Guido Lenné: Kein Ende der Klagewelle gegen Porsche

Interview mit Guido Lenné
Wir sprechen mit Rechtsanwalt Guido Lenné, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht von der Anwaltskanzlei Lenné, über die rechtlichen Folgen des Abgas-Skandals bei Porsche.

Bei Porsche droht der nächste Abgas-Skandal. Nachdem sich Geschädigte bereits gegen VW positioniert haben, drohen jetzt auch Porsche Schadensersatzklagen?

Guido Lenné: Es ist richtig, dass der Abgas-Skandal nun auch Porsche erreicht hat. Nachdem bekannt geworden ist, dass auch in Fahrzeugen von Porsche unzulässige Abschalteinrichtungen enthalten sind, haben bereits zahlreiche betroffene Fahrzeugkäufer Klagen gegen Porsche eingereicht.

Da bezüglich immer weiterer Modelle bekannt wird, dass diese ebenfalls von dem Skandal betroffen sind, ist aktuell nicht mit einem Ende der Klagewelle gegen Porsche zu rechnen. Erst im September erließ das Kraftfahrtbundesamt wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen im Porsche Cayenne einen weiteren verpflichtenden Rückruf zur Entfernung dieser Einrichtungen. Ein Ende der Klagen gegen Porsche ist somit noch lange nicht in Sicht.

Da der in den Fahrzeugen enthaltene Motor von Audi hergestellt wurde, besteht in diesen Fällen auch die Möglichkeit gegen Audi vorzugehen, was ebenfalls bereits zu zahlreichen Klagen gegen die Audi AG geführt hat.

Wo erhalten potentielle Geschädigte Informationen darüber, ob sie von dem Skandal betroffen sind?

Guido Lenné: Die Halter von Fahrzeugen, bezüglich derer das Kraftfahrtbundesamt einen verpflichtenden Rückruf zum Aufspielen eines Software-Updates angeordnet hat, erhalten ein Schreiben, in welchem sie über die Betroffenheit ihres Fahrzeuges informiert werden.

Sofern keine offizielle Benachrichtigung erfolgt, besteht die Möglichkeit, sich bei spezialisierten Kanzleien beraten zu lassen oder direkt bei Porsche nachzufragen.

Sammelklagen sind anders als in den USA, in Deutschland nicht möglich. Wie können Geschädigte dennoch Interessen bündeln?

Guido Lenné: Auch in Deutschland gibt es die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage. Im Vergleich zu den Sammelklagen in den USA weist diese jedoch einige Schwächen auf. Aktuell ist auch keine Musterfeststellungsklage gegen Porsche anhängig, der sich betroffene Käufer anschließen könnten.

Eine direkte Bündelung von Interessen ist außerhalb der Musterfeststellungsklage kaum möglich. Die Betroffenen müssen daher ihre Schadensersatzansprüche gegen Porsche jeweils individuell verfolgen. Dabei ist es sehr hilfreich einen auf diese Thematik spezialisierten Rechtsanwalt zu beauftragen, der die eigenen Ansprüche bestmöglich durchsetzen kann und die Erfahrung aus zahlreichen gleichgelagerten Verfahren hat. Die Interessenbündelung erfolgt also auf der Ebene der Kanzlei.

Wie hoch kann der Schadensersatz im Einzelfall sein?

Guido Lenné: Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht grundsätzlich in Höhe des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises. Sofern das Fahrzeug über ein Darlehen finanziert wurde, kommen noch die dafür bezahlten Zinsen sowie gegebenenfalls die Kosten einer Restschuldversicherung hinzu.

Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes von dem Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung für die mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer abzuziehen. Wie hoch diese ist, hängt insbesondere davon ab, wie hoch der Kaufpreis war und wie viele Kilometer bereits mit dem Fahrzeug gefahren wurden.

Werden die Kosten für die Schadenersatzklagen von der Rechtsschutzversicherung getragen?

Guido Lenné: Ja, grundsätzlich übernehmen die Rechtsschutzversicherungen die Kosten für ein Vorgehen gegen Porsche. Voraussetzung dafür ist regelmäßig lediglich, dass die Rechtsschutzversicherung bereits zu dem Zeitpunkt bestand, als das Fahrzeug gekauft wurde.

Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten für Geschädigte des Porsche Skandals derzeit ein?

Guido Lenné: Die Erfolgsaussichten sind sehr gut. Insbesondere bezüglich der Fahrzeuge, zu denen ein verpflichtender Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes vorliegt, ist grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz gegeben. Es liegen auch bereits zahlreiche Entscheidungen von verschiedenen Landgerichten und Oberlandesgerichten vor, welche Porsche zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt haben. Ein Vorgehen gegen Porsche lohnt sich daher in den allermeisten Fällen.

Herr Rechtsanwalt Lenné, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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