Jason Schmidt, Hans David & Dietmar Neumann: Managementtraining

Interview mit Jason Schmidt
Jason Schmidt ist Dozent, Trainer & Geschäftsführer Institut für Rhetorik, Coaching & Management in Braunschweig. Hans David und Dietmar Neumann sind seit 15 Jahren Managementtrainer intern bei Volkswagen und seit über 20 Jahre freiberuflich tätig. Mit ihnen sprechen wir über erfolgreiche Manager, Führungskräfte-Seminar sowie weitere Kompetenzen.

Es gibt eine zunehmende Zahl von Instituten und freien Trainern, die das Internet mit Angeboten im Managementtrainings-Sektor überschwemmen. Was macht einen erfolgreichen Manager eigentlich aus, und benötigt der überhaupt ein Führungskräfte-Seminar?

Jason Schmidt: Die Frage, was einen erfolgreichen Manager ausmacht, lässt sich in der Kürze eines Interviews kaum angemessen beantworten – nicht umsonst füllt das Thema Management und Führung zahlreiche Fachbücher verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen – von Sachbüchern und Ratgebern ganz zu Schweigen. Wir wollen dennoch eine Antwort wagen: Als Führungskraft können wir unseren Erfolg im Wesentlichen aus drei Perspektiven betrachten, nämlich der Perspektive Ihrer Mitarbeitenden (1), Ihrer eigenen Perspektive (2) und der Perspektive Ihres Unternehmens (3).

Je nach Perspektive stehen unterschiedliche Erfolgsfaktoren im Mittelpunkt.

(1) Im Falle Ihrer Mitarbeitenden sind das z.B. Arbeitszufriedenheit, Motivation, Entwicklungsmöglichkeiten und die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben (Work-Life-Balance). In der täglichen Praxis erleben Sie den Erfolg dieser Faktoren u.a. durch einen geringen Absentismus, eine geringe Mitarbeiterfluktuation, eine hohe intrinsische Motivation und übertroffene Leistungsziele.

(2) Aus unserer Perspektive als Führungskraft spielen die genannten Erfolgsfaktoren ebenfalls eine wichtige Rolle, doch der Betrachtungshorizont verändert sich. Es geht nun mehr um Ihr persönliches Erleben und weniger um Kennzahlen. So sind u.a. erlebte Bedeutsamkeit, Verantwortung und die Wertschätzung der eigenen Arbeit von großer Bedeutung für das subjektive Erfolgserleben.

(3) Erfolg aus der Unternehmensperspektive nimmt nun auch globalere Faktoren in den Fokus. Neben den typischen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen (Umsatz, Wachstum, Rendite, bereinigter Gewinn) sind auch andere Elemente wie Arbeitgeberattraktivität, Internationalität, Innovationspotential und eine starke Unternehmensmarke von großer Bedeutung.

Die Aufgabe der Führungskraft besteht nun darin, diese Faktoren in Einklang zu bringen. Natürlich unterscheiden sich die Aufgabenschwerpunkte je nach Hierarchiestufe.

Neben einer Vielzahl von fachlichen Kompetenzen benötigen wir als Führungskraft ausgezeichnete Kommunikationskompetenzen, denn wir verbringen den Großteil unserer Arbeitszeit in unterschiedlichen Kommunikationssituationen (z.B. in Verhandlungen, Meetings oder Mitarbeitergesprächen).

An dieser Stelle setzen Seminar- und Fortbildungsangebote für Führungskräfte an. Führungskräfte können innerhalb dieser Angebote sowohl ihre fachlichen als auch ihre kommunikativen Kompetenzen vertiefen. Darüber hinaus bieten diese Weiterbildungsformate Möglichkeiten für einen branchenübergreifenden Austausch sowie für ein offenes und ehrliches Feedback. Von einem professionellen Managementtraining profitiert also nicht nur der Manager, sondern vor allem das Unternehmen und die geführten Mitarbeitenden.

Im Sinne einer kritischen Betrachtung sei an dieser Stelle allerdings vermerkt, dass Seminare und Trainings, die z.T. auf sektenhaften Ideologien basieren, durchaus eklatante Schäden verursachen können.

Warum sind zunehmend weitere Kompetenzen heutzutage für Manager gefragt?

