Carmela Caiazza: Wiedereinstellungsvereinbarung

Interview mit Carmela Caiazza
Carmela Caiazza ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MEIXNER GbR in Nürnberg. Mit ihr sprechen wir über Wiedereinstellungszusagen, saisonale Entlassungen sowie schriftliche Vereinbarungen.

Nach einer Kündigung wird manchen Arbeitnehmern gesagt, dass man sie in ein paar Monaten, wenn der Bedarf an Arbeitskräften erneut steige, wieder einstellen werde. In welchen Branchen ist so etwas üblich und wie unterscheidet sich die Wiedereinstellungszusage von einer Wiedereinstellungsvereinbarung?

Carmela Caiazza: Wiedereinstellungszusagen sind häufig anzutreffen. In manchen Betrieben ist es üblich, die Mitarbeiter saisonal zu entlassen, um diese, z.B. nach einer Winterpause, wiedereinzustellen. Dies kommt vermehrt in der Baubranche oder auch in typischen Saisonbetrieben wie in der Gastronomie und Hotellerie vor. Arbeitsrechtlich sind Wiedereinstellungszusagen ein typisches Instrument in Aufhebungsverträgen. Diese kommen z.B. auch in Konzernunternehmen oder Firmenverbünden in Betracht: Wenn der Arbeitnehmer zu einer Tochterfirma wechselt und die Verbindung zur möglicherweise attraktiveren Muttergesellschaft nicht völlig verlieren will, kann die Verhandlung einer Wiedereinstellungszusage ein Mittel der Wahl sein. Aufgrund der Corona-Pandemie haben aktuell manche Arbeitgeber, vor allem im Handel und der Gastronomie, anstatt ihre Beschäftigten in Kurzarbeit zu schicken, gekündigt und sogenannte Wiedereinstellungszusagen oder Wiedereinstellungsvereinbarungen getroffen.

Unterschied zwischen Wiedereinstellungszusage und Wiedereinstellungsvereinbarung:

Wiedereinstellungszusagen sind von Wiedereinstellungsvereinbarungen zu unterscheiden. Erstere stellen ein einseitiges, aber bindendes Vertragsangebot des Arbeitgebers dar und sind damit für den Arbeitnehmer eine Option, die er wahrnehmen kann, aber nicht muss.

Bei der Zusage verpflichtet sich der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis spätestens zu einem bestimmten Zeitpunkt neu zu begründen. Der Arbeitnehmer ist in seiner Entscheidung frei, muss die Option aber bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausüben. Im Gegensatz zur Wiedereinstellungszusage verpflichten sich hier sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt wieder ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall kein Wahlrecht.

Die Zusage der Wiedereinstellung muss in einer besonderen Form festgehalten werden. Können Sie uns sagen, was genau in eine schriftliche Vereinbarung gehört?

Carmela Caiazza: Der Arbeitnehmer sollte darauf achten, dass die Weidereinstellungszusage des Arbeitgebers schriftlich mit möglichst folgendem Inhalt gefasst wird:

•          Angaben zu Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ( unter welchen genauen 

           Voraussetzungen Rückkehr möglich)

•          Wie lange die Rückkehroption offen gehalten wird (Angabe des spätest

           möglichen Zeitpunkt des Wiederantritts)

•          Angaben zur Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit und zur

           Fortgeltung der Arbeitsbedingungen

Aus Sicht des Arbeitnehmers ist darauf zu achten, dass die Wiedereinstellungszusage keine Zusätze oder Bedingungen enthält, die diese für ihn entwerten. Für den Arbeitgeber liegen darin natürlich Gestaltungsmöglichkeiten. Grundsätzlich ist auch eine mündliche Wiedereinstellungszusage wirksam, aber in der Praxis schwer zu beweisen.

Kann die Zusage zur Wiedereinstellung ein Trick des Arbeitgebers sein und wie kann dieser davon profitieren?

Carmela Caiazza: Wie unter Ziffer 2 angedeutet, kann die Zusage unter einschränkenden Voraussetzungen oder Bedingungen formuliert, und damit unter Umständen für den Arbeitnehmer entwertet sein. Insbesondere ist hier auch der zeitliche Aspekt zu beachten.

Die Wiedereinstellungszusage kann ein Trick des Arbeitgebers sein, mit dem er einen gekündigten Arbeitnehmer von der Erhebung der Kündigungsschutzklage innerhalb der gesetzlichen 3-Wochenfrist abhält. Sie kann, gerade in Corona-Zeiten auch ein Flexibilisierungsinstrument sein, das den Arbeitgeber zeitweilig entlastet, Arbeitnehmer weiter an den Betrieb bindet und Ihnen eine Rückkehrchance gibt.

In allen Fällen geht es aber darum, dass das bisherige Arbeitsverhältnis erst einmal definitiv beendet ist. Gekündigte Arbeitnehmer verlieren mit Ablauf der Klagefrist so regelmäßig jede Aussicht auf eine Abfindung in einem Kündigungsschutzprozess.

Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn der Arbeitgeber die Vereinbarung oder Zusage nicht einhalten will?

Carmela Caiazza: Tritt der Arbeitgeber zwar nicht ausdrücklich von der Zusage bzw. der Vereinbarung zurück, setzt aber auch das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer zum vereinbarten spätest möglichen Zeitpunkt nicht fort, obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeitsbereitschaft erklärt hat, so muss der Arbeitnehmer auf Wiedereinstellung klagen.

Wenn sich der Arbeitgeber an die Wiedereinstellungsvereinbarung nicht hält, dann hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung bzw. Schadensersatz.

Viele Arbeitnehmer realisieren erst in was für einer Situation sie sind, nachdem es schon zu spät ist. Was raten Sie Arbeitnehmern, falls diese sich nicht sicher sind, ob die Zusage des Arbeitgebers ernst gemeint ist?

Carmela Caiazza: Jedem Arbeitnehmer kann ich nur raten, nach Erhalt einer Wiedereinstellungszusage, der man nicht traut, so schnell wie möglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen. Hat der Arbeitgeber bereits gekündigt, sollte sich der Arbeitnehmer rechtzeitig über die Aussichten einer Kündigungsschutzklage informieren. Meiner Erfahrung nach wird bei der Vereinbarung von Wiedereinstellungszusagen mündlich viel mehr versprochen als schriftlich fixiert wird. Der Arbeitgeber hat mit der Wiedereinstellungszusage erstmal sein Problem gelöst, der Arbeitnehmer ist in einem etwaig späteren Prozess darlegungs- und beweisbelastet. 

Frau Caiazza, vielen Dank für das Gespräch!

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