Dr. Ulrike Golbs: In Deutschland üblich und wichtig ist eine Baufertigstellungsgarantie

Interview mit Dr. U. Golbs
Dr. U. Golbs ist Rechtsanwältin in ihrer Kanzlei Dr. Golbs Flaute Rechtsanwaltspartnerschaft in Coswig. Mit ihr sprechen wir über Bauinsolvenz des Bauträgers, Anzeichen für eine Insolvenz sowie Fertigstellungssicherheit.

Die Bauinsolvenz des Bauträgers sorgt bei den Bauherren immer für Probleme. Stockt der Bau und die Firma bittet vermehrt um Abschläge, sind das Anzeichen, dass der Bauträger in finanzieller Misere ist. Allerdings muss man als Auftraggeber Acht geben, die Information muss man sich selbst beschaffen. Wie kann man herausfinden, ob das ausgewählte Bauunternehmen insolvent ist?

Dr. U. Golbs: Anzeichen für eine Insolvenz können vermehrte Abschlagsrechnungen und ein stockender Bau sein. In einem Bauträgervertrag wird das jedoch kaum direkt durch den Bauträger auftreten. Der Bauträger kann durch die gesetzliche Regelung der Makler- und BauträgerVO nur bestimmte Abschläge in Rechnung stellen, die auch im Vertrag so festzulegen sind. Fordert er darüber hinaus Vorschlusszahlungen sollte man stutzig werden. Da der Bauträger selbst in der Regel nicht baut, sondern Unternehmen einsetzt. Wenn selbige jedoch die Tätigkeit ganz oder teilweise mit dem Verweis der fehlenden Vergütung durch den Bauträger einstellen, müssen die Alarmglocken läuten. Darüber hinaus kann man eine bestehende Insolvenz unter www.insolvenzbekanntmachungen.de nachprüfen. Jedoch muss ein Bauträger bei finanzieller Misere nicht gleich insolvent sein. Die Problematik ist für den Auftraggeber trotzdem dieselbe. Daher sollte im Vorfeld eine intensive Recherche im Internet, Erkundigungen bei evtl. bekannten anderen Auftraggeber, wenn möglich über Creditreform erfolgen. Die Bonitätsauskunft kann man auch vom Bauträger einfordern. Wichtig ist im Bauträgervertrag auf der Fertigstellungssicherheit (5%) zu achten.

Ganz gleich, wie viel Vorsicht man bei der Suche nach einer passenden Baufirma walten lässt: es kann immer passieren, dass diese Insolvenz anmelden muss. Experten betonen, dass man in dieser Situation besonders schnell handeln muss. Was sollten Bauherren möglichst schnell tun, wenn die beauftragte Baufirma insolvent ist?

Dr. U. Golbs: Schon im Vorfeld muss man im Vertrag darauf achten, dass man eine sogenannte Fertigstellungssicherheit von 5% der Bruttoauftragssumme vereinbart. Ferner sollte man sich im Vertrag sämtliche Ansprüche des Bauträgers oder eines Generalunternehmers abtreten lassen, natürlich unter Aufrechterhaltung der eigenen Ansprüche gegen den Unternehmer. Bei einem Bauträgervertrag ist man durch die gesetzlich festgelegten Abschläge, die dem Bautenstand entsprechen etwas geschützt, keine völlige Überzahlung vorzunehmen. Auch in anderen Bauverträgen sollte man dringend darauf achten, die Abschlagshöhen immer am Baufortschritt zu orientieren. Im Falle der Insolvenz ist umgehend der Insolvenzverwalter zu kontaktieren, da er ein Wahlrecht hat, ob er den Vertrag fortsetzt oder nicht. Erst im letztgenannten Fall kann man mit den einzelnen Gewerken eigene Verträge zur Fortführung schließen.

Die Folgen einer Insolvenz hat nicht immer nur mit dem unmittelbaren Bauabbruch zu tun. Zu welchen Problemen kann es auch noch Jahre später kommen?

Dr. U. Golbs: Probleme können sich insbesondere aus der Gewährleistung bei später auftretenden Mängeln ergeben. Der Gewährleistungsanspruch richtet sich immer gegen den Vertragspartner, z.B. Bauträger oder Generalunternehmer.  Dieser kann sich wiederum an seinen Subunternehmer wenden. Wenn er jedoch insolvent ist, gehen die Gewährleistungsansprüche ins Leere. Hat man sich dagegen bei einem Einsatz von Subunternehmen, wie oben erwähnt, die Gewährleistungsansprüche abtreten lassen, kann der Auftraggeber seine Ansprüche direkt gegen den Subunternehmer richten. Ein weiteres Problem kann sich aus Rückforderungen des Insolvenzverwalters ergeben. Hält der Auftraggeber bspw. Zahlungen wegen der Insolvenz einbehalten, obwohl sie fällig gewesen wären oder hat er vom Bauträger Gutschriften wegen mangelhafter Bauausführung erhalten, muss man mit Rückforderungen des Insolvenzverwalters rechnen.

Eine Baugarantieversicherung könnte in solch einer Situation helfen. Wie können Bauherren diese abschließen und vor was schützt die Versicherung?

Dr. U. Golbs: Eine Baugarantieversicherung ist ein Versicherungsprodukt in der Schweiz und hier wohl nicht anzuwenden. In Deutschland üblich und wichtig ist eine Baufertigstellungsgarantie. Diese beträgt 5% der Bruttoauftragssumme, muss aber zwischen den Parteien vereinbart sein. Dabei behält der Auftraggeber entweder den Betrag von den Abschlagszahlungen ein oder das Bauunternehmen/ Bauträger gibt eine Bürgschaft einer Europäischen Großbank oder Versicherung in gleicher Höhe an den Auftraggeber. Diese Fertigstellungssicherheit muss vertraglich geregelt nach Fertigstellung in eine Gewährleistungssicherheit umgewandelt werden.

Einen hundertprozentigen Schutz gegen eine Bauträger-Pleite gibt es nicht. Allerdings kann man sich im Vorfeld schon etwas absichern. Welche Maßnahmen raten Sie Auftraggebern vor einer Vertragsschließung zu treffen? Was hat es mit der Gewährleistungsbürgschaft auf sich?

Dr. U. Golbs: Zu den möglichen Maßnahmen wird auf die vorstehenden Antworten verwiesen. Die Gewährleistungssicherheit dient dem Auftraggeber zur Absicherung seiner Gewährleistungsansprüche in Höhe der Sicherheitsleistung. Sie kann entweder durch Zahlungseinbehalt oder eine Bürgschaft erbracht werden.

Frau Golbs, vielen Dank für das Gespräch!

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