Dr. Markus Arras: Enterbung hat im Wege eines Testaments zu erfolgen

Interview mit Dr. Markus Arras
Dr. Markus Arras ist Notar und Rechtsanwalt in seiner Kanzlei NOTAR ARRAS in Pfungstadt. Mit ihm sprechen wir über Enterbung, fehlenden Kontakt sowie Streitigkeiten innerhalb der Familie.

Enterbungen kommen immer wieder in den besten Familien vor. Was sind Gründe aus denen Erblasser die Nachfahren enterben möchten?

Dr. Markus Arras: Häufig wünscht der Testierende eine Enterbung, weil Streit mit seinem Abkömmling besteht oder der Kontakt vollständig oder zumindest größtenteils verloren gegangen ist. Auch kommt es recht häufig vor, dass der Testierende eine neue Beziehung oder Ehe eingegangen ist oder eine neue Familie gegründet hat und zugunsten seines neuen Umfelds nicht mehr den Abkömmling bedenken will. Es ist außerdem schon vorgekommen, dass der Testierende nicht einverstanden ist mit dem Partner seines Abkömmlings und deshalb eine Enterbung verfügt, auch um sicherzustellen, dass der Partner des Abkömmlings nicht eines Tages in den Genuss von Nachlasswerten kommt. Selten erfolgt eine Enterbung auch deshalb, weil der Abkömmling (nach Überzeugung des Testierenden) schon ausreichend Vermögen besitzt.

Eine rechtmäßige Enterbung muss mehrere Ansprüche erfüllen. Welche Anforderung stellt der Gesetzgeber hieran?

Dr. Markus Arras: Eine Enterbung hat im Wege eines Testaments zu erfolgen, also genau wie unter folgender Ziffer Nr. 6 beschrieben. Dabei sollte der Testierende möglichst eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er den Angehörigen nicht berücksichtigen und von jeglicher Erbfolge ausschließen will.

Dass Angehörige leer ausgehen, ist in den meisten Fällen höchst unwahrscheinlich. Was regelt das Pflichtteilsrecht genau und wer ist pflichtteilsberechtigt?

Dr. Markus Arras: Das Pflichtteilsrecht sieht vor, dass es einen engumgrenzten Personenkreis gibt, der soweit er gesetzlich erbberechtigt ist zwar durch den Erblasser enterbt werden kann, aber im Falle der Enterbung seinen Anspruch auf den Pflichtteil als sprichwörtliches Minimum behält. Der Pflichtteilsberechtigte erhält dann einen bestimmten Geldbetrag vom Erben, der vom Wert her der hälftigen gesetzlichen Erbquote des enterbten Pflichtteilsberechtigten entspricht.

Pflichtteilsberechtigt sind der Ehegatte/ die Ehegattin und die Verwandten in gerader Linie, wobei zunächst die Kinder des Erblassers (Ur-)Enkelkinder und Eltern von der Pflichtteilsberechtigung ausschließen, d. h. dass das Enkelkind nur dann in den Genuss eines Pflichtteilsanspruchs kommen kann, wenn sein Elternteil, das zugleich Abkömmling des Erblassers ist, beim Erbfall nicht mehr lebt. Eltern sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser keinerlei Abkömmlinge hat. Geschwister sind gar nicht pflichtteilsberechtigt, weil sie nicht zu den Verwandten in gerader Linie gehören.

Nach deutschem Erbrecht gibt es Erben mehrerer Ordnungen. Können Sie uns die verschiedenen Ordnungen erklären?

Dr. Markus Arras: Erbberechtigt sind neben dem Ehegatten zunächst die sich aus den Erbordnungen ergebenden Erben. Der ersten Erbordnung gehören die Kinder des Erblassers an. Diese erben dann zu gleichen Teilen. Ist ein Kind vorverstorben, tritt an dessen Stelle dessen Kind bzw. dessen Kinder gemeinschaftlich.

Hat der Erblasser keine Abkömmlinge, ergeben sich die Erben aus der zweiten Erbordnung. Zu zweiten Erbordnung gehören die Eltern des Erblassers und für den Fall, dass ein Elternteil vorverstorben ist, tritt an dessen Stelle dessen Abkömmling bzw. dessen Abkömmlinge gemeinschaftlich, will heißen die Geschwister des Erblassers.

Nur wenn Erben der ersten und zweiten Erbordnung nicht vorhanden sind, greift die dritte Erbordnung. Demnach sind dann die Großeltern und für den Fall deren Vorversterbens deren Abkömmlinge die Erben. So kann es auch passieren, dass recht weit entfernt liegende Verwandte erben.

Was ist denn der Unterschied zwischen gesetzlicher und testamentarischer Erbfolge?

Dr. Markus Arras: Die gesetzliche Erbfolge findet immer dann Anwendung, wenn der Erblasser verstirbt und keine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) hinterlässt. Dies bedeutet umgekehrt, dass der Erblasser gut beraten ist letztwillig zu verfügen, wenn er mit der gesetzlichen Erbfolge wie sie sich aus der Erbordnung (siehe oben Nr. 4) ergibt nicht einverstanden sein sollte. Diese kann er nämlich nur durch eine letztwillige Verfügung ausschließen. Mit einer letztwilligen Verfügung kann der Testierende ganz frei wählen, wenn er als Erben oder Vermächtnisnehmer berücksichtigen will.

Wann ist das Testament formwirksam?

Dr. Markus Arras: Das Gesetz sieht hier im groben zwei Möglichkeiten vor wie rechtswirksam testiert werden kann. Einmal ist dies möglich durch eigenhandschriftliche Abfassung der letztwilligen Verfügung und Unterzeichnung derselben durch den Testamentsersteller. Dann ist es natürlich auch möglich, das Testament vor einen Notar zu Protokoll zu erklären oder einem Notar die Schrift, die den letzten Willen beinhaltet, zu übergeben.

Herr Dr. Arras, vielen Dank für das Gespräch!

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