Cornelia Herion-Cini: Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen

Interview mit Cornelia Herion-Cini
Cornelia Herion-Cini ist Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei HCL in Pfaffenhofen. Mit ihr sprechen wir über befristete Arbeitsverträge, Aushebelung des Arbeitsschutzes sowie Unwirksamkeit einer vereinbarten Befristung.

Befristete Arbeitsverträge sind beliebt bei Arbeitgebern, aber nicht bei Arbeitnehmern. Führt eine Befristung von Arbeitsverträgen eigentlich zu einer weitgehenden Aushebelung des Arbeitsschutzes?

Cornelia Herion-Cini: Das wirksam befristete oder auflösend bedingte Arbeitsverhältnis endet automatisch mit Ablauf der Frist, der Zweckerreichung oder des Eintritts der auflösenden Bedingung. Aus Sicht eines AN* liegt damit ein instabiles Beschäftigungsverhältnis vor, wegen u.a. Umgehung eines Kündigungsschutzes, der Verhinderung des Entstehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und der Gefahr des Einbezugs von verminderten Beschäftigungsstandards. Um diesen möglichen Missbrauch vorzubeugen, ist das Befristungsrecht im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit -und Befristungsgesetz- TzBfG) vom 21.01.2000 in § 14TzBfG geregelt. Daneben wird der Schutz über die Missbrauchskontrolle des § 242 BGB (Treu und Glauben), die Verpflichtung zur Beachtung bei Bestimmungen in Vereinbarungen des Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und soweit die Vereinbarungen für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sind (§ 305 BGB), die Verpflichtung zur Beachtung der Klauselverbot gewahrt. Aus vorbezeichnetem ergibt sich, dass der Arbeitsschutz nicht ausgehebelt wird.

Ist eine vereinbarte Befristung unwirksam, führt dies zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Unter welchen Voraussetzungen ist eine vereinbarte Befristung unwirksam?

Cornelia Herion-Cini: § 14 TzBfG differenziert zwischen Befristungen mit und ohne sachlichen Grund in Form von Zeitbefristungen sowie der in § 1 Satz 2, zweite Alternative i. V. m. § 15 Abs. 2 TzBfG genannten Zweckbefristung.

Hieraus erfolgt die Unwirksamkeit der Befristungsabrede dann:

a) Zeitbefristungen

–    Kein Sachgrund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG

–    Verstoß gegen das sog. Vorbeschäftigungsverbot oder Anschlussverbot gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG

b) Bei Zweckbefristungen:

–    Kein Sachgrund gemäß § 14 TzBfG

–    Zweck ist unklar

In jedem Fall ist der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages dann unwirksam, soweit ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG vorliegt.

Was sind also die Anforderungen für eine wirksame Befristung des Arbeitsvertrages?

Cornelia Herion-Cini: Ein wirksamer Sachgrund, wobei die Sachgründe des § 14 Abs. 1 Ziffer 1. – 8. TzBfG nicht abschließend genannt sind, so dass auch weitere, von der Rechtsprechung entwickelte Gründe die Befristung rechtfertigen können, aber nur dann, soweit kein Wertungswiderspruch entsteht und diese gleichwertig sind. Im Übrigen das Einhalten des Schriftformerfordernisses, die Beachtung des AGG und des BGB wie oben ausgeführt. Die erleichterte sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs.2 TzBfG ist wirksam bis zur maximalen Dauer von 2 Jahren, die Existenzgründerbefristung gem. § 14 Abs.2aTzBfG bis zu einer Höchstdauer von 4 Jahren.

Befristungen ohne Sachgrund sollen nur bis zur Höchstdauer von zwei Jahren zulässig sein. Die 52er-Regelung stellt wiederum eine wichtige Ausnahme dar. Können Sie uns die Altersbefristung bzw. die 52er-Regelung einmal erklären?

Cornelia Herion-Cini: Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 14 Abs.2 TzBfG) sind grundsätzlich sachgrundlose Befristungen für eine Dauer von maximal zwei Jahren zulässig. Von diesem Grundsatz gibt es gemäß § 14 Abs. 3 TzBfG eine Ausnahme, soweit es sich um eine Befristungsabrede mit einem älteren Arbeitnehmer* handelt. Diese Altersbefristung ist unter folgenden Voraussetzungen möglich: Der AN* muss bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses, das 52. Lebensjahr vollendet haben. Die Befristungsdauer darf die Maximaldauer von fünf Jahren nicht überschreiten.

Der AN* muss vor Beginn der befristeten Beschäftigung mindestens vier Monate

– beschäftigungslos gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewesen sein

– Transfer-Kurzarbeitergeld bezogen oder

– an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem SGB II bzw. SGB III teilgenommen haben.

Mehrfache Verlängerungen des Ausgangsarbeitsverhältnisses innerhalb der fünf Jahre sind zulässig.

Wann ist ein befristeter Arbeitsvertrag durch einen Sachgrund gerechtfertigt?

Cornelia Herion-Cini: § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nennt einzelne Sachgründe die ich wie folgt erklären würde:

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG

Projektbefristung:

Hierunter fällt auch projektbedingter personeller Mehrbedarf.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG

Einmaliger Abschluss eines Arbeitsvertrages nach dem Ende der Ausbildung bzw. des Studiums.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG

Sogenannte Vertretungsbefristung

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG

Dieser Befristungsgrund zielt auf das Recht der Befristung im Rundfunk- und Kunstbereich ab.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG

Befristung zur Erprobung, ohne eine zeitliche Vorgabe.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG

Hier regelt der Gesetzgeber, dass eine Befristung dann zulässigerweise in Betracht kommen kann, wenn die Befristung aus sozialen Erwägungen heraus erfolgt, z.B. befristetes Teilzeit-Arbeitsverhältnis während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufgrund befristeter Rente wegen voller Erwerbsminderung.

§ 14 Abs 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG

Der Gesetzgeber eröffnet damit für den öffentlichen Dienst eine Möglichkeit zur Befristung von Arbeitsverhältnissen, die der Privatwirtschaft nicht zur Verfügung steht.

§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG

Hierunter fällt der Sachgrund einer Befristung auf Basis eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 6 ZPO oder aber eine Weiterbeschäftigung im Rahmen eines sog. Prozessrechtsverhältnisses.

Nicht immer verläuft der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses reibungslos. Was können Arbeitnehmer bei einer unzulässigen Befristung tun?

Cornelia Herion-Cini: Will der AN* geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er gemäß § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist. Die Klagefrist ist auch dann einzuhalten, wenn die ordentliche Kündigung gegen das Kündigungsverbot des § 15 Abs. 3 TzBfG verstößt.

Frau Herion-Cini, vielen Dank für das Gespräch!

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