Peter Buchmann: Bewerbung mit Mitte 50 ist alles andere als ungewöhnlich

Interview mit Peter Buchmann
Peter Buchmann ist Geschäftsführer der BRUDERKOPF GmbH in Ludwigsburg. Mit ihm sprechen wir über Berufserfahrung, Neuorientierung sowie mögliche Probleme für Bewerber mit Mitte 50.

Mit Mitte 50 hat man rein rechnerisch noch durchschnittlich 15 Jahre Berufsleben und Karriere vor sich. Eine lange Zeit, in der sich ebenso eine Neuorientierung oder Veränderung lohnen kann. Auf welche Vorurteile und Probleme stoßen Bewerber mit Mitte 50?

Peter Buchmann: Leider herrscht auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor eine gewisse Altersdiskriminierung, in Form von Vorurteilen, denen man mit einem gewissen Alter begegnet. Während man der Jugend frische Ideen, Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit nachsagt, gelten Bewerber mit zunehmendem Alter als weniger lernfähig, agil und belastbar. Weitere Vorurteile, denen Ältere oftmals begegnen sind, dass sie öfter krank werden und Schwierigkeiten haben, mit moderner Technik umzugehen. Betrachtet man die Einstellung eines neuen Mitarbeiters unter Investionsgesichtspunkten, dann mag ein jüngerer Bewerber, der „vermeintlich“ noch sehr lange im Unternehmen bleiben kann ebenfalls attraktiver erscheinen als ein älterer Arbeitnehmer, der nur noch weniger Zeit im Berufsleben vor sich hat. Eine Bewerbung mit Mitte 50 ist zwar alles andere als ungewöhnlich – aber durch das Problem der Altersdiskriminierung kann sie zu einer echten Herausforderung werden.

Meistens bringen Bewerber mit Mitte 50 einiges an Qualitäten mit sich. Welche Qualitäten haben Bewerber Mitte 50 normalerweise, welche jüngere Bewerber nicht haben?

Peter Buchmann: Die Werbung hat die Altersgruppe „50+“ schon vor etlichen Jahren als vitale, aktive, dynamische, selbstbewusste und lebensfrohe Zielgruppe für sich entdeckt. Und in der Tat entspricht dieses Bild deutlich mehr der Realität, als das Bild vom gebrechlichen Alten, denn die 50-Jährigen von heute sind keineswegs mit den 50-Jährigen von noch vor 30 Jahren zu vergleichen. In Zeiten des Fachkräftemangels, einer immer älter werdenden Bevölkerung und eines immer späteren Renteneintrittsalters tun Unternehmen gut daran, die Altersdiskriminierung zu beenden und sich auf die Qualitäten der Älteren zu besinnen. Zu diesen zählen etwa eine lange Berufserfahrung und ein breites Know-how. Sie reagieren daher in kritischen Situationen oft souveräner, stressresistenter und gelassener. Auch die heute so wichtigen Soft-Skills, also Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Einfühlungsvermögen, etc. sind bei älteren Bewerbern meist ausgeprägter. Zudem zeigt sich mit zunehmendem Alter eine andere Ausdrucksvielfalt, Wortgewandtheit und ein anderer Blickwinkel auf die Dinge. All dies lässt sich darüber erkläre, dass wir Menschen uns mit der Zeit weiterentwickeln und stetig neues dazulernen. Oftmals ist die Flexibilität mit Mitte 50, wo die Kinder meist schon aus dem Haus oder zumindest schon groß sind, wieder größer als mit Mitte 30, wo der Alltag oftmals noch um die Kinder und deren Ferienzeiten organisiert werden muss. Mir ist allerdings wichtig zu betonen, dass dies nicht verallgemeinert werden darf, sondern immer einer individuellen Bewertung des Einzelfalls bedarf, denn auch junge Menschen erleben Altersdiskriminierung, wenn ihnen gewisse Qualifikationen aufgrund ihres Alters abgesprochen werden. Es gibt eben wie immer zwei Seiten, von denen sich das Ganze betrachten lässt.

Mit Mitte 50 kann die letzte Bewerbung schon Jahre zurückliegen. Worauf müssen Anwärter in diesem Alter jetzt bei der Bewerbung achten?

