Es geht für alle um viel Geld – Felix Kratz (dkm Rechtsanwälte)

Interview mit Felix Kratz
Felix Kratz ist Partner der Kanzlei dkm Rechtsanwälte. Im Interview spricht er über die zunehmende Bereitschaft von Staatsanwaltschaften und Unternehmen, Manager für Fehlverhalten in Haftung zu nehmen.

Manager stehen mit einem Bein im Gefängnis“, heißt es oft. Wie viel Wahrheit beinhaltet diese Aussage?

Felix Kratz: Ganz so dramatisch ist es sicherlich nicht. Was aber schon zu beobachten ist, ist ein steigender Verfolgungsdruck seitens der Strafermittlungsbehörden bei Fehlverhalten von Managern. Gerade auch Top-Manager, die sich früher als Teil der „Deutschland-AG“ keine Sorgen vor einer Strafverfolgung und persönlichen Verantwortung machen mussten, sehen sich heute dem Risiko einer strafrechtlichen Verurteilung oder zumindest Verfolgung in vielerlei Hinsicht ausgesetzt. Das zeigt sich gerade sehr anschaulich am Fall des ehemaligen VW- Konzernchef Martin Winterkorn. Fast fünf Jahre nach der Aufdeckung des Dieselskandals hat das Landgericht Braunschweig die Betrugsanklage gegen ihn zugelassen. Und auch Aufsichtsratschef Pötsch und Vorstandschef Diess sahen sich der Strafverfolgung ausgesetzt und konnten die Verfahren, nach dem was der Presse zu entnehmen war, nur gegen Zahlung einer Geldauflage in Millionenhöhe schnell beenden. Das ist natürlich kein Phänomen, das nur Volkswagen beträfe. Auch die Vorstände und Geschäftsführer anderer Unternehmen sind in den vergangenen Jahren in den Fokus der Justiz geraten. Die Staatsanwaltschaften und Gerichte, genauso aber auch die Unternehmen und letztlich die Gesellschaft, sind immer weniger bereit, Manager bei Fehlverhalten ungestraft davonkommen zu lassen. Lassen Sie mich bitte aber auch ganz deutlich machen, dass Manager keine Intensivtäter sind, wie es manchmal dargestellt wird. Die ganz überwiegende Mehrzahl hält sich an die bestehenden Gesetze. Und selbst wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder ein Strafverfahren eröffnet wird, heißt dies noch lange nicht, dass es zu einer Verurteilung kommt oder überhaupt ein strafbares und vorwerfbares Verhalten gegeben wäre. Pauschale Vorverurteilungen sind, gerade auch durch öffentlichkeitswirksame Durchsuchungen oder Anklagen, leider auch Teil der Realität. Da bleibt immer etwas hängen, selbst wenn es dann zu einer Einstellung des Verfahrens oder einem Freispruch kommt.

Welche strafrechtlichen Folgen kann die Managementhaftung haben?

Felix Kratz: Die strafrechtlichen Folgen richten sich im Wesentlichen nach der begangenen Straftat. Ein Manager, der beispielsweise wegen Betrugs oder Untreue angeklagt ist, hat eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe zu befürchten. Bestechung im geschäftlichen Verkehr wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet. Das Strafmaß wird vom Gericht dann individuell festgelegt und hängt von den jeweiligen Umständen des Falles ab. In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass das Verfahren schon im Ermittlungsverfahren oder im Hauptverfahren, also nach Anklageerhebung, eingestellt wird. Damit ist vielfach die Zahlung einer Geldauflage verbunden.

Unter welchen Umständen sind Führungskräfte und Manager schadenersatzpflichtig?

Felix Kratz: Kurz gesprochen sind Manager, also im Wesentlichen Vorstände und Geschäftsführer, gegenüber dem von ihnen geleiteten Unternehmen schadenersatzpflichtig, wenn sie schuldhaft ihre bestehenden Pflichten verletzten und der Gesellschaft daraus ein Schaden entsteht. Diese Pflichten sind natürlich vielfältig. Zunächst muss sich jeder Manager an die bestehenden Gesetze halten. Er darf also beispielsweise nicht selbst Schmiergelder zahlen oder rechtswidrige Kartellabsprachen mit Mitbewerbern treffen. Er muss aber auch dafür sorgen, dass sich die Mitarbeiter des Unternehmens an die bestehenden Regeln halten. Da man dies bei größeren Unternehmen und in komplexen Strukturen naturgemäß nicht alles selbst machen kann, ist es erforderlich, das Unternehmen bestmöglich so zu organisieren, dass es nicht zu Rechtsverstößen kommt oder diese durch die zuständigen Stellen zumindest schnell und effizient aufgedeckt werden können. Ignoriert der Manager seine Verpflichtungen und kommt es deshalb zu einem Schaden, kommt eine Schadenersatzpflicht in Betracht.

