Befristete Arbeitsverträge sind beliebt bei Arbeitgebern, aber nicht bei Arbeitnehmern. Führt eine Befristung von Arbeitsverträgen eigentlich zu einer weitgehenden Aushebelung des Arbeitsschutzes?
Karsta Blob: Der entscheidende Unterschied zwischen dem befristeten und dem unbefristeten Arbeitsverhältnis besteht darin, dass das befristete Arbeitsverhältnis in der Regel nicht durch eine ordentliche Kündigung beendet werden kann, außer diese Möglichkeit ist explizit vorbehalten. Stattdessen endet das Arbeitsverhältnis durch Ablauf der im Vertrag vereinbarten Zeit oder durch den Eintritt des Befristungszwecks. Die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund besteht aber dennoch.
Die Befristung stellt für den Arbeitgeber eine Möglichkeit dar, sich über die klassische Probezeit hinaus nicht langfristig an den Arbeitnehmer binden zu müssen. Dadurch kann der Arbeitgeber flexibler auf Veränderungen in seinem Betrieb reagieren. Auf der anderen Seite ist eine Befristung für den Arbeitnehmer mit einer wirtschaftlichen Unsicherheit verbunden. Um diese Interessen in Ausgleich zu bringen, ist eine Befristung ohne Angabe eines sachlichen Grundes im Regelfall nur bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren zulässig.
Liegt ein sachlicher Grund vor, kann der Arbeitgeber auch eine längere Befristung vornehmen. Der Sachgrund wird im Ergebnis nämlich darin begründet sein, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Befristung keine Arbeitsstelle oder keine Bezahlung mehr wird bieten können. Natürlich genießt der befristete Arbeitnehmer bei Ablauf der Befristung keinen besonderen Kündigungsschutz wie beispielsweise Schwangere oder schwerbehinderte Menschen. Der besondere Kündigungsschutz ist dadurch begründet, dass Arbeitnehmer, die vulnerablen Gruppen angehören, möglicherweise größere Schwierigkeiten haben werden, auf dem Arbeitsmarkt eine neue Beschäftigung zu finden. Durch die schon bei Vertragsschluss vereinbarte Befristung wird aber auch nicht dieselbe Überrumpelung bewirkt wie durch eine Kündigung, schließlich ist das Ende des Arbeitsverhältnisses und die Notwendigkeit der Arbeitsplatzsuche von vornherein absehbar. Beispielsweise wird ein befristeter Arbeitsvertrag im Falle einer Schwangerschaft nicht automatisch verlängert. Besondere Vorschriften zum Gesundheitsschutz gelten aber – solange die Befristung noch nicht ausgelaufen ist – selbstverständlich auch in einem befristeten Arbeitsvertrag. Dem Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen darüber hinaus aber dieselben Rechte zu wie dem »unbefristeten« Arbeitnehmer. Genauso wie die Kündigung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt, muss auch die wirksame Befristung schriftlich erfolgen.
Insgesamt würde ich die Frage daher verneinen. Auch durch eine Befristung kommt es nicht zu einer weitgehenden Aushebelung des Arbeitnehmerschutzes.
Ist eine vereinbarte Befristung unwirksam, führt dies zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Unter welchen Voraussetzungen ist eine vereinbarte Befristung unwirksam?
Karsta Blob: Eine Befristung ist in jedem Fall nichtig, wenn sie nicht schriftlich vereinbart wurde. Ansonsten ist hinsichtlich der Wirksamkeit danach zu differenzieren, ob eine Befristung wegen des Vorliegens eines sachlichen Grundes vereinbart wurde, oder ohne einen solchen Sachgrund. Ist der Befristung kein Sachgrund zugrunde gelegt worden, ist die Befristung unwirksam, wenn sie für einen zu langen Zeitraum vereinbart wurde. Im Regelfall ist eine Befristung über zwei Jahre hinaus unwirksam. Ohne einen sachlichen Grund ist die Befristung auch dann unwirksam, wenn vorher bereits einmal ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand und der Arbeitnehmer in den Betrieb zurückkehrt. Der Arbeitgeber konnte dann bereits einen Eindruck von der Leistung des Arbeitnehmers gewinnen und es besteht für die zusätzliche Absicherung durch die Befristung kein Bedürfnis mehr. Auch hiervon können aber Ausnahmen gemacht werden, wenn das vorhergehende Arbeitsverhältnis bereits sehr lange zurückliegt. Erfolgt die Befristung aus einem sachlichen Grund, ist sie unwirksam, wenn der sachliche Grund bei Abschluss des Arbeitsvertrags tatsächlich gar nicht vorliegt und nur »vorgeschoben« wird. Behauptet wird also beispielsweise, dass durch unerwartete Mehrarbeit nur vorübergehend betrieblicher Bedarf nach einem weiteren Arbeitnehmer besteht. Tatsächlich ist aber zu erwarten, dass auch nach Vertragsende das regelmäßig anfallende Arbeitspensum nicht mit dem Stammpersonal bewältigt werden kann. Unwirksam ist die Befristung außerdem auch dann, wenn die Befristung selbst oder ihre Dauer eine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes darstellt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Arbeitgeber ungerechtfertigter Weise keine Arbeitnehmer beschäftigen möchte, die eine bestimmte Altersgrenze überschritten haben, und nur deshalb eine Befristung erfolgt.
Kommt der Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung oder nach Zweckerreichung weiter zur Arbeit und setzt so das Arbeitsverhältnis mit Wissen des Arbeitgebers fort, gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. Dadurch wird selbst eine wirksame Befristung im Ergebnis ausgehöhlt, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
Was sind also die Anforderungen für eine wirksame Befristung des Arbeitsvertrages?
Karsta Blob: Grundvoraussetzung für eine wirksame Befristung ist ein wirksamer Arbeitsvertrag. Dieser wiederum bedarf gemäß § 14 Abs 4 TzBfG der Schriftform. Desweiteren ist zu differenzieren, ob eine Befristung mit oder ohne Sachgrund erfolgte.
Existiert kein Sachgrund, ist die Befristung in der Regel nur bis zu einer Höchstdauer von insgesamt zwei Jahren zulässig. Dies gilt auch nur dann, wenn es innerhalb dieser zwei Jahre höchstens dreimal zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses kam. Eine solche Verlängerung ist laut BAG-Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn sie vor Ablauf des zu verlängernden Vertrages vereinbart worden ist und die bisherigen Vertragsbedingungen dabei nicht verändert wurden.
Abweichende Regelungen, die eine längere Befristungsdauer ermöglichen, können sich möglicherweise aus einem geltenden Tarifvertrag ergeben. Für Arbeitgeber, die innerhalb der ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens Arbeitnehmer einstellen, gilt ebenfalls eine Ausnahme. Sie können Arbeitsverträge bis zur Dauer von vier Jahren befristet abschließen. Wenn die Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes erfolgt, muss der sachliche Grund tatsächlich vorliegen und die Befristung aus der Perspektive eines verständigen Arbeitgebers bereits bei Vertragsschluss nötig und sinnvoll erscheinen.
Befristungen ohne Sachgrund sollen nur bis zur Höchstdauer von zwei Jahren zulässig sein. Die 52er-Regelung stellt wiederum eine wichtige Ausnahme dar. Können Sie uns die Altersbefristung bzw. die 52er-Regelung einmal erklären?
Karsta Blob: Gemeint ist damit eine Sonderregelung, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Befristung von insgesamt bis zu fünf Jahren auch ohne Sachgrund ermöglicht. Voraussetzung ist zum einen, dass der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat. Zum anderen muss er unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos gewesen sein, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar ausdrücklich eine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer durch die Vorschrift festgestellt, die Ungleichbehandlung jedoch als gerechtfertigt angesehen. Menschen im Alter zwischen 50 und 64 Jahren sind von Arbeitslosigkeit wesentlich stärker betroffen als andere Altersgruppen. Die 52er-Regelung soll die Beschäftigungschancen älterer Arbeitsuchender verbessern und Anreize zu ihrer Einstellung schaffen. Unternehmen sollen dadurch ermutigt werden, mehr Ältere einzustellen und ihnen die Entscheidung zur Einstellung älterer Arbeitsuchender erleichtern, da auch ohne Sachgrund nur eine mittelfristige Bindung an den Arbeitnehmer entsteht. Zugleich verbindet der Gesetzgeber damit die Erwartung, eine befristete Einstellung könne für Ältere eine Brücke zu einer dauerhaften Beschäftigung sein. Die Zulassung befristeter Arbeitsverträge sei also ein Mittel der beruflichen Eingliederung, was man auch daran sieht, dass das Alter eben nicht das einzige Kriterium für die Zulässigkeit einer solchen Befristung ist.
Wann ist ein befristeter Arbeitsvertrag durch einen Sachgrund gerechtfertigt?
Karsta Blob: Ein Sachgrund i.S.d. §14 Abs. 1 TzBfG ist dann gegeben, wenn die Befristung aus der Perspektive eines verständigen Arbeitgebers bereits bei Vertragsschluss nötig und sinnvoll erscheint. Für den Fall der gerichtlichen Überprüfung der Befristung obliegt es auch dem Arbeitgeber, nachzuweisen, dass der sachliche Grund tatsächlich vorlag. Ein Sachgrund wird im Ergebnis normalerweise dann anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Befristung keinen Arbeitsplatz oder keine Bezahlung mehr wird bieten können. Im Gesetz finden sich einige Beispiele, wann so ein ein sachlicher Grund insbesondere anzunehmen ist. Der gängigste Sachgrund für eine Befristung ist die Vertretung eines erkrankten Mitarbeiters oder die Schwangerschaftsvertretung. Die vereinbarte Befristungsdauer und die voraussichtliche Abwesenheitsdauer des anderen Arbeitnehmers müssen sich zeitlich aber nicht unbedingt decken, solange kein krasses Missverhältnis besteht. Auch wenn nur vorübergehend ein betrieblicher Bedarf für die Einstellung eines neuen Arbeitnehmers besteht, kann eine Befristung gerechtfertigt sein. Das kann der Fall sein, wenn eine Betriebsschließung bereits fest geplant ist.
Der Sachgrund kommt zwar in der Regel aus der Sphäre des Arbeitgebers, aber auch der Arbeitnehmer kann auf einen befristeten Arbeitsvertrag bestehen, wodurch ein Sachgrund gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ausdrücklich ablehnt.
Nicht immer verläuft der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses reibungslos. Was können Arbeitnehmer bei einer unzulässigen Befristung tun?
Karsta Blob: Im Falle einer unzulässigen Befristung haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, gerichtlich eine sog. Befristungskontrolle anzustrengen. Wenn die Befristung unwirksam war, wird das Gericht feststellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung beendet wurde. Dann wird das Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt und dem Arbeitgeber bleibt, wenn die Voraussetzungen vorliegen, nur die Möglichkeit der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung, wenn er das Arbeitsverhältnis beenden möchte. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung rechtsunwirksam ist, muss er spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage erheben. Eine Klageerhebung vor Ablauf der Befristung ist auch möglich. Überprüft wird in der Regel nur die letzte Befristung, auch wenn nacheinander mehrere befristete Verträge geschlossen wurden.