Hans David: Sowohl für sich im Einzelnen als auch im Zusammenspiel sorgen die Globalisierung und die Digitalisierung für eine stetige Zunahme der Komplexität. Im praktischen Alltag begegnet uns dieses Phänomen durch eine enorme Anzahl von arbeitsrelevanten Beziehungen und die verschiedenen Vernetzungen, die diese wiederum er- zeugen. Verdeutlichen wir das an einem Beispiel: Stellen Sie sich bitte vor, Sie produzieren gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden Schrauben. Während Ihr Absatzmarkt vor Globalisierung und Digitalisierung auf Ihre unmittelbare Umgebung beschränkt war, steht Ihnen heutzutage gewissermaßen die ganze Welt offen.

Und das nicht nur analog, sondern auch digital. Angenommen Sie nutzen dieses Absatzpotential und bauen Ihre Schraubenproduktion zu einem Global Player aus, führt das unweigerlich zu einer enormen digitalen und welt- umfassenden Vernetztheit. Hier den Überblick zu behalten und zugleich die relevanten Erfolgsfaktoren (siehe beispielhaft 1.) weiter auszubauen, stellt uns als Führungskraft vor ganz neue Herausforderungen.

Darüber hinaus führt diese Entwicklung zu einer Myriade von Situationen und Möglichkeiten, die ein enormes Wachstumspotential für das eigene Unternehmen darstellen können. Dabei ist allerdings vorausgesetzt, dass die Mitarbeitenden des Unternehmens über die notwendigen Kompetenzen verfügen, ebenjenes Wachstumspotential zu erkennen und auch ausschöpfen zu können.

Typische Entwicklungen sind im Moment z.B. Umgang mit Fachkräftemangel, New Work, agile Konzepte und die digitale Transformation.

Eine stetige qualitative Weiterbildung ist in dieser Veränderungsdynamik nicht mehr bloß ein „nice-to-have“. Es wird zu einem „must-have“.

Sind quantitative Ziele wie Wachstum, Rendite und Umsatz immer noch der Hauptfokus einer Managementspitze?

Dietmar Neumann: Je nach Branche und Art des Unternehmens kann der Hauptfokus des Topmanagements durchaus variieren. In einem gemeinnützigen oder öffentlichen Unternehmen liegt der Fokus eher auf dem Erfolg von ideellen bzw. normativen Zielen, während sich der Erfolg eines Strukturvertriebs wesentlich über Rendite, Kundenzahl und Gewinne definiert.

In Start-ups und reinen Digitalunternehmen kommen überdies noch ganz andere Kennzahlen zum Tragen. So spielen im digitalen Kontext z.B. Klicks, Abonnenten und die Reichweite bzw. der Einfluss des eigenen Unternehmens eine wichtige Rolle.

Die Art des Geschäftsmodells bestimmt dementsprechend maßgeblich darüber, welche Kennzahlen den Hauptfokus des Managements ausmachen.

Zudem haben Unternehmen, die sich an Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeitermotivation orientieren, i.d.R. auch wenig Schwierigkeiten mit den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen.

Bleiben wir beim stereotypen Topmanager, der in einer großen Aktiengesellschaft beschäftigt ist, können wir Wachstum, Rendite und Umsatz nach wie vor als elementare Ziele benennen.

Können Sie kurz erklären, was ein Managementtraining umfasst und welche gängigen Lernziele verfolgt werden?

Jason Schmidt: Es gibt kein Patentrezept für ein Managementtraining. Stattdessen stellt sich immer wieder aufs Neue heraus, wie verschieden einzelne Führungskräfte sind, obwohl sie den gleichen Beruf ausüben.

Diese Individualität anzuerkennen und bei der Gestaltung des Seminars bzw. des Trainings zu berücksichtigen, ist unerlässlich, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen.

Viele Führungskräfte setzen neben einem Managementtraining zusätzlich auf ein individuelles Einzelcoaching, um z.B. den Transfer in den Arbeitsalltag zu erleichtern oder bestimmte Lerninhalte branchenspezifisch zu vertiefen. Ein gutes Managementtraining ist also nicht von der Stange, sondern vielmehr Maßkonfektion. Ein professionelles Managementcoaching wiederum ist wahrlich eine Maßanfertigung.

Diese Metapher spiegelt sich auch in der Methodenvielfalt wider.

Im Managementtraining finden vielschichtige erwachsenendidaktische Lernmethoden ihre Anwendung (z.B. Cognitive Apprenticeship). Neben diesen hochspezifischen Techniken kommen auch klassische Simulationsübungen (Verhandlung, Präsentation, Rhetorik, Moderation) vor, wobei sich die Schwierigkeit dieser je nach

Teilnehmerkreis maßgeblich unterscheiden kann.