Wie häufig kommt es in der Realität zu Klagen auf Managementhaftung?

Felix Kratz: Einer der Schwerpunkte unserer Kanzlei ist seit Jahren die Mangerhaftung, sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Seiten der Manager und Führungskräfte. Wir konnten diesen Bereich immer weiter ausbauen, da die Klagen hier deutlich zugenommen haben. Dabei sind bei uns Klagen im dreistelligen Millionenbereich keine Seltenheit mehr. Wir beobachten, dass nicht nur der externe Verfolgungsdruck durch die Strafverfolgungsbehörden auf die Unternehmen und Manager wächst, sondern auch der unternehmensinterne Verfolgungsdruck und damit die Bereitschaft der Unternehmen, Manager für Fehlverhalten finanziell in Anspruch zu nehmen. Dies kommt nicht völlig überraschend, denn in den vergangenen Jahren hat es allgemein einen zunehmenden Bewusstseinswandel bei den Unternehmen, ihren Shareholdern und auch den Kunden gegeben. Rechtstreues Verhalten, die Beachtung von Normen und Werten wird als hohes Gut auch im Wirtschaftsleben angesehen. Zudem geht es für alle um viel Geld.

Wie können sich Manager am Besten absichern?

Felix Kratz: Zunächst dadurch, dass sie sich selbst rechtstreu verhalten. Daneben ist der Aufbau einer effizienten Compliance Management Systems wichtig. Damit meine ich die Gesamtheit der in dem Unternehmen eingerichteten Maßnahmen, Strukturen und Prozesse, um Regelkonformität sicherzustellen. Klare Regeln und ein klares Bewusstsein für die Wichtigkeit von Compliance sind elementar. Dies gilt für jede Hierarchieebene, jeden Mitarbeiter, nicht nur für die Manager. Dieser Prozess der Schaffung klarer Verantwortlichkeiten und effizienter Strukturen und Mechanismen zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens ist nie abgeschlossen, sondern immer wieder durch das Management zu hinterfragen und durch die verantwortlichen Personen anzupassen. In der Praxis sehe ich, dass Compliance dort besonders gut funktioniert, wo die Manager und Führungskräfte sie täglich vorleben und alle Mitarbeiter von der Notwendigkeit und Richtigkeit überzeugt sind. Und in einem solchen Umfeld können sich Geschäftsleiter auf ihre eigentlichen Aufgaben und Stärken konzentrieren, das heißt auf das Treffen von unternehmerischen Entscheidungen. Dass solche Entscheidungen tagtäglich mit Risiken verbunden sein können, liegt in der Natur der Sache. Wenn sie sich bei den Entscheidungen vom Wohl des Unternehmens leiten lassen und die Entscheidungen sorgfältig vorbereitet und diese vernünftig sind, muss kein Manager eine Haftung befürchten, selbst wenn der gewünschte Erfolg mal ausbleibt.

Wie gut schützen Versicherungslösungen?

Felix Kratz: Eine ausreichende D&O Versicherung, also eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ist heutzutage in vielen Unternehmen unabdingbar. Nach meiner Wahrnehmung wird deren Relevanz inzwischen auch bei mittleren und kleineren Unternehmen erkannt, zumindest dort, wo Haftungsfallen drohen. Versicherungslösungen können als ein Baustein von vielen bei der Absicherung von Managern helfen. Da muss allerdings jedes Unternehmen für sich die passgenaue Lösung finden. Wenn aber ein Manager vorsätzlich gegen geltendes Recht verstößt und dem Unternehmen ein Schaden daraus entsteht, hilft auch die beste Versicherung nicht.

Herr Kratz, vielen Dank für das Gespräch.

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