Für wen eignet sich Bewerbungscoaching?

Interview mit Jan Untiedt
Bei einer Bewerbung zählt meist der allererste Eindruck, und dieser findet nicht persönlich statt. Vielmehr wird der Lebenslauf zum Spiegel dessen, was einen ausmacht und repräsentiert das, was ein Arbeitgeber als erstes vom Bewerber sieht. Da sich auch die Arbeitswelt stetig im Wandel befindet und sich die Standards bei Bewerbungen stets weiterentwickeln, sich viele aber dessen nicht bewusst sind, scheitern sie bereits bei der ersten Hürde. Um dem Abhilfe zu schaffen, haben sich Experten wie der Bewerbungscoach und Geschäftsführer von MaCsis United GmbH Jan Untiedt der Aufgabe angenommen, Berufseinsteigern sowie Professionals bei der Suche nach dem perfekten Job und einer erfolgreichen Anstellung zu helfen.

Sie unterstützen sowohl Berufseinsteiger als auch Professionals bei der Suche nach dem perfekten Job und dem perfekten Arbeitgeber. Was sind die Ziele und auch vor allem die Herausforderungen Ihrer Kunden in diesem Bereich?

Das Hauptziel für die meisten Bewerber (Berufseinsteiger und Professionals) ist es, einen Job zu finden. Ob das sofort der perfekte Job oder der perfekte Arbeitgeber ist, lässt sich erst beurteilen, wenn man in der neuen Position arbeitet. Aus meiner Sicht ist die erste Herausforderung, Anschreiben und Lebenslauf so zu gestalten, dass man sich von anderen Bewerbern abhebt und man zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird. Im Bewerbungsgespräch haben Unternehmen und Bewerber – also beide Seiten – die Möglichkeit zu prüfen, ob sie zusammenpassen.

Wie wichtig sind Softskills heutzutage?

Soft-Skill Anforderungen lassen sich nahezu in jeder Stellenausschreibung finden. Im beruflichen Zusammenhang geht es bei Soft Skills sehr oft um Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Integrationsbereitschaft, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Kooperation / Kollaboration. Im persönlichen Bereich um Eigenschaften wie Empathie, Geduld, Ehrlichkeit und Selbstvertrauen.

Die Gegenfrage lautet, ob irgendjemand bei den geforderten Soft Skills schreiben würde, dass er diese Skills nicht mitbringt. Von daher erscheinen viele Stellenanzeigen im Bereich „Soft Skills“ austauschbar.

Damals war es ja ein No Go, wenn man aufgrund von beispielsweise Reisen eine Lücke im Lebenslauf aufwies. Wie sie es heutzutage aus? Wird es immer noch als Mangel gesehen oder kann es vielleicht sogar positiv gesehen werden?

Die Welt hat sich verändert. Reisen sind heute viel einfacher und können beispielweise als Interesse an anderen Kulturen, internationalem Austausch und z. B. als Fremdsprachenkenntnisse interpretiert werden. Englisch ist aus meiner Sicht heute keine Fremdsprache mehr. Von daher sehe ich Reisen nicht als Lücke in einem Lebenslauf.

Sowohl ein Bewerbermarkt ist vorhanden als auch gleichzeitig ein Fachkräftemangel. Theoretisch könnten Bewerber sich einfach die für sich passenden Unternehmen heraussuchen und sich eigenständig bewerben. Warum brauchen dennoch viele Bewerber Ihrer Meinung nach ein professionelles Coaching?

Ein professionelles Coaching ist für viele dennoch nötig, weil nach wie vor völlig veraltete Bewerbungsanschreiben erstellt werden, die Lebensläufe nicht den aktuellen Standards entsprechen und viele keinen Ablaufplan für sich im Kopf haben, wie sie sich vorstellen sollen. Zudem ist es ein Unterschied, sich persönlich vorzustellen oder beispielsweise ein Erstgespräch in einem virtuellen Raum zu führen oder telefonisch. Hier kann ein professionelles Coaching sehr helfen.

Einige Kandidaten/-innen haben Probleme damit, sich zu präsentieren bzw. gut ins rechte Licht zu stellen. Würden Sie kurz anhand Ihrer Erfahrung aufzeigen, welche Probleme am häufigsten auftreten, bei denen Sie eingreifen und coachen müssen?

Viele Bewerber neigen dazu, sich bei der persönlichen Vorstellung nicht an den Anforderungen der Stellenanzeige zu orientieren. Vielmehr werden Dinge erzählt, die möglicherweise im Erstgespräch nicht relevant sind. Kommt es seitens des Unternehmens dabei zu gezielten Rückfragen, werden viele Bewerber unsicher und sind nicht mehr authentisch. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden und hier greift man als Coach ein.

Geben Sie uns doch bitte noch ein paar Einblicke davon, wie genau ein Coaching abläuft.

Aus meiner Sicht ist der Lebenslauf das wichtigste Element im Bewerbungsprozess. Daher steht er in der Regel in den Coachings im Mittelpunkt. Anhand einer gemeinsamen Überprüfung des Lebenslaufes lassen sich zugleich berufliche Qualifikationen und persönliche Eigenschaften erörtern. Dies ist wiederum wichtig, um ein mögliches Vorstellungsgespräch vorzubereiten bzw. zu trainieren.

Sofern vom Coachee gewünscht, können auf Basis einer Neigungs- und Denkstil-Analyse (zertifiziert) die persönlichen Fähigkeiten mit den beruflichen Inhalten und Anforderung abgeglichen werden. Das stärkt das persönliche Bewusstsein und kann wesentlich dazu beitragen, in Vorstellungsgesprächen authentisch zu bleiben.   

Wenn wir etwas näher auf die Berufseinsteiger und die Professionals eingehen, welche Anforderungen stellen Unternehmen an Bewerber, die neu in die Berufswelt einsteigen und die, die einen Berufs- bzw. Unternehmenswechsel vornehmen möchten?

Aus meiner Sicht stellt sich die Situation so dar, dass im Bewerbungsprozess zwischen Unternehmen und Berufseinsteigern unterschiedliche Generationen und Wertevorstellung aufeinandertreffen. Darauf müssten/sollten sich beide Seiten einstellen. “Anforderung“ klingt für mich nach einem festgelegten Rahmen. Damit wirken Unternehmen eher abschreckend. Aus Sicht eines Berufseinsteigers wirkt die „Anforderung“ wie eine Eingrenzung und es kommt womöglich erst gar nicht zur Bewerbung.

In Bezug auf den Bewerbungsprozess zwischen Unternehmen und Professionals erscheint es aus meiner Sicht nach wie vor so, dass das Alter 45 Jahre und älter eine Hürde darstellt. Dass diese Professionals aber möglicherweise aufgrund ihrer Erfahrungswerte eine Bereicherung für ein Unternehmen sein können, scheint noch nicht überall angekommen zu sein. Stattdessen wird Personal eher als Kostenfaktor gesehen. Oftmals kommt ein/e „günstiger/e“- unerfahrene/r Hochschulabsolvent/in eher zum Zuge.   

Herr Untiedt, vielen Dank für das Interview.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Jan Untiedt

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos