Dr. Ute Bartholomä ist Rechtsanwältin bei der CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB in Berlin. Mit ihr sprechen wir über einseitiges Beenden des Arbeitsverhältnisses, Aufhebungsvertrag sowie Vereinbarung über die Abwicklung.

Vielen ist der Begriff Aufhebungsvertrag zwar ein bekannter Begriff, doch die tatsächliche Bedeutung ist vielen unklar. Wie unterscheiden sich eine Kündigung und Aufhebungsvertrag?
Dr. Ute Bartholomä: Mit einer Kündigung können Arbeitnehmer oder Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis einseitig, das heißt ohne Zustimmung des jeweils anderen Vertragspartners unter Einhaltung der Kündigungsfrist beenden. Hingegen stellt der Aufhebungsvertrag eine Vereinbarung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Das heißt, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einigen sich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem im Aufhebungsvertrag vereinbarten Datum.
In einem Aufhebungsvertrag können viele Bedingungen geregelt werden. Können Sie uns die relevantesten Punkte nennen, die in einem Aufhebungsvertrag behandelt werden können?
Dr. Ute Bartholomä: Zunächst muss der Aufhebungsvertrag die Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Datum beinhalten. Gegebenenfalls wird dabei auch der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwähnt – beispielsweise zur Vermeidung einer Kündigung oder auf Wunsch des Arbeitnehmers. Darüber hinaus werden üblicherweise Vereinbarungen über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses bis zum Beendigungsdatum getroffen. Darunter zum Beispiel die Fortzahlung der monatlichen Gehälter, die Gewährung bislang nicht genommener Urlaubstage oder deren finanzielle Abgeltung sowie gegebenenfalls die Freistellung des Mitarbeiters von seiner Arbeitspflicht bis zum Beendigungsdatum. Ebenso enthalten Aufhebungsverträge regelmäßig Regelungen zu der Ausfertigung von Zeugnissen, über die Rückgabe von Arbeitsmaterialien sowie technischen Geräten und über die Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen. Will der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages beenden, ohne dass der Arbeitnehmer selbst einen Anlass hierfür gegeben hat, wird der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung anbieten müssen, die ebenfalls im Aufhebungsvertrag geregelt wird.
Was sind die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrages aus Sicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Dr. Ute Bartholomä: Ein Aufhebungsvertrag ist für einen Arbeitnehmer von Vorteil, wenn er vorzeitig, also ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden möchte, beispielsweise, um bei einem neuen Arbeitgeber kurzfristig arbeiten zu können. Darüber hinaus kann der Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorteilhaft sein, wenn ihm sonst eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitgebers oder eine aus anderen Gründen wirksame Kündigung drohen würde. Für den Arbeitgeber ist der Aufhebungsvertrag von Vorteil, wenn er das Arbeitsverhältnis mangels Kündigungsgrund nicht einseitig durch Ausspruch einer Kündigung wirksam beenden könnte oder wenn er zum Ausspruch einer Kündigung die vorherige Zustimmung einer Behörde benötigt. Dies kann im Falle der Kündigung von Schwangeren, Schwerbehinderten oder Mitarbeitern in Elternzeit zutreffen. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber – sofern vorhanden – seinen Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung zwingend anhören, damit die Kündigung wirksam werden kann. Diese Anhörungs- und Zustimmungsverfahren kann sich der Arbeitgeber bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages sparen. Schließlich ist – sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer – bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages von Vorteil, dass regelmäßig die noch bestehenden beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungsdatum geregelt werden können. Dies vermeidet spätere Diskussionen/Auseinandersetzungen über die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses. Dieser Aspekt kann sich jedoch auch zum Nachteil auswirken, wenn Ansprüche im Aufhebungsvertrag nicht geregelt werden und der Aufhebungsvertrag eine sogenannte Abgeltungsklausel enthält. Denn eine solche Abgeltungsklausel hat grundsätzlich zur Folge, dass die Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis nach Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht mehr realisiert werden können. Schließlich kann für den Arbeitnehmer der Abschluss eines Aufhebungsvertrages dann von Nachteil sein, wenn er im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen neuen Arbeitsplatz findet und Arbeitslosengeld beziehen möchte. Denn bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages können dem Arbeitnehmer Nachteile beim Bezug von Arbeitslosengeld drohen.
Wenn ein Aufhebungsvertrag erst einmal unterschrieben ist, denken viele Arbeitnehmer, dass dieser nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ist diese Annahme wahr und welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer bei einem schon unterschriebenen Aufhebungsvertrag?
Dr. Ute Bartholomä: Ja, der von beiden Seiten unterschriebene Aufhebungsvertrag ist wirksam und kann grundsätzlich nicht mehr vom Arbeitnehmer (oder Arbeitgeber) rückgängig gemacht werden. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sind an diesen Aufhebungsvertrag gebunden. Dieser Aufhebungsvertrag könnte lediglich durch eine neue Vereinbarung „ersetzt“ werden. Zum Beispiel, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer übereinstimmend entschließen sollten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Im Übrigen kann ein Aufhebungsvertrag angefochten werden, sofern ein Anfechtungsgrund nach dem Gesetz besteht. Ein solcher Anfechtungsgrund könnte bei einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung gegeben sein. Auch besteht die Möglichkeit, von einem Aufhebungsvertrag zurückzutreten, unter anderem wenn der Arbeitgeber die zugesagte Abfindung nicht an den Arbeitnehmer auszahlt.
Oftmals drängen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer zur Unterschrift auf dem Vertrag. Unter welchen Umständen könnte sich eine gerichtliche Anfechtung des Aufhebungsvertrags lohnen?
Dr. Ute Bartholomä: Wie bereits erwähnt kann ein Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden. Eine arglistige Täuschung ist anzunehmen, wenn Arbeitgeber den Arbeitnehmern beispielsweise einen unzutreffenden Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitteilen und ihn damit zum Abschluss des Aufhebungsvertrags bewegen. Eine widerrechtliche Drohung würde in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit dem Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung droht, die der Arbeitgeber nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Darüber hinaus kann ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein, wenn dieser unter Verstoß gegen das sogenannte Gebot fairen Verhaltens zustande gekommen ist. Dieses Gebot wird verletzt, wenn der Arbeitgeber die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers auf eine Weise beeinflusst, die zu missbilligen ist. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber einen erkrankten Arbeitnehmer aufsucht und ihn ohne sachlich gerechtfertigten Grund zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages überredet.