Claus-Peter Sommer ist Geschäftsführer der Serendi (Deutschland) GmbH und Vorstand der internationalen Serendi-Gruppe. Im Interview beantwortet er Fragen zu Vorbereitungen für Bewerbungsgesprächen und gibt Tipps für Bewerber.
Human Ressource-Leiter wollen mit Kandidaten ins Gespräch kommen, statt sie, wie früher zu verhören. Was bedeutet das im Alltag?

Claus-Peter Sommer: Sie haben vollkommen recht. Das Bewerbungsgespräch ist heute eher ein Dialog als ein Frage-Antwort-Spiel. Natürlich müssen Personalchefs einen Bewerber, eine Bewerberin kennenlernen und insbesondere auch einen Vergleich mit anderen Bewerbern ziehen können. Allerdings sollte dies eher als Gespräch «auf gleicher Augenhöhe» ablaufen. Für Kandidaten bedeutet dies, sich auch auf das Gespräch vorzubereiten – insbesondere sich Fragen oder Themen zu überlegen, die einem als Kandidaten wichtig sind.
Welche Tipps haben Sie für Bewerber, um authentisch und professionell zu erscheinen?
Claus-Peter Sommer: Das ist leichter gesagt als getan. Und die Antwort mag sich banal anhören, aber: bleiben Sie sie selbst. Verstellen Sie sich nicht, reden und antworten Sie so wie Sie fühlen und denken. An Ihrem späteren Arbeitsplatz werden Sie sich nicht lange «verstellen» können, deshalb bringt ein antrainiertes Verhalten, das nicht Sie selbst repräsentiert, in einem Vorstellungsgespräch wenig. Aber: bereiten Sie sich auf das Gespräch gut vor. Lesen Sie die Stellenausschreibung genau, notieren Sie sich Fragen. Schauen Sie sich die Webseite des Unternehmens an, beschäftigen Sie sich mit dem Bereich, für den Sie sich bewerben. Und nutzen Sie auch soziale Medien oder Bewerberportale, um Feedback von anderen Bewerbern oder Mitarbeitern zu erhalten. Je mehr Informationen Sie haben, um so professioneller können Sie auftreten.
Worauf sollten sich Bewerber vorbereiten, die das Unternehmen betreffen? Klassische Daten wie Gründungsdatum und Co. oder auch Daten, die in die Tiefe gehen?
Claus-Peter Sommer: Vorbereitung heißt für mich, das Unternehmen und die Position zu verstehen. Ein reines Auswendiglernen von Daten führt da nicht zum Ziel. Beschäftigen Sie sich mit dem Unternehmen selbst, der Branche, den Wettbewerbern, den Produkten des Unternehmens. Machen Sie eine Internetrecherche: in welchen Bereichen ist das Unternehmen führend, wo liegen Wettbewerbsvorteile, wie könnten Sie in Ihrer zukünftigen Position zu einer Weiterentwicklung des Unternehmens beitragen? Was beeindruckt Sie an dem Unternehmen am meisten – Produkte, Kultur, Innovationen? Was sehen Sie vielleicht auch als Schwäche? Was sagen Dritte wie Finanzanalysten oder Branchenexperten zu dem Unternehmen? Je runder Ihr Bild von dem Unternehmen ist, umso professioneller wird Ihr Bewerbungsgespräch verlaufen. Und vergessen Sie nicht, die Stellenausschreibung genau zu studieren – denn da steht normalerweise alles drin, was Sie zur Stelle wissen müssen. Planen Sie ruhig 1,5 bis 2 Stunden Zeit für die Vorbereitung ein.
Die Frage nach den Gehaltsvorstellungen ist ein heißdiskutiertes. Welche Tipps haben Sie für Bewerber? Pokern oder Zurückhaltung?
Claus-Peter Sommer: Auch hier gilt: Informationen sammeln. Recherchieren Sie auf den einschlägigen Bewerberportalen, wieviel für vergleichbare Positionen in der Branche und Region bezahlt wird. Was ist Ihr ehrlicher «Marktwert» in Bezug auf Ihr Gehalt? Unternehmen verwenden für zu besetzende Positionen in der Regel Gehaltsbänder, in denen sich ein Personalleiter und Fachvorgesetzter bewegen können. Wenn Sie eine gute Idee von Vergleichsgehältern haben, dann ist es durchaus legitim, die eigene Gehaltsvorstellung eher im oberen Bereich solcher Gehaltsbänder anzusiedeln. Man wird Ihnen schon sagen, wenn Ihre Vorstellung dann nicht «ins Budget» passt. Wer aber mit realitätsfremden Gehaltswünschen pokert, wird sich dann doch schnell selbst aus dem Rennen katapultieren.
Welche Gewichtung nimmt die Persönlichkeit und welche die objektiven Fertigkeiten und Fachkenntnisse bei der Auswahl eines Kandidaten ein?
Claus-Peter Sommer: Das ist eine schwierige Frage. Ich würde spontan sagen, es hängt von der Stelle und Branche ab. Bei Positionen mit Führungsverantwortung wird die Persönlichkeit ein stärkeres Gewicht bekommen als bei Fachpositionen, für die mehr die Kenntnisse zählen. Manche Internet-Unternehmen geben zum Beispiel analytischen und kognitiven Fähigkeiten einen Vorzug vor angelernten Fachkenntnissen.
Welche Methoden und Kanäle nutzen Sie für die Rekrutierung von Personal?
Claus-Peter Sommer: Die Personalrekrutierung hat sich in den letzten 10 Jahren massiv verändert. Der Klassiker der Stellenanzeige, die dann früher in Zeitungen gedruckt oder später auf Jobportalen online gestellt wurde, hat sich definitiv überholt. Studien zum Bewerberverhalten haben gezeigt, dass nur ungefähr 20% – 25% der für eine Position relevanten Kandidaten sich aktiv auf Stellensuche befinden. Die Mehrheit der potentiellen Kandidaten sucht nicht auf Jobportalen nach einer Stelle. Mit Hilfe von sozialen Medien und Such-Algorithmen identifizieren wir mögliche Kandidaten und sprechen Sie aktiv an, natürlich im Rahmen des gesetzlich möglichen. Dieses Vorgehen nennt man «Active Sourcing» – also die aktive Suche und Ansprache von Kandidaten. Technische Tools und künstliche Intelligenz eröffnen hier inzwischen viele Möglichkeiten. Wir besetzen inzwischen mehr als 2/3 aller Stellen bei unseren Kunden durch Active Sourcing.