Carola Huber: Eine Veränderung ist immer auch mit unsicheren Zeiten verbunden

Interview mit Carola Huber
Carola Huber ist Inhaberin des Institut für Coaching Carola Huber. Mit ihr sprechen wir über Zwei-Faktoren-Theorie, Entlohnung sowie zwischenmenschliche Beziehungen.

Es gibt zahlreiche Gründe, warum Beschäftigte unzufrieden mit ihrem Job sind. Für viele ist aber eine berufliche Neuorientierung keine Option. Was sind die häufigsten Gründe, die zu einer Jobunzufriedenheit führen?

Carola Huber: Zu Jobzufriedenheit bzw. Jobunzufriedenheit gibt es viele Untersuchungen. Zu den bekanntesten Modellen gehört die Zwei-Faktoren-Theorie, oder auch Motivator-Hygiene-Theorie von Frederick Herzberg. Diese Theorie zeigt auf, was Menschen arbeitsmäßig motiviert, aber auch unzufrieden macht. Insbesondere beschreibt Herzberg die Hygienefaktoren, die, wenn sie positiv ausgerichtet sind, zu Jobzufriedenheit führen. Wenn die Hygienefaktoren schwach ausgeprägt sind oder gar negativ sind, führt dies zu Jobunzufriedenheit. Als Hygienefaktoren seien genannt: Entlohnung, Führungsstil, zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden sowie Mitarbeitende untereinander und weitere. Ich möchte die Liste ergänzen mit: Übertragung von Verantwortung und somit auch Vertrauen, immaterielle Anerkennung von Leistung sowie Engagement im betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Woher weiß man, dass es Zeit ist den Job zu wechseln, um sich neuen Herausforderungen zu stellen?

Carola Huber: Es gibt mehrere Anzeichen, die jedoch individuell zu betrachten sind. Allgemein lässt sich sagen, dass sich ein Jobwechsel empfiehlt, wenn der Vorgesetzte (m/w/d) mit Arbeitsergebnissen nie zufriedenzustellen ist; wenn die eigene Leistung, vor allem auch besondere Projekte, mittelfristig nicht entsprechend honoriert werden oder wenn es keine Personalentwicklung und somit keine individuellen Entwicklungspläne gibt, entweder in die Fach- oder in die Führungslaufbahn.

Viele Beschäftigte über 35 haben Hemmungen sich neu zu orientieren. Kann man im fortgeschrittenen Alter noch adäquat Karriere machen?

Carola Huber: Eine Veränderung ist immer auch mit unsicheren Zeiten verbunden, da man nicht weiß, was einen in Zukunft erwartet. Das bestehende Arbeitsverhältnis, auch wenn es (teilweise) Defizite in den Hygienefaktoren aufweist, stellt immer einen sicheren Rahmen dar – man weiß, was einen erwartet. Was unterscheidet nun Menschen, die leichter mit einem Jobwechsel und weiteren, neuen Aufgaben oder auch der ersten Führungsverantwortung umgehen im Gegensatz zu Menschen, die sich damit schwertun und lieber im alten Job verharren? Selbstwirksamkeitserwartung (Albert Bandura, 1970er Jahre) ist die Erklärung. Selbstwirksamkeitserwartung beschreibt das Vertrauen, dass ein Mensch in sein eigenes Tun hat. Wenn ich mir selbst zutraue, dass ich den neuen Job schaffe, dass ich mir neues Wissen aneignen kann, dass ich ein Team motivieren und führen kann, dann kann ich mich auch neu orientieren und Karriere machen. Das Alter spielt eine eher untergeordnete Rolle, auch im Hinblick auf den noch weiter ansteigenden Fachkräftemangel.

Ein Neuanfang ist immer schwer. Wie kann man mentale Hürden der Neuorientierung überwinden?

Carola Huber: Eine gute Möglichkeit ist, auf das zu schauen, was man bis heute erreicht hat. Schulabschluss, vielleicht ein Auslandsaufenthalt, bisherige Projekte – auch private. Wenn man dies reflektiert hat, kann man sagen: „Wenn ich das alles geschafft habe, dann schaffe ich es auch, einen neuen guten Job für mich zu finden.“ Dies beschreibt die Selbstwirksamkeitserwartung, also das Vertrauen in das eigene Können. Jeder Mensch hat in seinem Leben bereits Aufgaben positiv gelöst. Diese Erkenntnis stärkt einen auf dem Weg in die Zukunft und in neue Bereiche. Im Übrigen kann dies auch im Rahmen von Resilienztraining, hier: Lösungsorientierung, gestärkt werden.

Was muss man also tun, damit eine berufliche Neuorientierung gelingt?

Carola Huber: Vor einer Neuorientierung macht es Sinn, eine Bestandsaufnahme zu machen: Was habe ich erreicht, was waren die bisherigen Herausforderungen, wie bin ich damit umgegangen? Ausgehend von dieser Basis geht man den nächsten Schritt: Was von all dem, was ich bisher gearbeitet habe, möchte ich weiterführen, was möchte ich lieber nicht mehr machen? Im dritten Schritt geht es an die Recherche: Wo kann ich meine Fähigkeiten genau anbieten? Dieser Schritt ist etwas zäh, aber sehr wichtig, für die Feinjustierung. Dazu gehören Internetrecherche und Gespräche mit Menschen, die bereits in dem Bereich tätig sind, in dem man in Zukunft arbeiten möchte. Zum Schluss wird dann die passende Bewerbung versendet.

Was raten Sie Beschäftigten, die mit dem Gedanken spielen, den Beruf zu wechseln?

Carola Huber: Man sollte sich Zeit zum Nachdenken und Reflektieren nehmen. Viele wünschen sich eine schnelle Lösung. Wenn man aus einer Laune oder Krise heraus oder spontan den Job wechselt, kann es gut gehen. Risikoliebende Menschen werden das nicht scheuen; möglicherweise ist es jedoch für diese Menschen ein Hinweis darauf, sich einen Job zu suchen, der genau so eine Risiko-Komponente beinhaltet – oder viel Abwechslung.

Ansonsten kann man mit einem guten Buch für Karriereplanung viel für sich selbst erarbeiten, vor allem auch, wenn man ein autodidaktischer Typ ist. Familie und Freunde werden oftmals als Beratende herangezogen. Ein externer Dritter, also ein Coach, kann mit frischen Augen und Ohren entsprechende Fragen stellen, die dem Einzelnen helfen, klar zu sehen.

Frau Huber, vielen Dank für das Gespräch!

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