Es dürfte daher kaum überraschen, dass auch die Lernziele je nach Teilnehmerkreis sehr unterschiedlich aus- fallen.

Zu den allgemeinen Lernzielen gehört demnach u.a.:

– das Erlernen oder Vertiefen einer bestimmten Fertigkeit oder Kompetenz (z.B. Führungstechniken, Führungs- verhalten, Führen von Mitarbeitergesprächen)

– der Erwerb neuer relevanter Informationen und der Aufbau neuer Wissensstrukturen (z.B. Motivationspsychologie, Führungsmodelle, Managementtheorien)

– die Reflexion der eigenen tätigkeitsbezogenen Rolle und die Reflexion des damit assoziierten Verhaltens (z.B. Reflexion von Führungsverhalten, Führungsverantwortung und Selbstführung).

Ist ein Managementtraining sinnvoll und kann das Führungsverhalten dadurch wirklich nachhaltig verbessert werden?

Hans David: Idealerweise verändert sich das Führungsverhalten nach einem Training in die vom Teilnehmenden gewünschte Richtung. Aus lernpsychologischer Sicht zeigt sich uns dadurch, dass Lernen stattgefunden hat. Diese Veränderungen sind nicht jedes Mal von fundamentalem Ausmaß. Häufig sind es Kleinigkeiten, die allerdings durchaus große Wirkungen entfalten. Ein Beispiel: Sie als Führungskraft verändern nach einem Training Ihr Frageverhalten gegenüber Ihren Mitarbeitenden. Anstelle von geschlossenen Fragen oder Suggestivfragen, bei denen Sie die Antwort implizit bereits vorwegnehmen, stellen Sie nun offene Fragen. Die Mitarbeitenden erleben diese Verhaltensänderung als wertschätzend und nehmen jetzt an, dass Sie sich ehrlich für Ihre Anliegen interessieren. Die Arbeitszufriedenheit und intrinsische Motivation in der Abteilung steigen.

Des Weiteren kann sich Lernen auch latent äußern, z.B. wenn Sie als Führungskraft Ihre Einstellung gegen- über Ihren Mitarbeitenden verändern. Etwas überspitzt: Sie verändern Ihr Mitarbeiterbild von der »fleißigen Arbeitsbiene« hin zum »individuellen Teammitglied«. Auch diese Veränderung führt mittelfristig zu einer Verbesserung von Arbeitszufriedenheit und Mitarbeitermotivation.

Zusätzlich besteht seit langem der Irrglaube, dass die Führungsfertigkeit angeboren sei. Tatsächlich können Sie Führung wie ein Handwerk erlernen – von Techniken über Methoden bis hin zu assoziierten Kompetenzen.

Dafür stehen Ihnen zum einen externe Angebote wie Managementtrainings, universitäre Lehrveranstaltungen und längerfristige Weiterbildungen zur Verfügung. Zum anderen können Sie im Rahmen eines Mentorenprogramms individuell von erfolgreichen Führungskräften lernen. Beide Prozesse lassen sich zusätzlich durch Coachings unterstützen, die u.a. die Förderung der Selbstreflexionskompetenz in den Fokus nehmen.

In unserer täglichen Praxis zeigt sich regelmäßig, dass besonders im Bereich der Kommunikationskompetenzen (speziell in der Gesprächsführung) auch bei etablierten Führungskräften größere Defizite bestehen. Neben entsprechenden Seminarinhalten hat sich insbesondere die Reflexionsfläche, die andere teilnehmende Führungskräfte bieten, als wirksam erwiesen, um diesem Umstand entgegenzuwirken.

Führungsseminare und Managementtrainings stellen dementsprechend einen gewinnbringenden Rahmen für Personalentwicklung dar.

Was halten Sie vom Training für Führungskräfte und worauf sollte bei der Wahl der Trainings-Seminare und des Coaches geachtet werden?

Dietmar Neumann: Im Hinblick auf Trainingskurse oder Seminare sollte u.a. Folgendes sichergestellt sein:

Die vermittelten Inhalte sind aktuell und werden auch kritisch reflektiert. Zusätzlich sollte es sich um validierte, nachvollziehbare und vor allem recherchierbare Informationen handeln. „Wunderkonzepte“ oder Patentlösungen, die auf speziellen und meist eindimensionalen Ideologien beruhen oder ethisch fragwürdig sind, können durchaus größere Schäden verursachen und sollten daher unbedingt vermieden werden.

