiten wie z.B. bei einer Änderung des Arbeitsortes der Fall sein kann.

Wie verhält es sich mit dem Kündigungsschutzgesetz bei Änderungskündigungen?

Ariane Mandalka: Das Kündigungsschutzgesetz findet nur Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung länger als sechs Monate bestanden hat und auch dann nur in Betrieben, in denen mindestens 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Unterhalb dieser Schwelle prüft das Gericht in der Regel nur, ob eine Kündigung willkürlich ist. Das Gericht prüft dann also nicht, ob der Arbeitgeber einen betriebs-, verhaltens- oder personenbedingten Grund für die Kündigung hatte.

Frau Mandalka und Herr Dr. Bachner, vielen Dank für das Gespräch!

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