Stephan Goldbach ist Inhaber von Stephan Goldbach Logistikdienstleistung in Garching bei München. Mit ihm sprechen wir über eingeschränkten LKW-Verkehr, ländliche Firmen sowie geringe Entlohnung.

Der Transport von Gütern auf Straße, Luft, Schiene und zu Wasser ist überlebensnotwendig für Deutschland. Doch wie wichtig ist eigentlich der LKW-Transport für die deutsche Wirtschaft und welche Güter werden vorrangig auf der Straße transportiert?
Stephan Goldbach: Sollte der LKW-Verkehr eingeschränkt werden, muss die Infrastruktur für alle anderen Verkehrsmittel ausgebaut werden, was eine Investition in Milliardenhöhe bedeuten würde. Die Kosten dieser Investitionen werden dann auf den Endverbraucher umgeschlagen, was bedeuten würde, dass das Leben teurer würde, unabhängig der Inflation. Nicht jede Firma hat eine Gleisanbindung wie die großen Industriebetriebe. Ländliche Firme sind meist weit weg von größeren Flughäfen. Es werden hauptsächlich Großvolumige Güter transportiert. Es sind Güter, die bis an die „Haustür“ geliefert werden können, da die Anbindung der Luft, Schiene und Wasser nicht so flexibel sind. Des weiteren ist der größte Vorteil vom LKW-Verkehr, dass kein anderes Transportmittel den LKW bis zu 150 km ersetzen kann. Die aktuellen Zahlen des Modal Split zeigen, dass der Anteil des LKK-Verkehrs im vergangen Jahr 72,6 % betrug. Im Gegensatz dazu sank z.B. der umweltfreundlichere Schienenverkehr von 18,6 % auf 18%.
In Großbritannien mangelt es seit dem Brexit an LKW-Fahrern. Könnte dieses Phänomen auch in Deutschland drohen?
Stephan Goldbach: Sollte der LKW-Verkehr in Deutschland zunehmen, so könnten die selben Phänomene auftreten wie in Großbritannien. Schuld hierfür sind die geringe Entlohnung der Fahrer, die fehlenden Parkplätze und der damit einhergehende Druck, die Pausen und somit die Gesetze einzuhalten. Ein weiterer Grund ist der Konkurrenzdruck für die Unternehmen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Deutschland und Großbritannien liegt darin begründet, dass innerhalb der EU Kabotagefahrten erlaubt sind und somit auch andere Fahrer aus dem EU-Gebiet in Deutschland Ware transportieren dürfen.
Können Sie uns Gründe nennen, warum es an Fachkräften in diesem Bereich mangelt bzw. wie viele Fahrer fehlen derzeit in der Logistikbranche?
Stephan Goldbach: Nach Angaben des Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen derzeit in Deutschland 60.000 bis 80.000 LKW-Fahrer. Was ein Problem darstellt ist, dass von den 30.000 Fahrer in Rente gehen, aber der Nachwuchs an neuen Fahrern nur 13.000 – 17.000 Fahrer beträgt. Zusätzlich ist der Frauenanteil an LKW-Fahrerinnen in Deutschland bei ca. 2%. Ein weiteres Problem ist, dass die Bezahlung in der Branche sehr unattraktiv ist. Die durchschnittliche Bezahlung lag im Jahr 2020 laut dem Statistischen Bundesamt bei 14,21€. Der durchschnittliche Lohn eines Facharbeiters in der Wirtschaft liegt dagegen bei 19,97 €. Zuletzt sind die Rahmenbedienungen (Parkplatzmangel) und der schlechte Ruf der Branche.
Der Mangel an Fachkräften zieht einige Konsequenzen mit sich. Welche Probleme ergeben sich aus dem Fahrermangel in Deutschland?
Stephan Goldbach: Zuzug ausländischer Arbeitskräfte, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Unternehmen suchen sich Speditionen, die im Ausland tätig sind und zu geringeren Lohnkosten und Betriebskosten operieren können. Auf deutschen Straßen sind immer mehr Rollende Zeitbomben unterwegs, da in vielen Ländern der Sicherheitsstandart für die Betriebssicherheit von LKW nicht hoch, bis gar nicht vorhanden ist.
Gegen den Fachkräftemangel sollte möglichst schnell etwas getan werden. Was für Anstrengungen nehmen Logistikunternehmen auf sich, um dem Fahrermangel entgegenzuwirken?
Stephan Goldbach: Die Wichtigkeit der Logistikmitarbeiter und dessen Branche sollte endlich auch bei der Bezahlung anerkannt werden. Die Arbeitsbedingungen für LKW-Fahrer sind oft katastrophal. Es fehlen Parkplätze sowie Sanitäre Einrichtungen auf den meisten Parkplätzen in Deutschland. LKW-Fahrer werden wegen der Überfüllung der Parkplätze dazu genötigt, teilweise Nothaltbuchten auf Autobahnen anzufahren, um dort ihre Pflicht-Pausen einzuhalten, fernab von einer Sanitären Einrichtung oder Möglichkeit einer warmen Mahlzeit. Die Firmen übernehmen Kosten der Ausbildung (Führerscheine etc.), stellen Unterkünfte zur Verfügung und locken mit anderen Angeboten für neue Fachkräfte.