Klaus Koeppl: Kontakt mit dem Vertreter der Gläubigerbank aufnehmen

Interview mit Klaus Koeppl
Diplom-Wirtschaftsingenieur Klaus Koeppl ist selbständiger Immobilien-Makler. Im Interview sprechen wir mit ihm über den Reiz, eine Immobilie, die sich in der Zwangsversteigerung befindet, zu erwerben, Zusatzkosten sowie Finanzierungsmöglichkeiten.

„Schnäppchen-Jäger“ versuchen bei Zwangsversteigerungen günstig, eine Immobilie zu ersteigern. Ist es für Laien, die nicht aus dem Immobilienbusiness kommen, empfehlenswert, an einem Bieterverfahren teilzunehmen?

Klaus Koeppl: Noch vor 10- 20 Jahren haben sich insbesondere Immobilien-Profis für Zwangsversteigerungen interessiert. Als dann nach der Finanzkrise 2007/2008 insbesondere in Berlin die Immobilienpreise stark zu steigen begannen und Immobilien auf dem Markt knapp wurden, haben auch Laien Zwangsversteigerungen für sich entdeckt. Saßen Anfang der 2000er Jahre teilweise nur 3 oder 5 Personen in den Sälen der Amtsgerichte, um einer Zwangsversteigerung beizuwohnen, waren es plötzlich regelmäßig 30- 40 Personen, bei manchen Immobilien konnten es auch schon mal über 100 Personen sein.

Die einzige Grundlage, auf die ein Bieter als Informationsquelle zurückgreifen kann, ist das gerichtliche Verkehrswertgutachten, das von einem unabhängigen Gutachter erstellt wird. Aber oft stehen dem Gutachter nur wenige Informationen zur Verfügung. Teilweise gab es auch für ihn keine Möglichkeit der Innenbesichtigung. Entsprechend dürftig ist dann auch die Aussagekraft dieses Gutachtens. Insofern sollte man als Laie große Vorsicht walten lassen. Hinzu kommt, dass weder das Gericht, noch der Gutachter für falsche Aussagen und Informationen haften.

Während man vor 10- 20 Jahre in der Regel die Immobilien mit einem Preisabschlag von ca. 20-30% auf den Verkehrswert erstehen konnte, werden nun mit der gestiegenen Nachfrage die Verkehrswerte meist sogar überboten. Die Preisabschläge von ca. 20-30% wurden eben genau aus dem Grund vorgenommen, weil man einen Sicherheitsabschlag für Unwägbarkeiten vorgenommen hat. Man kauft also auch weiterhin die „Katze im Sack“ und bezahlt dafür sogar u. U. noch einen sehr hohen Preis. So kann das vermeintliche Schnäppchen schnell ganz schön teuer werden.

Wie funktioniert das mit der Hinterlegung von 10% des Kaufpreises, die ich als Banksicherheit vorweisen muss?

Klaus Koeppl: Bis Anfang 2007 gab es die Möglichkeit, die Bietsicherheit in bar direkt im Termin der Zwangsversteigerung zu hinterlegen. Nach einem spektakulären Überfall während einer Zwangsversteigerung in Berlin wurde diese Möglichkeit abgeschafft und seitdem ist es nur noch möglich, die Bietsicherheit vorab zu überweisen, einen Bundesbankscheck oder einen Bankverrechnungscheck vorzulegen. Diese Schecks können Sie bei Ihrer Hausbank beantragen, wenn Sie bei der Bank entsprechende Sicherheiten vorweisen können. Die Höhe des Schecks muss mindestens 10% des angesetzten Verkehrswertes betragen und er darf frühestens 3 Tage vor dem Versteigerungstermin ausgestellt worden sein. Eine eher selten genutzte Art der Sicherheit ist eine Bankbürgschaft. Vorteil der Bankbürgschaft ist, dass diese zeitlich unbegrenzt gültig ist, während ein Scheck nach Ablauf der 3 Tage nicht mehr als Sicherheit eingesetzt werden kann.

Welche Zusatzkosten kommen auf den Meistbietenden zu, wenn er/sie den Zuschlag bekommt?

Klaus Koeppl: Zwangsversteigerungen sind u.a. auch deshalb so populär, weil die Erwerbsnebenkosten geringer sind als bei einem normalen, notariellen Kauf. So fallen üblicherweise keine Maklerprovision und Notargebühren an. Lediglich eine Zuschlagsgebühr für das Versteigerungsgericht und die Eintragungen im Grundbuch müssen bezahlt werden. Die genauen Kosten richten sich nach den entsprechenden Gebührenordnungen, liegen jedoch weit unter den sonst bei einem freihändigen Verkauf üblichen bis zu 15% Erwerbsnebenkosten.

