Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Der LKW ist das wichtigste Transportmittel in Deutschland

Interview mit Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann ist Gründer und Geschäftsführer der TCW Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologie-Management GmbH & Co. KG in München. Mit ihm sprechen wir über Bedeutung von Berufskraftfahrern, Gewinn an Attraktivität für den Beruf sowie schlechte Arbeitszeiten.

Der Transport von Gütern auf Straße, Luft, Schiene und zu Wasser ist überlebensnotwendig für Deutschland. Doch wie wichtig ist eigentlich der LKW-Transport für die deutsche Wirtschaft und welche Güter werden vorrangig auf der Straße transportiert?

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Per LKW werden in Deutschland ca. 3,2 Mrd. Tonnen Fracht transportiert. Der Anteil ist per Zug ist nur 10 % dessen und per Schiff nur gut 5 %. An den Zahlen wird deutlich, dass der LKW das wichtigste Transportmittel in Deutschland ist. Der Vorteil des LKW ist seine große Beweglichkeit, was ihn zum universellen Transportmittel macht. Beim Bahn- oder Schiffstransport sind zur entsprechenden Abholung und Anlieferung oder als RoRo-Verfahren meist auch LKW involviert.

In Großbritannien mangelt es seit dem Brexit an LKW-Fahrern. Könnte dieses Phänomen auch in Deutschland drohen?

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Leere Supermarktregale und Tankstellen ohne Kraftstoff in Großbritannien haben die Bedeutung von Berufskraftfahrern deutlich aufgezeigt. Wir sind aktuell von einer Einschränkung der Grundversorgung weit entfernt, allerdings sind LKW-Fahrer in Deutschland auch gesucht. Der Beruf muss an Attraktivität gewinnen, auch für Frauen. Wenn Frauen die Lkw fahren, verbrauchen sie weniger Sprit. Ein Fahrermangel in Deutschland hat mittelbar Einfluss auf die Leistungskraft der deutschen Wirtschaft.

Können Sie uns Gründe nennen, warum es an Fachkräften in diesem Bereich mangelt bzw. wie viele Fahrer fehlen derzeit in der Logistikbranche?

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Wir schätzen den heutigen Mangel an LKW-Fahrern in Deutschland bei 60.000 bis 80.000 Fahrer. Zudem gehen mehr Fahrer in Rente, als neue gewonnen werden und der Bedarf nimmt weiter zu. So dass sich die Lücke in 5 Jahren verdoppeln dürfte. Das Problem wird sich verschärfen, sollte nicht die Entlohnung besser werden, die Förderung von LKW-Führerscheinen verbessert und auch die Arbeitszeiten familienfreundlicher gestaltet werden. Wichtig sind auch ausreichende Parkplätze zur Einhaltung der Ruhezeiten. Niemand will in einem Beruf arbeiten, der nur mit hohem Aufwand gesetzestreu ausgeführt werden kann.

Der Mangel an Fachkräften zieht einige Konsequenzen mit sich. Welche Probleme ergeben sich aus dem Fahrermangel in Deutschland?

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Der Fahrermangels führt zum Stilllegen von Teilen der Lkw-Flotten bei Speditionen. Damit sinkt das Angebot und für die deutsche Wirtschaft steigen Logistikkosten und Versandzeiten.

Gegen den Fachkräftemangel sollte möglichst schnell etwas getan werden. Was für Anstrengungen nehmen Logistikunternehmen auf sich, um dem Fahrermangel entgegenzuwirken?

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult Horst Wildemann: Zunächst sind vor allem Fahrer aus osteuropäischen Ländern wie Polen, Tschechien und der Slowakei rekrutiert worden. Mittlerweile werden verstärkt auch Fahrzeugführer aus Litauen, Rumänien und Bulgarien rekrutiert. Zudem werden strukturierte Ausbildungsprogramme für neue Fahrer aufgesetzt. Wichtig ist auch die Aufwertung des Arbeitsplatzes. Beim modernen Lkw gleicht die Kabine einem Cockpit mit angeschlossenem Wohnmobil. Zunehmende Digitalisierung und Automatisierung führen zu mehr Komfort und Sicherheit für die Fahrer. Insbesondere Fahrassistenz-Systeme, die von vielen Herstellern für das nächste Jahr angekündigt sind, können den Beruf attraktiver machen.

Herr Prof. Dr. Dr. Wildemann, vielen Dank für das Gespräch!

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