Professionelle Anbieter kommunizieren daher transparent, welche Lernziele mit einem Seminar verfolgt wer- den, mit welchen Methoden gearbeitet wird und geben Ihnen gerne fachliche Literaturempfehlungen an die Hand, die über ihr eigens verfasstes Buch hinausgehen.

Darüber hinaus hilft es, sich bewusst zu machen, dass Lernerfolge Zeit benötigen. Natürlich können Sie inner- halb eines Wochenendseminars eine neue Kompetenz erwerben. Zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung kommt es allerdings erst, wenn Sie aus den erlernten Informationen Ihre individuellen Wissensstrukturen auf- bauen und die trainierten Methoden und Techniken in Ihren Praxisalltag transferieren und integrieren. In der Regel können Sie also mindestens die doppelte Seminardauer für die Nachbereitung einplanen. Aus einem Wochenendseminar á 18 Stunden ergibt sich somit ein Lernaufwand von mindestens 54 Stunden.

Bei längerfristigen Weiterbildungen oder gar Ausbildungen sind hohe Stundenzahlen, i.d.R. ab 600 Stunden üblich, um einen qualitativen Standard sicherstellen zu können.

Für praxisrelevante Fertigkeiten und Kompetenzen ist es zudem unbedingt notwendig, praktische Übungseinheiten zu durchlaufen. Insbesondere bei Managementtrainings machen diese Übungen einen Großteil des Programms aus.

Neben dem Programm und der didaktischen Gestaltung des Seminars bzw. des Trainings kommt natürlich auch dem Dozenten bzw. dem Trainer eine wichtige Rolle zu. An dieser Stelle ist auch der Trainer vom Coach zu unterscheiden. Zwar sind viele Trainer auch als Coaches tätig – die Tätigkeitsfelder unterscheiden sich allerdings z.T. stark voneinander.

Die Leitpunkte, die wir bei der Auswahl unseres Trainers berücksichtigen sollten, können wir auch bei der Auswahl unseres Coaches heranziehen.

Professionelle Trainer benötigen einerseits tiefgreifende Fachkompetenz und andererseits einen fundierten Grundstock an Universalwissen. Die Fachkompetenzen ergeben sich zumeist aus langwierigen Ausbildungen, z.B. einem Fachstudium und werden durch viele spezielle Weiterbildungen ergänzt. Das Universalwissen wird i.d.R. durch eigene Erfahrungen in der Branche oder über die Trainertätigkeit erworben.

Zusätzlich zu diesen beiden Facetten sind eine hohe Sozialkompetenz, vielseitiges Methodenwissen und vertiefende Kenntnisse der Erwachsenendidaktik unbedingte Voraussetzung. Diese Kompetenzen werden gerne über eine mehrjährige Trainerausbildung erworben und trainiert. Im Bereich des Coachings ist auch ein psycho- logischer Hintergrund überaus nützlich.

Im beruflichen Alltag können wir auf folgende Faktoren achten:

Kritisch betrachtet werden sollte:

– Der Trainer/Coach ist Mitglied eines Strukturvertriebs und lehrt ausschließlich vorgegebene Konzepte oder verkauft ausnahmslos Trainerausbildungen.

– Der Trainer/Coach ist Mitglied einer Sekte oder einer dogmatischen/sektenähnlichen Organisation.

– Der Trainer/Coach behauptet, für alles Experte zu sein, und bietet keinerlei Informationen über diese Expertise an.

– Der Sitz des Trainerinstituts liegt im Ausland, obwohl nur Dienstleistungen in Deutschland angeboten werden.

Positiv zu bewerten ist:

– Im Mittelpunkt stehen die Teilnehmenden, nicht der Trainer/Coach.

– Der Trainer/Coach wird persönlich empfohlen (hier sind nicht die „Referenzen“ auf der eigenen Webseite oder „Vergleichsportale“, die gute Bewertungen gegen Honorar anbieten, gemeint).

– Der Trainer/Coach ist auch an anerkannten Instituten tätig (Universitäten, Hochschulen, Volkshochschulen) und partizipiert an Forschungsprojekten.

Abschließend können wir die Frage – Braucht man ein Managementtraining? – mit einem klaren Ja beantworten, vorausgesetzt es wird professionell durchgeführt. Dies bestätigen nicht nur die zahlreichen positiven Erfahrungen mit diesem Weiterbildungsformat, es spiegelt sich auch in der Nachfrage seitens der großen Unternehmen wider.

Herr Schmidt, Herr David und Herr Neumann, vielen Dank für das Gespräch!

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