Beate Marten ist Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei und Partnerin der Kanzlei Marten & Graner. Mit ihr sprechen wir über Familienrecht, Besuchs- und Umgangsrecht sowie Unterhaltszahlungen.
Anwalt/Anwältin für Familienrecht. Was versteht man eigentlich unter dieser Berufsbezeichnung?
Beate Marten: Der Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht ist ein zusätzlicher Berufstitel, der Rechtsanwälten dann verliehen wird, wenn sie besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Familienrechts erworben und auch durch eine Prüfung nachgewiesen haben.
Was ist im Familienrecht geregelt?

Beate Marten: Im Familienrecht ist im Wesentlichen das Recht der Ehescheidung und die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen, das Unterhaltsrecht, das eheliche Güterrecht und das Sorge- und Umgangsrecht geregelt. Darüber hinaus enthält das Familienrecht auch Regelungen zur Ehewohnung und Haushaltssachen, zum Gewaltschutz, Regelungen zum Versorgungsausgleich sowie Abstammungs- und Adoptionssachen und auch Regelungen zum internationalen Privatrecht.
Wenn sich ein Fachanwalt „Familienrecht“ auch um die Unterhaltspflichten kümmert, warum verschickt die Bundesanstalt für Arbeit dann oft Fragebögen an Unterhaltspflichtige?
Beate Marten: Die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter ist grundsätzlich für Sozialleistungen der Bürger zuständig. Von Amts wegen sind insoweit auch Unterhaltspflichten und auch die Erfüllung von Unterhaltspflichten zu prüfen. Wenn jemand etwa einen Unterhaltsanspruch gegen ein Elternteil oder einen Ehepartner hat, müssen diese Ansprüche geltend gemacht werden. Dies übernimmt in Einzelfällen auch das Jobcenter.
Beim Thema „Besuchsrecht und Umgangsrecht“ gibt es wohl immer Probleme zwischen den Ehegatten, weil der/die Einzelne das Kind allein für sich beansprucht. Warum gibt es da häufig Komplikationen?
Beate Marten: Es muss nicht immer Probleme zwischen getrenntlebenden Ehegatten dazu geben. Gut ist es, wenn getrenntlebende Ehegatten dazu eine tragfähige Einigung erzielen können, die die Bedürfnisse des oder der Kinder im Blick hat. Auch hier ist die Beratung und Begleitung durch einen Fachanwalt für Familienrecht sinnvoll, um ein langwieriges Gerichtsverfahren zu vermeiden. Wenn eine Einigung zwischen den Eltern nicht möglich ist, muss allerdings das Familiengericht entscheiden.
Thema Unterhalt: Kann ein Fachanwalt dabei helfen, wenn ein Elternteil zu hoch veranlagt wurde bei den Unterhaltszahlungen?
Beate Marten: Ja, hier kann ein Fachanwalt für Familienrecht helfen. Die Überprüfung und korrekte Berechnung von Unterhaltszahlungen gehört zu den Aufgaben eines Fachanwalts für Familienrecht.
Wie sieht es mit der Verpflichtung für Ehegatten – meistens Frauen – aus, dass diese sich Arbeit suchen müssen, anstatt allein vom Unterhalt zu leben und dadurch für eine hohe finanzielle Belastung beim Unterhaltspflichtigen zu sorgen?
Beate Marten: Hier kommt es darauf an, in welcher Lebenssituation es zur Trennung kommt. Eine Erwerbsobliegenheit hängt davon ab, ob Betreuungsaufgaben zu erfüllen sind und wie zum Beispiel eine langjährige Ehe bis dahin gelebt wurde. Auch die Erwerbschancen sind maßgeblich. Es können auch gesundheitliche Themen eine Rolle spielen.
Ab welchem Alter dürfen Kinder entscheiden, ob sie zur Mutter oder zum Vater gehen wollen?
Beate Marten: Ab etwa zwölf Jahren wird in der Regel angenommen, dass Kinder die Reife besitzen, auch eigenständige, stabile Entscheidungen zu treffen.
Der Kindeswille ist für streitige Fragen zum Umgangs- und Sorgerecht immer maßgeblich. Prinzipiell soll eine Anhörung des Kindes dazu auch stattfinden.
Es kommt allerdings nicht nur auf das Alter des Kindes an, sondern auf die individuelle Reife des Kindes und auf den Gesundheits- und Entwicklungsstand. Auch der Grad der Vertrautheit zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil ist sehr maßgeblich.
Sehr entscheidend ist, ob ein geäußerter Kindeswille (zum Beispiel die Aussage, dass es keinen Kontakt zur Mutter oder Vater möchte) tatsächlich eigenständig und autonom gebildet ist oder vielleicht auf eine Manipulation durch ein Elternteil zurückzuführen ist.
Diese wichtige Frage wird zum Teil durch ein familiengerichtliches Gutachten ermittelt.
Guter Einblick in den Alltag einer Rechtsanwältin für Familienrecht. Es stimmt, dass so ein Fachanwalt nicht nur für die Vertretung vor Gericht zuständig ist, er kann durch geschickte Vermittlung zwischen zwei Parteien auch das komplette langwierige Verfahren obsolet machen. Sollte ich mich mal scheiden lassen, werde ich sicherlich die Expertise eines Fachmanns benötigen.
Mein Freund will sich gern Scheiden lassen aber er hat 4 Kinder und weiß noch nicht genau wie das ablaufen soll. Es ist gut zu wissen das, dass Familiengericht einschreiten muss, wenn dort zu keiner Einigung kommt. Hoffentlich findet er einen Anwalt für Familienrecht, der ihn da beraten kann.
Es ist interessant, welche Aspekte beachtete werden, wenn es um die Entscheidung geht, bei welchem Elternteil das Kind bleibt, nach einer Scheidung. Das nicht nur das Alter eines Kindes, sondern auch die Fähigkeit einer autonomen Entscheidung eine Rolle spielt ist sehr wichtig. Danke für den Einblick in den Alltag einer Rechtsanwältin.
Ich möchte zu einem Notar für Familienrecht. Mir geht es um einige Komplikationen im Umgangsrecht. Ich möchte eine Einigung erzielen, aber gut zu wissen, dass es im Zweifel auch vor dem Familiengericht entschieden werden kann.
Ich kann mir gut vorstellen, dass so eine Einigung in den meisten Fällen nicht stattfindet. Da kann ein Anwalt fürs Familienrecht sehr helfen. Ein Freund von mir musste dies auch mal beanspruchen.