Wie kann ich den Zustand der zu ersteigernden Immobilie vorher prüfen?

Klaus Koeppl: Erste Informationsquelle ist immer das gerichtliche Verkehrswertgutachten. Darüber hinaus ist es jedem Interessenten selbst überlassen, weitere Informationen einzuholen. Manchmal gibt der Ansprechpartner bei der Gläubigerbank oder ein von der Gläubigerbank beauftragter Rechtsanwalt oder Makler weitere Auskünfte. Zu raten ist, sich die Immobilie mindestens von außen anzuschauen und versuchen mit Nachbarn und anderen Hausbewohnern in Kontakt zu kommen. So können vielleicht wertvolle Informationen gewonnen werden. Eine Innenbesichtigung ist nur in den allerseltensten Fällen möglich.

Wie kann ich bei meiner Bank einen Kredit vereinbaren, bevor ich weiß, was die Immobilie am Ende kosten wird?

Klaus Koeppl: Das ist für viele Interessenten tatsächlich ein großes Problem. Banken erstellen nur ungern für eine Immobilie, die sich in der Zwangsversteigerung befindet, ein Finanzierungsangebot. Zu unsicher ist es für die Bank, dass der Kunde auch tatsächlich die Immobilie erhält. Oft bleibt nur, im Vorfeld mit seiner Bank oder Finanzdienstleister anhand der persönlichen finanziellen Situation einen Finanzrahmen abzustecken, bis zu dem eine Finanzierung mit großer Wahrscheinlichkeit möglich erscheint. Diesen Kostenrahmen sollte man sich dann auch als Obergrenze für eigene Gebote setzen. Üblicherweise verbleiben dem Meistbietenden nach Zuschlag ca. 6-8 Wochen Zeit, bis er den „Kaufpreis“ bezahlen muss. Diese Zeit sollte ausreichen, um im Nachhinein eine Finanzierung zu beschaffen.

Vor Gericht ist auch keine Finanzierung oder ein Kontoauszug vorzulegen. Dem Gericht genügt, wenn die Sicherheitsleistung von 10% vorgelegt werden kann. Sollte der Ersteher jedoch nach Aufforderung durch das Versteigerungsgericht das Meistgebot nicht bezahlen können, werden Zwangsmaßnahmen angedroht bzw. eine Widerversteigerung angeordnet.

Was bedeuten 5/10 Grenze und 7/10 Grenze beim Bieten?

Klaus Koeppl: Im ersten Zwangsversteigerungstermin darf das Versteigerungsgericht keinen Zuschlag unter der 5/10-Grenze erteilen. Das heißt, das Gebot muss mindestens 50% des Verkehrswertes betragen, damit es zu einem Zuschlag kommen kann. Wird dieser Wert nicht erreicht, wird der Zuschlag versagt und die Versteigerung beendet. Ggf. wird dann später ein weiterer Termin angesetzt.

Bei Geboten zwischen 5/10 und 7/10 des Verkehrswertes kann ein im Versteigerungstermin anwesender Gläubiger ebenfalls den Zuschlag versagen. Auch in diesem Fall, kann dann später ein neuer Zwangsversteigerungstermin angesetzt werden.

Das Besondere an dem zweiten Zwangsversteigerungstermin ist, dass die o.g. Wertgrenzen in der Regel entfallen. Das heißt, auch unter 50% des Verkehrswertes kann nun theoretisch ein Zuschlag erteilt werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Gläubigerbank immer das Recht hat, das Verfahren einzustellen und so einem Schnäppchenerwerb einen Strich durch die Rechnung machen kann. Daher ist es oft sinnvoll, im Zwangsversteigerungstermin rechtzeitig Kontakt mit dem Vertreter der Gläubigerbank aufzunehmen und die möglichen Szenarien durchzusprechen.

In welchem Fall wird mir eine Bank keine Banksicherheit für ein Versteigerungsobjekt ausstellen?

Klaus Koeppl: Eine Bank wird eine Banksicherheit in Form eines Bundesbankschecks, Bankverrechnungsschecks oder eine Bankbürgschaft nur ausstellen, wenn der Kunde eine entsprechende Sicherheit bei der Bank vorzuweisen hat. Das kann z.B. ein Bankkonto mit entsprechendem Gegenwert oder ein Aktiendepot sein. In der Regel sollten Sie sich an Ihre Hausbank wenden, da diese Ihre Vermögensverhältnisse am besten kennt.

Herr Koeppl, ich bedanke mich für das Gespräch.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Klaus Koeppl

Klaus Koeppl

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos