Marlene Pöhlmann: Perfekte Bewerbung – weniger ist oft mehr.

Interview mit Marlene Pöhlmann
Marlene Pöhlmann ist Director bei Robert Half Sie leitet die Niederlassung in Berlin. Mit ihr sprechen wir im Interview über die Notwendigkeit eines Bewerbungsfotos sowie die Work-Life-Balance.

BewerberInnen sind sich uneins, ob das Passfoto oben rechts nicht längst out ist in Deutschlands Personalabteilungen. Ist die traditionelle Bewerbung noch zeitgemäß?

Marlene Pöhlmann: Auch wenn ein Bewerbungsfoto längst kein Muss mehr ist, erhöht es nach wie vor die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch und fügt dem sachlichen Lebenslauf eine persönliche Note hinzu. Viele Personaler schauen noch immer in einer Bewerbung zuerst auf das Bild. Als Alternative zur traditionellen Nutzung im Lebenslauf, kann der Bewerbung aber auch ein Deckblatt mit Foto in größerem Format zugefügt werden.

Was halten Sie von ausgefallen Bewerbungen, die den üblichen Rahmen mehr oder weniger sprengen?

Marlene Pöhlmann: Das kommt ganz auf die Branche, das Unternehmen und die Stelle an. In einem mittelständischen Betrieb in der Bauindustrie könnte eine ausgefallene Bewerbung anders ankommen als in einem jungen Medienunternehmen. Vor allem bei Initiativbewerbungen können sich außergewöhnliche Bewerbungen bewähren, da die Bewerber damit positiv herausstechen können. Oft ist weniger aber mehr: Die Bewerbung sollte auf keinen Fall zu überladen und bunt sein. Dadurch besteht die Gefahr, dass die Leser durch die Form vom eigentlichen Inhalt abgelenkt werden.

Welche Tipps können Sie für die Bewerbungsunterlagen geben?

Marlene Pöhlmann: Immer noch besteht eine runde Bewerbung aus Anschreiben plus Lebenslauf und Anhang. Jedoch gibt es immer mehr Unternehmen, die kein Anschreiben mehr fordern. Daher lohnt es sich für Bewerber, sich vorher darüber zu informieren, was gefragt ist. Das Anschreiben sollte maximal eine DIN-A4-Seite umfassen. Der Lebenslauf sollte lückenlos in aussagekräftigen Stichpunkten auf maximal zwei DIN-A4-Seiten in antichronologischer Reihenfolge zusammengestellt werden, d. h. der aktuelle oder letzte Job sollte als erstes genannt werden. In Zeiten von Social Media kann man mit einem Lebenslauf 2.0 auf Plattformen wie about.me mit Foto, Kurzbiografie sowie Social Media- und Webauftritten punkten. Oder die berufliche Laufbahn wird in einer Infografik visualisiert mithilfe von Infografiktools wie vizualize.me. Um sich von anderen Bewerbern zu unterscheiden, kann etwa die „Dritte Seite“ das i-Tüpfelchen bilden. Sie gilt als Bonus der Bewerbung und kann eine kurze, prägnante Persönlichkeitsbeschreibung, Erläuterungen zu Lücken im Lebenslauf oder eine schematische Übersicht über bisherige Projekte, Erfolge und Karrierestufen enthalten. In den Anhang der Bewerbung gehören Abschluss- und Arbeitszeugnisse oder auch Empfehlungsschreiben.

Was ist entscheidend im Bewerbungsgespräch?

Marlene Pöhlmann: Gute Vorbereitung das A und O: Bewerber sollten sich über das Unternehmen und die Anforderungen für den Job informieren und sich über die eigenen Prioritäten und Wünsche klar sein. Die Fragen des Personalverantwortlichen sollten möglichst präzise, direkt und ehrlich beantwortet werden. Schließlich ist es für den zukünftigen Vorgesetzten ausschlaggebend, welche Vorteile die Bewerber dem Unternehmen bieten können. Im Gespräch sollten Bewerber Interesse an der Stelle und dem Unternehmen, Selbstbewusstsein und Engagement zeigen. Dafür ist es wichtig, sich mit guten Rückfragen zu wappnen, die nicht nur einen positiven Eindruck beim Interviewpartner hinterlassen, sondern auch den Bewerbern selbst einen Einblick in den zukünftigen Arbeitsplatz gewähren. Diese Fragen sollten sich von den Standardfragen unterscheiden und den Arbeitgeber überraschen.

Welche Faktoren versuchen Sie in Ihrem Unternehmen vor einer Einstellung zu erörtern?

Marlene Pöhlmann: Jedes Unternehmen sollte sich vor einer Einstellung beziehungsweise einer Stellenausschreibung über die Must-haves und die Nice-to-haves klar werden: Welche Qualifikationen müssen beim Bewerber vorhanden sein, welche sind ein Pluspunkt und welche können noch geschult werden? Die Anforderungen müssen im Vorhinein erörtert und klar kommuniziert werden. Vor der Einstellung sollte man sich unter anderem fragen, ob der Bewerber die Kriterien erfüllt, ob eine Bereitschaft für eine Weiterentwicklung besteht und ob Unternehmen, Mitarbeiter und Bewerber auch auf persönlicher Ebene zusammenpassen.

Wie wichtig ist die Work-Life-Balance, schließlich kann das System nicht in jeder Branche berücksichtigt werden?

Marlene Pöhlmann: Das Konzept der Work-Life-Balance kann und sollte in jeder Branche berücksichtigt werden. In unserer aktuellen Befragung haben Angestellte die Wichtigkeit flexibler Arbeitszeiten mit am höchsten bewertet. Es gibt zahlreiche Arbeitszeitmodelle, um Arbeits- und Privatleben besser zu vereinbaren. Selbstverständlich gibt es Berufe, die feste Arbeitszeiten erfordern und in denen flexible Pausen oder private Termine unmöglich sind. Dennoch muss auch in solchen Fällen ein Ausgleich geschaffen werden. Unternehmen können beispielsweise Angebote zur Gesundheitsprävention machen oder Serviceleistungen für Familien anbieten. Darunter fallen Fitness- und Erholungsangebote, Kinderbetreuung oder Seminare zu Stressbewältigung. Unternehmen profitieren von einer guten Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter, da Angestellte mit einer Arbeitszeitflexibilität und dem entsprechenden Ausgleich produktiver und motivierter arbeiten. Das ist gerade in Corona-Zeiten mit den neuen Herausforderungen durch Remote Work besonders wichtig.

Frau Pöhlmann, vielen Dank für das Gespräch!

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