Ilka Schmalenberg: Saisonale Schwankungen

Interview mit Ilka Schmalenberg
Ilka Schmalenberg ist Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei Schmalenberg in Nürnberg. Mit ihr sprechen wir über Arbeitslosigkeit, Kündigungen sowie Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung einer Wiedereinstellungsvereinbarung.

Nach einer Kündigung wird manchen Arbeitnehmern gesagt, dass man sie in ein paar Monaten, wenn der Bedarf an Arbeitskräften erneut steige, wieder einstellen werde. In welchen Branchen ist so etwas üblich und wie unterscheidet sich die Wiedereinstellungszusage von einer Wiedereinstellungsvereinbarung?

Ilka Schmalenberg: Gerade Arbeitnehmer in der Baubranche oder im Galabau sind von saisonalen Schwankungen betroffen. Die Witterungen im Winter machen ein Arbeiten im Freien kaum möglich. Für Gärtner, Maler und ähnliche Berufsgruppen gehört das „Stempeln gehen“ im Winter dazu. Mitte bis Ende November werden sie von dem Arbeitgeber gekündigt und müssen sich arbeitslos melden. Sie erhalten dann Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur. Sobald es wärmer wird und damit die Auftragslage steigt, werden die Arbeiter wieder zum Dienst gerufen. Die Arbeitgeber verbinden diese Art der vorübergehenden Kündigung in der Regel mit einer Einstellungszusage gegenüber dem Arbeitnehmer. Damit verpflichtet er sich das Arbeitsverhältnis später wieder fortsetzen zu wollen. Für Arbeitnehmer bleibt die Wiedereinstellungszusage lediglich eine Option, die er zu gegebener Zeit annehmen oder auch ablehnen kann. Eine Wiedereinstellungsvereinbarung hingegen ist eine gegenseitige vertragliche Vereinbarung, bei denen sich beide Parteien bereits bindend verpflichten das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt wieder fortzusetzen.

Die Zusage der Wiedereinstellung muss in einer besonderen Form festgehalten werden. Können Sie uns sagen, was genau in eine schriftliche Vereinbarung gehört?

Ilka Schmalenberg: Egal ob es sich nur um eine bloße Zusage handelt oder eine Vereinbarung, ist diese an keine gesetzliche Formvorschrift gebunden. Zur Wahrung der Rechtssicherheit empfiehlt es sich jedoch alles schriftlich festzuhalten und folgenden Inhalt aufzunehmen:

–          Angaben zum aktuellen Arbeitsverhältnis (Beendigungszeitpunkt, Art der Auflösung, etwa Kündigung oder Aufhebungsvertrag)

–          Angaben zur Fortsetzung; spätestmöglicher Zeitpunkt des Wiederantritts bzw. längst mögliche Dauer der Unterbrechung.

Inwiefern kann die Zusage zur Wiedereinstellung ein Trick des Arbeitgebers sein und wie profitiert dieser davon?

Ilka Schmalenberg: Viele Arbeitgeber kündigen ihre Mitarbeiter unter dem Vorwand, sie wiedereinstellen zu wollen, wenn „es wieder besser aussieht“. In dem Vertrauen, der Arbeitgeber werde einen dann schon wieder zurücknehmen, reichen die Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage ein und verzichten somit auf ihre Rechte; die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kündigung. Oft ist das aber nur ein Trick, auch unliebsame oder unbequeme Arbeitnehmer loszuwerden, etwa weil diese sonst schwer kündbar sind wegen der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes. In diesem Fall wurde zum Beispiel die erforderliche Sozialauswahl nicht durchgeführt oder der Betriebsrat nicht angehört. Da der Arbeitnehmer auf das Wort des Arbeitgebers vertraut hat, gibt es keine schriftliche Widereinstellungszusage und keine anderen Beweise. Der Arbeitgeber will sich später nicht mehr an das Gespräch und die Zusage erinnern und der Arbeitnehmer steht ohne Arbeit da. Arbeitnehmer kennen leider oft nicht ihre Rechte und scheuen dann auch den Gang zum Anwalt, sei es wegen der möglichen Kosten oder aus Scham darüber, dass sie ausgetrickst wurden.

Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn der Arbeitgeber die Vereinbarung oder Zusage nicht einhalten will?

Ilka Schmalenberg: Ganz schutzlos ist der Arbeitnehmer hier zum Glück nicht. Es stehen ihm sogar eine Reihe an Rechten zu. Hält sich der Arbeitgeber nicht an die Einstellungszusage, kann der Arbeitnehmer diese gerichtlich durchsetzen. Hier wird er in der Regel seinen Beschäftigungsanspruch geltend machen und auch die Löhne einklagen, die ihm ab dem vereinbarten Zeitpunkt der Wiedereinstellungszusage zustehen bzw. zugestanden hätten. Solange bis das Arbeitsverhältnis wieder gekündigt wird. Hat der Arbeitnehmer keine Beweise für die Wiedereinstellungszusage, kann er den Anspruch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dennoch geltend machen. Das jedenfalls dann, wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist und im Laufe dieser Frist der ursprüngliche Kündigungsgrund wegfällt und der Arbeitgeber wieder Neueinstellungen vornimmt oder die Stelle neu ausschreibt.

Grundvoraussetzung ist lediglich, dass der Arbeitnehmer Arbeitsbereitschaft erklärt, also den Wunsch das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen.

Viele Arbeitnehmer realisieren erst in was für einer Situation sie sind, nachdem es schon zu spät ist. Was raten Sie Arbeitnehmern, falls diese sich nicht sicher sind, ob die Zusage des Arbeitgebers ernst gemeint ist?

Ilka Schmalenberg: Oft gewähren Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern einen großen Vertrauensvorsprung. Dieser ist leider auch oft nicht berechtigt. Ich rate meinen Mandanten daher immer dazu, sich alles schriftlich bestätigen zu lassen oder eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen. Ist der Arbeitgeber hierzu nicht bereit, ist es ratsam eine Widereinstellungsklage zu erheben, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Sollte das Vertrauensverhältnis durch das ganze Geschehen schon so erschüttert sein, kommt meist nur eine Beendigungslösung gegen Zahlung einer Abfindung in Betracht.

Frau Schmalenberg, vielen Dank für das Gespräch!

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