Immer wieder gibt es Streit, ob es notwendig war, ein Fahrzeug abzuschleppen oder ob der/die Halter/in stattdessen lediglich hätten verwarnt werden können. Wie groß ist da der Ermessensspielraum?
Gesine Reisert: Es kommt auf den objektiven Verstoß an: Sind die Verkehrs- oder Parkvorschriften nicht eingehalten, kann wegen „der negativen Signalwirkung“ abgeschleppt werden. Allerdings muss es sich dennoch um die mildeste Maßnahme handeln. Kommt der Fahrzeugführer gerade zum Ort des Geschehens, wäre das Abschleppen nicht mehr zulässig: denn der Zustand der Störung kann leicht dadurch beseitigt werden, dass der Fahrer selbst wegfährt.
Wie groß sind die Chancen, erfolgreich gegen das Abschleppen zu klagen?
Gesine Reisert: Kurz und knapp: eher gering – es sei denn, es liegt kein Verstoß vor oder die Grenzen der Verhältnismäßigkeit sind klar überschritten. Das sind aber Ausnahmefälle.
Wenn jemand meine private Einfahrt zuparkt, muss ich dann selbst das Abschleppen organisieren, oder wird die Polizei bzw. das Ordnungsamt tätig?
Gesine Reisert: Wenn ich nur das Abschleppen will, mache ich das selbst, habe dann aber ein Kostenrisiko. Denn ich muss dann verauslagen. Will ich aber die Ordnungsbehörde informieren, habe ich den Vorteil, dass diese dann ggfls. für das Abschleppen Sorge trägt. Die Kosten dieser Maßnahme werden dann nicht mir auferlegt.
Wie regelt das Gesetz, ob es angemessen ist, ein Auto abzuschleppen? Geht es da streng nach Paragrafen oder hat der/die Ordnungsamtsmitarbeiter/in die Möglichkeit vom Abschleppen abzusehen (z.B. aus Kulanz)?
Gesine Reisert: Es gilt grundsätzlich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Ist die Maßnahme geeignet, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, ist sie angemessen – heißt: gibt es ein milderes Mittel, um den gleichen Zweck zu erreichen – beispielsweise anzurufen und den Fahrer unverzüglich das Fahrzeug wegfahren zu lassen? Und bei diesen Bewertungen kommt es natürlich auch darauf an, wie der vor Ort stehende OA-Mitarbeitende das sieht und einschätzt. Hierbei steht ihm oder ihr auch ein gewisser Spielraum zur Verfügung, soweit es sich um die Bewertung eines Verstoßes handelt.
Man hört ab und zu davon, dass ein Fahrzeug nur umgesetzt oder in anderen Fällen auf den Hof des Abschleppunternehmens geschleppt wird. Worin liegt der Unterschied?
Gesine Reisert: Nach meiner Einschätzung liegt eine Umsetzung vor, wenn das Fahrzeug noch auf öffentlichem Straßenland steht. Beim Abschleppunternehmer muss dieser das Grundstück nicht öffentlich zugänglich halten.
Was mache ich, wenn der Falschparker auf privatem Grund seine Abschleppkosten an den Grundstückseigentümer, der in Vorleistung geht, nicht bezahlen will?
Gesine Reisert: Da hilft nur die zivilrechtliche Klage vor dem Amtsgericht.
Was mache ich im Streitfall, wenn mein Fahrzeug nach dem Abschleppen beschädigt ist?
Gesine Reisert: Es kommt darauf an, wer das Fahrzeug beschädigt hat. Hier sollte zuerst Aufklärungsarbeit erfolgen: Üblicherweise werden die Abschleppunternehmer Informationen hierzu haben; auch die Polizei nimmt Beschädigungen beim Aufladen auf. Seinen Schaden muss man bei demjenigen geltend machen, der ihn verursacht hat. Hierbei sollte am besten Rechtsrat eingeholt werden.