Jörg Janßen: Wunsch nach einer persönlichen Selbstverwirklichung

Interview mit Jörg Janßen
Jörg Janßen ist selbständiger Unternehmer und Geschäftspartner der Perspektiv-Consulting GmbH in Stade. Mit ihm sprechen wir über Auslöser für die Jobunzufriedenheit, ableitende Langeweile sowie Veränderungen im beruflichen Umfeld.

Es gibt zahlreiche Gründe, warum Beschäftigte unzufrieden mit ihrem Job sind. Für viele ist aber eine berufliche Neuorientierung keine Option. Was sind die häufigsten Gründe, die zu einer Jobunzufriedenheit führen?

Jörg Janßen: In unserer täglichen Praxis sehen wir verschiedene Auslöser für die Unzufriedenheit im Job. Manchmal ist es eine Unterforderung und die sich daraus ableitende Langeweile. Am häufigsten sind es Veränderungen im beruflichen Umfeld, wie ein neuer Chef, organisatorische Veränderungen, neue Aufgabenfelder oder auch der Verkauf oder die Verschmelzung von Unternehmen. In der Lebensphase um die 50 kommen dann noch die Sinnfrage „War das schon alles?“, sowie der Wunsch nach einer persönlichen Selbstverwirklichung für die „letzten Berufsjahre“ hinzu. Sich zu überwinden, die eigene berufliche Zukunft in die Hand zu nehmen, fällt dennoch häufig schwer. Zu sehr bremst das starke Gefühl, seine materielle Sicherheit zu gefährden und am Ende, ohne etwas da zu stehen. Diese Angst ist jedoch bei vielen unbegründet, denn in der aktuellen Arbeitswelt finden nachgewiesenermaßen gut qualifizierte Menschen auch wieder Arbeit.

Woher weiß man, dass es Zeit ist den Job zu wechseln, um sich neuen Herausforderungen zu stellen?

Jörg Janßen: Wenn die Unzufriedenheit als Belastung wahrgenommen wird, Frust und das Gefühl von Ausweglosigkeit entstehen, die Motivation abnimmt und der Ärger über die Arbeit in das Privatleben schwappt. Dann sollten Sie sich darüber klar werden, dass es Zeit ist, etwas zu verändern.

Viele Beschäftigte über 35 haben Hemmungen sich neu zu orientieren. Kann man im fortgeschrittenen Alter noch adäquat Karriere machen?

Jörg Janßen: Eindeutig ja! Gerade mit 35+ ist karrieretechnisch noch vieles möglich. Bis dahin haben Arbeitnehmer*innen viele gute und wertvolle Erfahrungen gesammelt, die für neue Aufgaben im eigenen oder in einem neuen Unternehmen qualifizieren und berufliche Horizonte eröffnen. Es empfiehlt sich, diesen Schritt gut vorzubereiten und sich gegebenenfalls Unterstützung in Form eines Coachings zu holen, um ein konkretes Bild ihrer Karriereambitionen und eine Strategie zur Zielerreichung entwickeln zu können. Allgemein wird gesagt, dass der Zenit der Karriere mit Anfang 50 erreicht wird und dann nur noch sehr selektiv große Schritte folgen. Allerdings erleben wir auch, dass in diesem Alter sehr viele in die Selbstständigkeit starten und so ihre ganz persönliche Entwicklung vorantreiben.

Ein Neuanfang ist immer schwer. Wie kann man mentale Hürden der Neuorientierung überwinden?

Jörg Janßen: Veränderung beginnt mit den drei Bereichen Selbstwahrnehmung, Selbstwertgefühl und Zutrauen. Wer es schafft sich seiner eigenen Stärken bewusst zu werden und den Glauben an sich selbst zu finden, hat bereits die erste Hürde genommen. Unsere bestehenden kulturellen Glaubenssätze, wie die Sorge, die eigene materielle Sicherheit zu gefährden, was andere über einen denken könnten oder Ähnliches, bremsen uns gern aus. Indem wir uns diese Glaubenssätze bewusst machen, können wir mit ihnen aufräumen und freie Sicht nach vorne schaffen. Berufliche Veränderungen sind absolut normal und an der Tagesordnung. 3% der Arbeitenden wechseln pro Jahr den Job, das sind knapp 1,5 Millionen Menschen in Deutschland. In manchen Branchen, wie z.B. bei den Softwareentwicklern sind es laut einer LinkedIn Analyse sogar 13,3% und bei Beratern 11,7%. Arbeitnehmer*innen, die sich neu orientieren möchten, sind also in bester Gesellschaft. Bei der Überwindung der mentalen Hürden und der Entwicklung einer positiven und starken Zukunftsvision kann die Hilfe eines Coaches sehr viel bewirken. Durch den Einsatz von gezielten Methoden können Blockaden erkannt und zielorientiert aufgelöst werden.

Was muss man also tun, damit eine berufliche Neuorientierung gelingt?

Jörg Janßen: Ein einfaches “weg von” reicht nicht aus. Oft ist es zwar der erste Schritt, um die mentale Freiheit für etwas Neues zu schaffen. Die wirkliche Energie entsteht aber erst durch eine “hin zu” Motivation. Für eine erfolgreiche Neuorientierung braucht es diese Art der Motivation, diese Lust, ein klares Ziel, eine konkrete Vision oder Idee, wo ich beruflich hin will, zu erreichen. Ausgerichtet auf diese Vision, die sich aus den persönlichen und beruflichen Zielen zusammensetzt, entstehen dann die Wege und Lösungen zur erfolgreichen Neuorientierung.

Was raten Sie Beschäftigten, die mit dem Gedanken spielen, den Beruf zu wechseln?

Jörg Janßen: Die erste Frage ist: Warum will ich wechseln und was – ganz konkret – löst diesen Wunsch in mir aus? Es geht nicht um die von außen betrachtete Situation, sondern um die damit verbundene Emotion und Motivation in uns, die verletzt oder unbefriedigt ist. Was in mir ist im Ungleichgewicht und warum? Wenn Sie das klar benennen können, entsteht auch die Antwort, ob ein Wechsel überhaupt eine Lösung ist oder es vielleicht erst einmal eines klärenden Gesprächs bedarf. Wenn danach ein Wunsch nach einem Berufswechsel konkret begründbar ist, fragen Sie sich: Wo komme ich wieder ins Gleichgewicht, in welchem Umfeld mit welcher Aufgabe? Und wo werden meine Motive, Werte und Persönlichkeit in einer Weise angesprochen, die in mir eine innere Zufriedenheit auslösen? Wenn Sie diese Fragen beantworten können, dann haben Sie Ihr Ziel gefunden. Der Rest ist Planung und Organisation: die Suche nach der angestrebten neuen Rolle, die unterschiedlichen Zugänge zum Arbeitsmarkt und zu Unternehmen, sowie die Bewerbung und die überzeugende und guten, passenden Selbstpräsentation in der Schriftform, im Web, auf Plattformen und in Gesprächen.

Herr Janßen, vielen Dank für das Gespräch!

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