Peter Buchmann: Grundsätzlich ändert sich weder der strukturelle Aufbau des Bewerbungsschreibens noch der Inhalt der Bewerbung mit dem Alter des Bewerbers. Es gelten also die normalen Regeln für gute Bewerbungen – wie ein zeitgemäßes Bewerbungsdesign bei Deckblatt, Anschreiben und Lebenslauf. Da Bewerbungen heute meist automatisiert in Bewerbermanagementsystemen verarbeitet werden, bevor sie in die Hände eines Menschen gelangen, sollte die Bewerbung nicht nur im Design, sondern auch in der Formatierung modernen Best Practices entsprechen. Dies ist übrigens auch einer der Gründe, warum in den meisten Stellenausschreibungen nur noch Onlinebewerbungen erwünscht sind. Die Papierform sollten Sie nur noch wählen, wenn diese ausdrücklich erwünscht ist. Auch werden die meisten Stellenanzeigen heute online publiziert. Suchen Sie in den gängigen Jobbörsen und Jobsuchmaschinen oder aber auch direkt auf Unternehmenswebseiten und in sozialen Karrierenetzwerken wie XING oder LinkedIn. Falls Sie ein Bewerbungsfoto verwenden, sparen Sie nicht an diesem, denn wie so oft im Leben spielen Äußerlichkeiten auch im Bewerbungsverfahren eine nicht untergeordnete Rolle. Zudem kann es sich chancenerhöhend auswirken in der Bewerbung bewusst Schlüsselwörter zu verwenden, welche auch in der Stellenausschreibung genannt sind.

Laut einigen Experten sollte man als Bewerber in der Mitte der 50er Jahre einige Formulierungen meiden. Welche Formulierungen sind gemeint und warum sind diese eher nachteilig?

Peter Buchmann: Gemeint sind hier Formulierungen, die das Alter oder das vermeintlich anstehende Karriereende besonders betonen, weil diese einen fruchtbaren Boden für Vorurteile bieten oder sie gar bedienen und verstärken. Stattdessen sollte das Anschreiben genutzt werden, um die eigene Erfahrung, Motivation und Lernbereitschaft dazustellen und mit Vorurteilen aufzuräumen. Der Fokus sollte auf den Stärken und Talenten liegen und nicht auf dem Alter. Der Blick sollte positiv in die Zukunft gerichtet sein, anstatt in langen Rückschauen zu verweilen.

Die Bewerbung für Arbeitnehmer:innen 50+ sollte in Bezug auf Optik und Inhalt möglichst modern gehalten sein. Darüber hinaus sind vielen älteren Bewerbern die Formalia beim Lebenslauf unklar. Wie weit sollte dieser zurückreichen bzw. was sollte er umfassen?

Peter Buchmann: Hinsichtlich des Aufbaus des Lebenslaufs hat sich in Deutschland inzwischen die antichronologische Reihenfolge durchgesetzt. Der Lebenslauf beginnt also mit der aktuellen Stelle ganz oben, sodass die relevantesten beruflichen Stationen schneller in den Blick fallen. Meine Empfehlung an dieser Stelle lautet, machen Sie sich Gedanken, welche Qualitäten der Arbeitgeber sucht und welche Ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen besonders relevant für diesen sein können. Gerade wenn Sie über langjährige Berufserfahrung verfügen, kann es sinnvoll sein, den Lebenslauf so zu straffen, dass er nur die Fähigkeiten und Erfahrungen enthält, die den Anforderungen der Stelle entsprechen und die für die Stellenausschreibung besonders relevant sind und nur die letzten 15 Jahre an Berufserfahrung in den Lebenslauf aufzunehmen, um so die Länge von zwei, maximal drei Seiten nicht zu überschreiten.

Eine Bewerbung mit Mitte 50 kann also durchaus durchwachsen sein. Haben Sie noch Ratschläge für Bewerber, die sich mit 50+ beruflich verändern möchten?

Peter Buchmann: Nur Mut! Vertrauen Sie sich und Ihren Stärken. Auch mit 50+ gibt es noch genug Chancen, noch mal in einem neuen Unternehmen oder als Quereinsteiger in eine andere Branche zu starten. Besinnen Sie sich auf Ihr Netzwerk und versuchen Sie auch mal eine Bewerbung abseits des Mainstreams. Verlieren Sie nicht den Mut, nur weil Sie eine Absage erhalten. Bleiben Sie dran und verfolgen Sie ihre Ziele. Beharrlichkeit wird meist belohnt. Ich wünsche es Ihnen von ganzem Herzen.

Herr Buchmann, vielen Dank für das Gespräch!

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