Bernhard Kinold: Kündigungen während der Corona-Zeit

Interview mit Bernhard Kinold
Bernhard Kinold ist Rechtsanwalt in der gemeinsamen Kanzlei HASLER KINOLD – Rechtsanwälte in Willich. Mit ihm sprechen wir über Kündigungen während der Corona-Zeit, Kündigungsfristen sowie Rechtsschutzversicherungen.

Kündigungen sind besonders in der Corona-Zeit ein hartes Thema. Was muss der Arbeitgeber dabei beachten oder läuft eine Kündigung immer gleich ab entsprechend § 622 Abs. 3 BGB?

Bernhard Kinold: Zu unterscheiden ist die Kündigungsfrist vom Kündigungsgrund. Die Kündigungsfrist richtet sich für den Arbeitgeber nach § 622 Abs. 2 BGB in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Wenn eine Probezeit besteht, was ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart werden muss, beträgt die Kündigungsfrist in der Probezeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gem. § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen. Die Dauer der Probezeit darf maximal sechs Monate betragen. Ist darüber hinaus das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, benötigt der Arbeitgeber außerdem einen Kündigungsgrund. Zulässige Kündigungsgründe können im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers oder in dringenden betrieblichen Erfordernissen liegen, wobei dann auch eine Sozialauswahl erforderlich sein kann. Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat und in dem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ohne Auszubildende beschäftigt werden, wobei Teilzeitkräfte je nach Stundenumfang nur zu 0,5 oder 0,75 zählen. In bestimmten Fällen (z.B. Betriebsratsmitgliedschaft, Schwerbehinderung oder Schwangerschaft) gibt es außerdem Sonderkündigungsschutz.

Hat der Arbeitnehmer gleiche Bedingungen wie der Arbeitgeber, wenn dieser kündigen will?

Bernhard Kinold: Grundsätzlich gelten die Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB nur für den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer kann dagegen mit der Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB kündigen. Diese beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Es ist allerdings zulässig, im Arbeitsvertrag die längeren Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB auch für den Arbeitnehmer verbindlich zu vereinbaren. Einen Kündigungsgrund benötigt der Arbeitnehmer generell nicht.

In wieweit unterscheidet sich eine tarifvertragliche Kündigung von der eines normalen Arbeitnehmers?

Bernhard Kinold: Die meisten Tarifverträge enthalten eigene Regelungen zu Kündigungsfristen, die von denen des § 622 BGB abweichen können. Dies gestattet § 622 Abs. 4 BGB. Der Tarifvertrag muss allerdings auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sein. Anwendbar ist der Tarifvertrag, wenn der Arbeitgeber Mitglied des entsprechenden Arbeitgeberverbandes und der Arbeitnehmer Mitglied der entsprechenden Gewerkschaft ist. Der Tarifvertrag ist auch anwendbar, wenn dies im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde.

Wie sinnvoll kann eine Kündigungszurückweisung für einen Arbeitnehmer sein? Kann er sich gegen Kündigungen wehren?

Bernhard Kinold: Gegen eine Kündigung kann sich der Arbeitnehmer nur durch Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht wehren. Diese muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Kündigung kraft Gesetzes als wirksam, selbst wenn sie eigentlich unwirksam gewesen wäre. Ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist, sollte im Einzelfall durch einen fachkundigen Berater (Fachanwalt / Fachanwältin für Arbeitsrecht) geklärt werden.

Gibt es spezielle Rechtsschutzversicherungen, die Arbeitnehmer/innen vertreten im Falle einer Kündigung?

Bernhard Kinold: In der Rechtsschutzversicherung kann der Bereich Arbeitsrecht abgesichert werden. Dann wären – vorbehaltlich einer vereinbarten Selbstbeteiligung – die Kosten der Kündigungsschutzklage von der Rechtsschutzversicherung zu tragen. Die Versicherung vertritt den Arbeitnehmer aber nicht selbst. Das darf in Deutschland nur ein zugelassener Rechtsanwalt oder ein Rechtssekretär einer Gewerkschaft. Besteht keine Rechtsschutzversicherung muss der Arbeitnehmer die Kosten eines Rechtsanwalts im Kündigungsschutzprozess selbst tragen. Eine Kostenerstattung durch den Arbeitgeber ist auch im Obsiegensfall nicht vorgesehen. Bei entsprechenden wirtschaftlichen Voraussetzungen können die Kosten der Prozessführung einschließlich der Rechtsanwaltskosten durch die Staatskasse übernommen werden (Prozesskostenhilfe).

Ist die Kündigung an Fristen gebunden und in welcher Form muss gekündigt werden?

Bernhard Kinold: Zu den Kündigungsfristen gilt das oben zu § 622 BGB bereits gesagte. Die Kündigung muss zwingend im Original schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Ein FAX oder E-Mail genügen nicht. Auch die elektronische Form mit qualifizierter elektronischer Signatur ist nicht zulässig.

Gibt es während Corona einen besonderen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer/innen?

Bernhard Kinold: Nein. Hier gibt es derzeit keine Sonderregeln.

Herr Kinold, vielen Dank für das Gespräch!

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