Angelika Böhme: Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde

Interview mit Angelika Böhme
Angelika Böhme ist Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei in Berlin. Mit ihr sprechen wir über Ziel der Anfechtungsklage, Verwaltungsverfahrensgesetz sowie Aussicht auf Erfolg.

Bei der Anfechtungsklage handelt es sich um eine Klageart aus dem Gebiet des Verwaltungsrechts, also aus dem Öffentlichen Recht. Welches Ziel wird mit einer Anfechtungsklage verfolgt?

Angelika Böhme: Mit der Anfechtungsklage wird die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt. Es handelt sich um die Standardklageart gem. § 42 I, 1.  Alternative VwGO, um eine behördliche Entscheidung zu beseitigen, die den Adressaten in seinen Rechten verletzt.    

Der Verwaltungsakt ist in §35 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz legaldefiniert. Was stellt der Verwaltungsakt dar und können Sie uns einige Beispiele nennen?

Angelika Böhme: Der Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, d.h. einer Stelle, die Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Er richtet sich auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge für den Einzelfall eines bestimmten individuellen Adressatenkreises für den Bereich außerhalb der Verwaltung. Interne Regelungen innerhalb der Verwaltung fallen daher nicht unter den Verwaltungsakt. Bsp. Erteilung einer Gewerbeerlaubnis oder Baugenehmigung für das beantragte Bauvorhaben des Antragstellers

In der Regel hat eine Anfechtungsklage eine gute Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist. Können Sie uns erklären, was eine Anfechtungsklage erfüllen muss, damit diese zulässig ist?

Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage sind folgende Voraussetzungen zu beachten.

Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

– es muss eine Beteiligten- und Prozessfähigkeit gem. §§ 61, 62 VwGO des Klägers erfüllt sein,

d.h. Kläger kann nur sein eine natürliche oder juristische Person, eine Vereinigung, wenn ihr ein Recht zustehen kann, eine Behörde, wenn es durch Landesrecht bestimmt ist der Kläger muss nach bürgerlichen Recht geschäftsfähig sein oder beschränkt geschäftsfähig, wenn durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand der Klage die Geschäftsfähigkeit anerkannt ist

– die Klage muss gem. § 81 VwGO ordnungsgemäß erhoben sein, d. h die Klage muss schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten des zuständigen Verwaltungsgericht erhoben sein 

2.   Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen

        – der Kläger muss geltend machen können in eigenen Rechten verletzt zu sein,

d.h. ein Popularklage ist grundsätzlich ausgeschlossen (handeln für die Allgemeinheit oder Andere, ohne selbst in Rechten verletzt zu sein – Ausnahme z.B. Verbandsklage im Umweltrecht)

  – grundsätzlich vorherige Durchführung eines insoweit erfolglosen Widerspruchsverfahrens (Vorverfahren) gem. § 68 I S. 1 VwGO (wenn nicht Ausnahme nach § 68 I S. 2 VwGO vorliegt)

– Einhaltung der Klagefristen, 1 Monat (§ 74 I VwGO) -1 Jahr bei fehlender oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung oder fehlender Bekanntgabe des Verwaltungsaktes (§ 58 II VwGO),

– richtiger Klagegegner gem. § 78 VwGO

Worauf muss jemand Ihrer Einschätzung nach noch achten, wenn es um eine Anfechtungsklage geht?

Angelika Böhme: Die Anfechtungsklage muss insbesondere auch begründet sein, um erfolgreich zu sein. Das ist nur der Fall, wenn der Kläger darlegen kann, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, d. h.  gegen eine Rechtsnorm verstößt oder die erlassende Behörde fehlerhaftes Ermessen ausgeübt hat und die verletzte Rechtsnorm auch dem Interesse des Klägers dient (Schutznorm – § 113 I 1 VwGO). Genehmigt zum Beispiel die Baubehörde eine Windkraftanlage in der Umgebung des Klägers unter Verstoß der Vorschriften zur Einhaltung von Entfernungen zur nächsten Wohnbebauung ist nur derjenige Grundstückseigentümer von der Rechtsverletzung betroffen, dessen Wohnbebauung tatsächlich im Bereich der unterschrittenen Entfernung belegen ist.

Frau Böhme, vielen Dank für das Gespräch!

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